Entscheidungsstichwort (Thema)
Bedarfslücke eines Empfängers von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im ersten Monat des Rentenbezugs wegen der unterschiedlichen Zahlungszeitpunkte. kein Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträgers gegen den Rentenversicherungsträger bei rechtzeitiger Auszahlung der Rente an den Versicherten
Leitsatz (amtlich)
1. § 40a SGB II stellt klar, dass sich Erstattungsansprüche der Grundsicherungsträger nach dem SGB II gegenüber Sozialversicherungsträgern grundsätzlich nach § 104 SGB X richten.
2. Ein Grundsicherungsträger hat gegen einen Rentenversicherungsträger für den ersten Monat des Rentenbezugs keinen Erstattungsanspruch, wenn der Rentenversicherungsträger die Rente rechtzeitig zum Ende dieses Monats an den Versicherten ausgezahlt hat.
3. Zur Vermeidung von Bedarfslücken in Hinblick auf die unterschiedlichen Zahlungszeitpunkte gem § 41 Abs 1 SGB II und § 118 Abs 1 SGB VI sind die Grundsicherungsträger gehalten, unter den Voraussetzungen des § 24 Abs 4 SGB II Überbrückungsdarlehen für den ersten Monat des Rentenbezugs zu gewähren.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 12. Juni 2015 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 812,18 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen von dem Kläger geltend gemachten Erstattungsanspruch in Höhe von 812,18 EUR für den Monat September 2012.
Gegenstand des Rechtsstreits sind Leistungen der Beteiligten an den am … 1949 geborenen Versicherten der Beklagten P___ (Im Folgenden: der Versicherte). Dieser stand bis September 2012 im Grundsicherungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) bei dem Kläger. Der Versicherte war wirtschaftlich hilfebedürftig und erfüllte alle weiteren Voraussetzungen für den Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Am 24. Mai 2012 stellte der Versicherte gegenüber der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Altersrente für Schwerbehinderte ab dem 1. September 2012. Bereits am 22. Juni 2012 meldete der Kläger gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch für den Fall der Rentengewährung an. Mit Bescheid vom 25. Juni 2012 gewährte der Kläger seinerseits dem Versicherten Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 1. Juli 2012 bis 31. Dezember 2012 in Höhe von 601,57 EUR monatlich unter gleichzeitiger Durchführung der Kranken- und Pflegeversicherung. Mit Bescheid vom 4. September 2012 gewährte die Beklagte dem Versicherten ab 1. September 2012 Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Höhe eines Zahlbetrages von 1.081,46 EUR netto monatlich und kündigte die Aufnahme der laufenden Zahlungen zum Monatsende an. Mit gleicher Post informierte die Beklagte den Kläger über die Rentengewährung. Mit Schreiben vom 7. September 2012 machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch für den Monat September 2012 in Höhe von 812,18 EUR geltend, der sich aus den dem Versicherten für September 2012 gezahlten Leistungen in Höhe von 601,57 EUR und den für diesen gezahlten Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträgen zusammensetzte. Mit Schreiben vom 19. September 2012 bekräftigte der Kläger den geltend gemachten Erstattungsanspruch. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 10. September 2012 und 8. Oktober 2012 die Befriedigung eines Erstattungsanspruchs ab und führte zur Begründung aus, ein solcher bestehe nicht, für den genannten Zahlungszeitraum stehe keine Nachzahlung zur Verfügung. Die Altersrente sei im Monat des Rentenbeginns zur Zahlung an den Versicherten angewiesen worden, ein Erstattungsanspruch könne sich aus tatsächlichen Gründen aber nur auf den Zeitraum vor dem Monat des Beginns der laufenden Zahlung beziehen. Das Risiko der Überschneidung von Leistungen im Monat der Zahlungsaufnahme gehe nicht zu Lasten des Rentenversicherungsträgers, da dieser seine Leistungen insoweit rechtzeitig und nicht nachträglich erbringe.
Am 26. Oktober 2012 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Kiel Zahlungsklage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch nach § 103 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) seien erfüllt. Der Anspruch des Versicherten auf Leistungen nach dem SGB II sei aufgrund der Gewährung der Altersrente durch die Beklagte entfallen. Im Hinblick auf die monatlich nachträgliche Leistungsgewährung der Beklagten habe diese zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Erstattungsanspruchs ihre Leistungspflicht auch noch nicht gegenüber dem Versicherten erfüllt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 812,18 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, für den Auszahlungsmonat September sei keine Nachzahlung entstanden. Ein etwaiger Erstattungsanspruch des Klägers beruhe nicht auf § 103 SGB X sondern auf § 104 SGB X beruhen. Dessen Voraussetzungen seien allerdings nicht erfüllt, denn dieser setze vorau...