Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht zur Benennung einer Verweisungstätigkeit bei vollschichtigem Leistungsvermögen und häufigen Arbeitsunfähigkeitszeiten. ernsthafte Zweifel hinsichtlich der Einsetzbarkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts. Bescheinigung des behandelnden Arztes
Leitsatz (amtlich)
1. Bestehen trotz eines vollschichtigen Leistungsvermögens im konkreten Einzelfall im Hinblick auf Lage, Verteilung, Umfang und Vorhersehbarkeit von zu erwartenden Arbeitsunfähigkeitszeiten ernsthafte Zweifel, ob der Versicherte noch unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts in einem Betrieb einsetzbar ist, ist eine Verweisungstätigkeit zu benennen (vgl BSG vom 31.10.2012 - B 13 R 107/12 B = SozR 4-2600 § 43 Nr 19).
2. Für die Annahme einer Benennungspflicht reicht es hingegen nicht aus, dass der behandelnde Arzt in der Vergangenheit dauerhaft Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hat, ohne dass dies einen Krankengeldanspruch nach sich gezogen hätte.
3. Ergibt sich aus der im Gerichtsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme vielmehr kein Anhalt dafür, dass zukünftig Arbeitsunfähigkeit bezogen auf den rentenrechtlich zumutbaren allgemeinen Arbeitsmarkt im besonderen Umfang zu erwarten ist, so besteht auch keine Benennungspflicht.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 26. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten auch für das Berufungsverfahren einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der am ... 1966 geborene Kläger begehrt die Zuerkennung einer Erwerbsminderungsrente.
Der Kläger hat bis 2006 in seinem Ausbildungsberuf als Elektromonteur gearbeitet. Seitdem ist er nicht mehr erwerbstätig gewesen. Er bezog zunächst 1½ Jahre Krankengeld und hat im Anschluss zunächst Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch - 3. Buch (SGB III) und dann Arbeitslosengeld II nach dem Sozialgesetzbuch -2.Buch (SGB II) bezogen. Mit Antrag vom 26. November 2009 begehrte er gegenüber der Beklagten die Zuerkennung einer Erwerbsminderungsrente. Diese holte zur Aufklärung des Sachverhalts aus medizinischer Sicht ein Gutachten des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. S... ein, welches dieser am 13. Februar 2010 aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 11. Januar 2010 erstattete. Der Sachverständige diagnostizierte bei dem Kläger eine chronifizierte Schmerzerkrankung mit somatischen und psychischen Faktoren mit primärer Schmerzlokalisation in der linksseitigen Flanke bzw. im Bereich des linksseitigen Oberbauches und einen medikamentös eingestellten Bluthochdruck. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte und auch mittelschwere Arbeiten täglich sechs Stunden und mehr zu verrichten. Weitere Funktionseinschränkungen bestünden nicht.
Mit Bescheid vom 23. Februar 2010 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab und verneinte zur Begründung die sozialmedizinischen Anspruchsvoraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente. Dagegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 12. März 2010, der mit Widerspruchsbescheid vom 16. April 2010 zurückgewiesen wurde.
Mit der am 3. Mai 2010 bei dem Sozialgericht Kiel erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er vorgetragen, er sei voll erwerbsgemindert und nicht mehr in der Lage, täglich mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein. Es bestehe eine hochchronifizierte Schmerzerkrankung, die einer solchen Tätigkeit entgegenstehe.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 23. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. November 2009 auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat sich auf die Begründung der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen bezogen und sich durch das im Gerichtsverfahren eingeholte Gutachten bestätigt gesehen.
Das Sozialgericht Kiel hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts aus sozialmedizinischer Sicht zunächst Befundberichte des Allgemeinmediziners Dr. L... und des Neurologen Dr. Sa... eingeholt und sodann bei dem Neurologen und Psychiater F... ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches dieser am 5. Oktober 2012 aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers am selben Tag erstattet hat. Der Sachverständige F... hat dabei die Diagnose einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren als Hauptgesundheitsstörung, die sich hauptsächlich in Schmerzen im Bereich der linken Körperflanke manifestiere, bestätigt. Daneben hat er eine Adipositas, einen Bluthochdruck und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule ohne neurologische Defizite diagnostiziert. Der Kläger sei unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen aber noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Dabei solle eine E...