Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. häusliche Krankenpflege. Nr 24 der Richtlinien des G-BA über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (HKPRL) in der Fassung vom 15.2.2005. eigene Anspruchsgrundlage. Ausschlussfrist. kein Vertrauensschutz bei erneuter ärztlicher Verordnung und gleichem Sachverhalt
Orientierungssatz
1. Bei Nr 24 der Richtlinien des G-BA über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (juris: HKPRL) in der Fassung vom 15.2.2005 handelt es sich um eine Ausnahmeregelung zu § 37 SGB 5, die, losgelöst von den dortigen Anspruchsvoraussetzungen, eine eigene Anspruchsgrundlage schafft.
2. Bei Nr 24 HKPRL in der Fassung vom 15.2.2005 handelt es sich um eine Ausschlussfrist. Die Drei-Tages-Frist begründet nicht nur eine Obliegenheit des Leistungsberechtigten, sondern ist auch Voraussetzung für das Entstehen des vorläufigen Leistungsanspruchs.
3. Ein neuer Anspruch auf vorläufige Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach Nr 24 HKPRL endet mit der Bekanntgabe eines ablehnenden Bescheides der Krankenkasse. Die im Bescheid erfolgte Ablehnung bezieht sich auch auf weitere ärztliche Verordnungen, wenn sich der zugrunde liegende Sachverhalt nicht geändert hat. Ein Vertrauenstatbestand kann dann nicht mehr entstehen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 25. September 2012 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Vergütungsverpflichtung der Beklagten sich auf 45.514,00 EUR beläuft.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 61.634,69 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Vergütung von der Klägerin erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege.
Die Klägerin betreibt einen ambulanten Pflegedienst. Sie hat mit der Beklagten eine Rahmenvereinbarung zur Vergütung einfacher Leistungen der häuslichen Krankenpflege im Sinne von § 132a Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) abgeschlossen. Für intensive häusliche Krankenpflege (etwa Beatmungspflege) existiert zwischen den Beteiligten keine wirksame Vergütungsvereinbarung. Insoweit werden jeweils Einzelvereinbarungen getroffen.
Ursprünglich streitig war die Vergütung der häuslichen Krankenpflege für die 2005 geborene Versicherte M. B. im Zeitraum vom 15. August 2005 bis zum 23. April 2006. Die Versicherte wurde als zehntes Kind der Familie schwerstbehindert geboren und verbrachte ihre ersten Lebensmonate im Krankenhaus. Bis zum 15. August 2005 wurde sie im S.-Haus in K. stationär betreut.
Ab dem 4. August 2005 wurde durch den behandelnden Kinderarzt O. für die Versicherte fortlaufend Behandlungspflege und ab 1. Januar 2006 Verhinderungspflege im Umfang von 24 Stunden täglich verordnet, wobei als Maßnahmen u. a. Beatmungspflege, Überwachung des Blutdrucks, der Ausscheidung sowie Absaugen genannt waren. Im Einzelnen liegen folgende Verordnungen mit durch Eingangsstempel der Beklagten dokumentierten Eingangsdaten vor:
Verordnung vom 4. August 2005 für den Zeitraum bis 4. September 2005 (Eingangsstempel vom 18. August 2005),
Verordnung vom 30. August 2005 für den Zeitraum vom 5. September 2005 bis 30. September 2005 (Eingangsstempel vom 12. September 2005),
Verordnung vom 10. Oktober 2005 für den Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis 31. Dezember 2005 (Eingangsstempel vom 14. Oktober 2005),
Verordnung vom 3. Januar 2006 für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis 31. März 2006 (Eingangsstempel vom 16. Januar 2006),
Verordnung vom 27. März 2006 für den Zeitraum vom 1. April 2006 bis 30. Juni 2006 (Eingangsstempel vom 5. April 2006).
Die verordnete häusliche Krankenpflege wurde durch Mitarbeiter der Klägerin erbracht. Aufgrund der schwierigen häuslichen Situation der Familie wurde die Versorgung nicht im Elternhaus vorgenommen, sondern in einer von der Klägerin angemieteten Ein-Zimmer-Wohnung, die an die Eltern der Versicherten untervermietet wurde. Die Versorgung erfolgte im Drei-Schicht-Betrieb 24 Stunden am Tag. Die Pflegekasse der Beklagten erkannte der Versicherten die Pflegestufe I zu und gewährte die entsprechenden Leistungen.
Die Beklagte gewährte der Versicherten häusliche Krankenpflege mit Bescheiden vom 6. Dezember 2005 und 15. Februar 2006 bis einschließlich 31. März 2006 lediglich im Umfang von drei Stunden täglich und setzte die Klägerin jeweils hierüber schriftlich in Kenntnis. Sie begründete dies mit der Einschätzung des Behandlungspflegebedarfs durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dieser hatte einen Behandlungspflegebedarf von 176 Minuten täglich angenommen. Diese Einschätzung hat der MDK später in einer weiteren Stellungnahme vom 2. Juni 2006 für den Zeitraum ab Dezember 2005 im Anschluss an einen stationären Aufenthalt der Versicherten korrigiert und auf acht Stunden täglich erhöht. Mit weiterem Bescheid vom 21. April 2006 lehnte die Beklagte gegenüber der Versicherten die Leistungsgewährung für den Zeitraum ab 1. April 2006 bis...