Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Unfallereignis. von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis. geistig-seelische Einwirkung. keine Extremsituation. Streitgespräch mit dem Vorgesetzten. Herzstillstand
Orientierungssatz
Kollabiert eine Versicherte nach einem sachlich geführten Streitgespräch mit ihrem Vorgesetzten und erleidet anschließend einen Herzstillstand liegt kein Arbeitsunfall mangels Vorliegens eines von außen auf den Körper einwirkenden Ereignisses iS von § 8 Abs 1 S 2 SGB 7 vor.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 23. November 2015 wird zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rücknahme eines bestandskräftigen Bescheides und die Anerkennung eines Arbeitsunfalls im Rahmen eines sog. Überprüfungsverfahrens.
Die im 1987 geborene Klägerin war und ist als Bankkauffrau bei der X-bank tätig. Am 12. April 2010 kollabierte die Klägerin gegen 16:35 Uhr auf ihrem Schreibtischstuhl sitzend und erlitt einen Herzstillstand. Der herbeigerufene Notarzt reanimierte die Klägerin. Er lieferte sie ins F-E-Krankenhaus (FEK) N ein, wo sie zunächst in stationärer Behandlung blieb. Zur weiteren Diagnostik der Herzrhythmusstörungen verlegte man die Klägerin am 20. April 2010 in das Universitätsklinikum E in H. Am 27. April 2010 wurde der Klägerin ein Herzdefibrillator implantiert.
Die X-bank zeigte den Unfall mit Schreiben vom 29. August 2011 bei der Beklagten an. Es wird auf die Unfallschilderung der Klägerin (Blatt 1 der Verwaltungsakte) verwiesen.
In einem Telefonat am 13. September 2011 antwortete die Klägerin auf die Frage seitens einer Mitarbeiterin der Beklagten nach einer besonderen Belastung am betreffenden Tag, dass eine solche nicht bestanden habe. Es sei - wie immer - zum Monatsende stressiger als sonst, aber keinesfalls außergewöhnlich belastend gewesen. Die Klägerin habe erklärt, einen Bescheid eigentlich nicht zu wollen, aber wegen der Differenzen in der Personalabteilung trotzdem darum gebeten.
Nach Durchführung entsprechender Ermittlungen zu ihrer Einstandspflicht lehnte die Beklagte es mit Bescheid vom 22. September 2011 ab, das Ereignis vom 12. April 2010 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe bei der üblichen Arbeit einen Herzinfarkt erlitten und auch auf Rückfrage versichert, dass die Tätigkeit nicht außergewöhnlich belastend gewesen sei und an diesem Tag keine außergewöhnlichen Besonderheiten aufgetreten seien.
Mit Schreiben vom 24. April 2012 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 22. September 2011. Sie habe keinen Herzinfarkt, sondern einen Herzstillstand erlitten. Sie sei weiterhin in ärztlicher Behandlung, hätte ein implantiertes ICD-Gerät und leide unter Tachykardien. Sie begehre die Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides, da die Beklagte von einem Sachverhalt ausgegangen sei, der sich als unrichtig erwiesen habe. Auch habe es sich keinesfalls um eine normale berufliche Situation am Arbeitsplatz gehandelt. Es habe sich vielmehr um „einen dieser sehr stressigen Montage mit viel Kassengeschäft“ gehandelt. Nach Geschäftsschluss sei eine Kassendifferenz festgestellt worden, die Filialleiterin sei krankheitsbedingt nicht da gewesen und der Zeuge M_ habe die offizielle Stellvertretung übernommen. Sie habe sich mit diesem gestritten, da der Zeuge M_ dem Gebietsleiter die von einem Kollegen verursachte Differenz habe melden wollen. Sie habe den betreffenden Kollegen in Schutz genommen und eine Meldung nicht für notwendig gehalten. Nach der Auseinandersetzung sei sie an ihren Schreibtisch zurückgekehrt und könne sich danach an nichts mehr erinnern. Sie sei dann kollabiert bzw. es sei dann zu dem angegebenen Ereignis gekommen.
Mit Bescheid vom 16. November 2012 lehnte die Beklagte die Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides ab. Die angesprochene besondere Stresssituation habe sich in den objektiven Tatsachen nicht gezeigt. Die wiedergegebene Schilderung des Tagesablaufs habe den üblichen und immer wiederkehrenden Arbeitsabläufen in der Bankfiliale an Montagen bzw. zum Monatswechsel entsprochen. Die dargelegte Auseinandersetzung über die Meldung des Kassenfehlers eines Kollegen erschienen im Gesamtbild und unter objektiver Betrachtungsweise nicht als besondere Belastung. Die Klägerin habe tatsächlich nicht die unmittelbare Verantwortung für den Kassenfehler und auch nicht die Verantwortung für dessen Meldung getragen. Die Beklagte bezog sich auf die Ausführungen der Klägerin im Telefonat vom 13. September 2011. Ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis sei nicht zu begründen. Selbst bei Annahme der wiederkehrenden Stresssituation als Unfallereignis, sei dieses nicht rechtlich wesentlich durch die versicherte Tä...