Entscheidungsstichwort (Thema)
Freiwillige Krankenversicherung. Beitragsbemessung bei hauptberuflich Selbstständigen. Vorläufige Beitragsfestsetzung. Beitragsnacherhebung. Krankenversicherung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Festsetzung von Beiträgen hauptberuflich selbstständiger Versicherter zur freiwilligen Krankenversicherung unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze nach § 240 Abs. 4 S. 3 SGB V setzt voraus, dass der Versicherte geringere Einkünfte darlegt und nachweist.
2. Nach der endgültigen Beitragsfestsetzung ist der Nachweis geringerer Einkünfte zum Zweck der nachträglichen Abänderung nicht mehr möglich.
3. Bei nicht rechtzeitigem Nachweis niedrigerer Einkünfte können der endgültigen Beitragsfestsetzung Einnahmen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze (§ 240 Abs. 4 S. 2 SGB V) zugrunde gelegt und rückwirkend Beiträge nacherhoben werden, wenn in der vorläufigen Beitragsfestsetzung auf die Vorläufigkeit der Regelung nach Inhalt und Umfang hingewiesen wurde.
Orientierungssatz
1. Eine vorläufige Beitragsfestsetzung wird zwar im Gesetz nicht genannt, gerade zu Beginn der freiwilligen Mitgliedschaft selbstständig erwerbstätiger Versicherter ist sie jedoch sachgerecht, da anderenfalls für diesen Versichertenkreis grundsätzlich nach § 240 Abs 4 S 2 SGB 5 die Höchstbeiträge heranzuziehen wären und eine nachträgliche Abänderung wegen der Regelung des § 240 Abs 4 S 3 SGB 5 nicht mehr möglich wäre.
2. Der Nachweis der geringeren Einkünfte zur Festsetzung der Beiträge unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze nach § 240 Abs 4 S 3 SGB 5 ist anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal, für das der freiwillig Versicherte die Darlegungs- und Nachweislast trägt.
Normenkette
SGB V § 240 Abs. 4 Sätze 2-3
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 24. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 30. September 2002.
Die 1970 geborene Klägerin ist selbstständige Hundepflegerin. Sie war vom 1. April 1998 bis 30. September 2002 freiwilliges Mitglied der Beklagten. Die Beiträge wurden aufgrund ihrer Angaben zu den voraussichtlichen Gesamtbruttoeinnahmen berechnet. Die Klägerin hatte monatliche Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von ca. 2.000,00 DM, ab 1. Januar 2002 in Höhe von 1.020,00 EUR angegeben. Seit dem 1. Januar 2000 setzte die Beklagte die Beiträge durch vorläufige Beitragsbescheide fest. Die Beklagte forderte die Klägerin mit Beitragsbescheiden vom 17. und 25. April 2000 auf, eine betriebswirtschaftliche Auswertung zuzusenden. Mit Beitragsbescheiden vom 8. Februar 2001 und Januar 2002 forderte sie sie zur Vorlage des letzten Einkommensteuerbescheides bzw. Einkommensteuervorauszahlungsbescheides des Finanzamts auf. Ein entsprechender Hinweis erging im Beitragsbescheid vom 27. Februar 2002. Weitere Aufforderungsschreiben zur Vorlage der Steuerunterlagen richtete die Beklagte am 7. und 23. August, 7. Oktober und 12. November 2002 an die Klägerin. Mit Bescheid vom 7. Januar 2003 forderte die Beklagte für den Zeitraum 1. Januar 2000 bis 30. September 2002 Beiträge in Höhe von insgesamt 7.112,32 EUR mit der Begründung nach, die Klägerin habe keine niedrigeren Einkünfte nachgewiesen, daher seien zur Berechnung der Beiträge Einnahmen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen. Am 5. März 2003 übersandte die Klägerin der Beklagten die Berechnung der Einkommen- und Kirchensteuer für das Jahr 2000 des Finanzamts L. vom 25. September 2002; danach hatte sie in dem Jahr negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 38.458,00 DM erzielt. Sie wandte sich gegen die Beitragsnachforderung und führte aus, sie habe mehrfach darauf hingewiesen, dass ihr die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2000 und 2001 noch nicht vorlägen und um eine Rückstellung der Beitragsberechnung gebeten. Aufgrund der vorläufigen Angaben über das Gesamteinkommen sei zu ersehen gewesen, dass sie keinesfalls ein Einkommen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze erzielen werde. Sie habe bereits am 2. Oktober 2002 den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 an die Beklagte gesandt. Außerdem habe sie in den Jahren 2002 und 2003 mehrfach darum gebeten, dass die endgültige Beitragsfestsetzung zurückgestellt werde. Ferner übersandte sie die Gewinnermittlung und die Berechnungen der Einkommensteuer für die Jahre 2001 und 2002, die für 2001 negative Einkünfte aus Gewerbetrieb in Höhe von 15.576,00 DM und für 2002 in Höhe von 5.203,00 EUR auswiesen. Am 3. März 2004 übersandte die Klägerin der Beklagten die Steuerbescheide vom 6. Dezember 2002 für das Jahr 2000 und 18. September 2003 für die Jahre 2001 und 2002, die den Vorausberechnungen entsprachen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 2004 wies die Beklagte...