Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Vergütung stationärer Pflegeeinrichtungen. Festsetzung von Pflegesätzen sowie Entgelten für Unterkunft und Verpflegung durch Schiedsspruch. hier: Verletzung von Verfahrensrecht einschließlich nicht hinreichender Sachverhaltsermittlung und Überschreitung auch materiell-rechtlich der gesetzlich vorgegebenen Grenzen des Beurteilungsrahmens
Orientierungssatz
1. Zum Streit über einen Schiedsspruch, mit dem Pflegesätze sowie Entgelte für Unterkunft und Verpflegung für ein Pflegewohnheim für die Zeit vom 2.11.2018 bis 31.10.2019 festgesetzt wurden.
2. Der Schiedsspruch leidet im vorliegenden Fall daran, dass beim Festsetzungs- und Schiedsverfahren die einzuholende Stellungnahme der heimrechtlichen Interessenvertretung des Pflegeheims nicht in gebotener Weise berücksichtigt wurde.
3. Rechtsfehlerhaft ist des Weiteren der Ansatz der Schiedsstelle, sich für berechtigt zu halten, eine Gewinnmarge zugunsten der Einrichtung unabhängig von deren eigenen (internen) Gestehungskosten und von einem (externen) Vergleich mit vergleichbaren Pflegeeinrichtungen festzusetzen. Hierin liegen eine Überschreitung des Beurteilungsspielraums und eine Verkennung der eigenen Amtsermittlungspflicht.
4. Zudem überschreitet die Schiedsstelle in Hinblick auf den pauschal angesetzten Zuschlag von bis zu 4,96% ihren Beurteilungsspielraum.
5. Schließlich mangelt es an hinreichenden Erwägungen der Schiedsstelle zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der durch Schiedsspruch zustande gekommenen neuen Vergütungsvereinbarung.
Nachgehend
Tenor
Der Schiedsspruch der Beklagten vom 14. Februar 2019 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, einen neuen Schiedsspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erlassen.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) tragen die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der übrigen Beigeladenen je zur Hälfte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 103.990,68 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Schiedsspruch der Beklagten, mit dem Pflegesätze sowie Entgelte für Unterkunft und Verpflegung für ein von der Beigeladenen zu 1) betriebenes Pflegewohnheim für die Zeit vom 2. November 2018 bis 31. Oktober 2019 festgesetzt wurden.
Die Beigeladene zu 1) betreibt als Gesellschaft mit beschränkter Haftung das vollstationäre Senioren-Zentrum „A in G mit 121 Heimplätzen (109 Plätze in Einzelzimmern, 12 Plätze in Doppelzimmern), das mit dem hier klagenden Kostenträger einen Versorgungsvertrag hat.
Mit Schreiben vom 30. August 2018 forderte sie über die von ihr bevollmächtigte HKB GmbH den Kläger zum Abschluss neuer Vergütungsvereinbarungen gemäß §§ 84 ff. Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) ab dem 1. November 2018 auf.
Dem Antrag war u.a. beigefügt eine schriftliche Stellungnahme der Heimbewohnervertretung, die zu der beabsichtigten Erhöhung der Pflegesätze und Entgelte am 11. September 2018 angehört wurden. Ausweislich dieser Stellungnahme werde eine Steigerung um 18,5 % nicht zugestimmt, weil eine derartige Erhöhung für die Bewohner nicht tragbar sei. Ein Hinweis darauf, dass auf Verlangen eine Hinzuziehung zu den Verhandlungen erfolgen könne, war mit der Anhörung nicht erfolgt.
Mit Schreiben vom 30. Oktober 2018 leitete die Beigeladene zu 1) über die von ihr beauftragte H Beratungsgesellschaft das Schiedsverfahren ein. Sie beantragte die Festsetzung (bezifferter täglicher) Pflegesätze und Entgelte für Unterkunft und Verpflegung durch die Beklagte. Hierzu legte sie die im August 2018 erstellte Pflegesatzkalkulation vor, die bezogen auf die Gesamtkosten (Pflegesatzvergütung für Personal und Sachkosten sowie Entgelte für Unterkunft und Verpflegung) einen Risikozuschlag in Höhe von 4,96 % vorsah, des Weiteren die mit Antrag vom 30. August 2018 bereits an den Kläger übersandten Anlagen. Hinsichtlich der Höhe des sogenannten Unternehmerzuschlags verwies die Beigeladene zu 1) auf die vom Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. beim Instituts für europäische Gesundheits- und Sozialwirtschaft (IEGUS) in Auftrag gegebene sogenannte IEGUS-Studie.
Im Rahmen von Vergütungsverhandlungen einigten sich alle Beteiligten auf die Höhe der Gestehungskosten.
Eine Einigung mit den weiteren Kostenträgern (Beigeladene zu 2) bis 4)) konnte nicht erreicht werden. Ausweislich des Protokolls über die Vergütungsverhandlung vom 30. Januar 2019 erfolgte eine Einigung über das Personal- und Sachkostenbudget. Im Hinblick auf den Gewinnzuschlag forderte die Beigeladene zu 1) einen Gewinnzuschlag in Höhe von 6 %, den die Beigeladenen zu 2) bis 4) nicht akzeptierten. Deren Angebot von 1,5 % Gewinnzuschlag auf pflegebedingte Aufwendungen wies die Beigeladene zu 1) zurück.
Mit Schreiben vom 5. Februar 2019 nahm die Beigeladene zu 1) auf den mit Schreiben vom 30. Oktober 2018 bereits gestellten Antrag auf Einleitung des Schiedsverfahrens Bezug. Sie beantragte die Festsetzung ...