Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung des Bedarfs der Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Einmalige Einnahme. Einkommensverteilung. Horizontale Berechnungsmethode
Orientierungssatz
1. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind nach § 9 Abs. 2 S. 1 SGB 2 auch Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Eine ausbezahlte Abfindung stellt Einkommen i. S. von § 11 Abs. 1 SGB 2 dar und kann als einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten verteilt werden.
2. Jede Person der Bedarfsgemeinschaft gilt im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, wenn in der Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt ist. Zunächst ist der Bedarf jeder Person einzeln und hieraus der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft zu ermitteln. Maßgeblich ist hierbei der individuelle Anspruch des Einzelnen auf Arbeitslosengeld 2 nach dem Verhältnis seines Bedarfs zum Gesamtbedarf. Das Einkommen eines in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Kindes steht zur Verteilung nicht zur Verfügung, vgl. BSG, Urteile vom 07. November 2006 - B 7b AS 8/06R, sowie vom 18.06.2008 - B 14 AS 55/07 R.
3. Überschreiten die Gesamteinkünfte den Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft, so besteht zugunsten der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft kein Anspruch auf Leistungen des SGB 2.
Normenkette
SGB II § § 9 Abs. 2, § 11 Abs. 1; SGB X § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, § 50 Abs. 1
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 25. Januar 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide, mit denen der Beklagte die Leistungsbewilligung für den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis 31. März 2007 aufgehoben und vom Kläger die Erstattung überzahlter Leistungen gefordert hat. Streitig sind inzwischen nur noch Leistungen an den Kläger für November 2006 bis März 2007 und eine Erstattungsforderung von 45,84 EUR.
Der 1956 geborene Kläger lebt mit seiner 1969 geborenen Ehefrau und seinem 2001 geborenen Sohn in einem selbstgenutzten 120 qm großen Einfamilienhaus, für das Schuldzinsen in Höhe von 734,98 EUR, Nebenkosten in Höhe von 73,74 EUR und Heizkosten (Gas) in Höhe von 125,00 EUR monatlich zu zahlen waren. Die Ehefrau des Klägers war bis zum 31. Oktober 2006 berufstätig und erzielte ein Nettoeinkommen von 854,86 EUR monatlich. Über weitere Vermögenswerte verfügten der Kläger und seine Familie nicht. Laut ärztlicher Bescheinigung zur Anerkennung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung benötigte der Kläger Diabeteskost.
Der Beklagte gewährte dem Kläger (und den Mitgliedern seiner Bedarfsgemeinschaft) seit Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Dabei erkannte er als Kosten der Unterkunft im Rahmen der Bedarfsermittlung die geltend gemachten Kosten an. Nachdem der Kläger auf die Kostensenkungsaufforderung vom 24. Januar 2006 nicht reagierte, gewährte der Beklagte ab dem 1. Mai 2006 nur noch Kosten der Unterkunft in Höhe von 407,25 EUR und Heizkosten in Höhe von 64,50 EUR (Bescheid vom 5. April 2006).
Durch Bescheid vom 19. September 2006 bewilligte der Beklagte dem Kläger, dessen Ehefrau und dem gemeinsamen Sohn Leistungen für den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis 31. März 2007 in Höhe von monatlich 611,77 EUR. Dem lag nach Berücksichtigung des bereinigten Erwerbseinkommens der Ehefrau (854,86 EUR - 30,00 EUR - 23,54 EUR) und des Kindergeldes bei dem Sohn als Einkommen (154,00 EUR) und einem Wohnbedarf von 160,00 EUR pro Mitglied der Bedarfsgemeinschaft (407,25 EUR + 72,75 EUR Heizkosten) sowie einem Mehrbedarf des Klägers wegen kostenaufwändiger Ernährung (35,79 EUR) ein ungedeckter Bedarf des Klägers von 260,36 EUR, der Ehefrau von 241,98 EUR und des Sohnes von 109,43 EUR monatlich zugrunde.
Am 19. Oktober 2006 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid, mit dem er die Leistungen für die gesamte Bedarfsgemeinschaft für den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis 31. März 2007 auf nunmehr monatlich 244,82 EUR festsetzte. Hierbei berücksichtigte er die Tatsache, dass dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung rückwirkend ab 1. Januar 2006 bewilligt worden war. Die Rente belief sich ab November 2006 auf 396,95 EUR monatlich, die Nachzahlung betrug 3.657,97 EUR. Der Beklagte legte seiner Bedarfsermittlung wiederum den Regelbedarf, für den Kläger zusätzlich einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung und Kosten der Unterkunft und Heizung in unveränderter Höhe zugrunde und rechnete hierauf die monatliche Rente in Höhe von 396,95 EUR, Erwerbseinkommen der Ehefrau in Höhe von 854,86 EUR und Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR abzüglich von Freibeträgen nach §§ 11, 30 SGB II in Höhe von insgesamt 83,54 EUR (30,00 EUR für den Kläger sowie 30,00 EUR + 23,54 EUR für seine Ehefrau) bedarfsmindernd an. Daraus ergab sich ein ungedeckter Bedarf des Klägers in H...