Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Bedarfsplanung. Überversorgung. Zulassungsbeschränkungen. Beschluss des Landesausschusses über teilweise Entsperrung eines Planungsbereichs. defensive Konkurrentenschutzklage eines Vertragsarztes gegen darauf beruhende Entscheidung der Zulassungsgremien über Zulassung eines anderen Vertragsarztes. keine inzidente Mitüberprüfung der Entscheidung nach § 103 Abs 3 SGB 5. Bindungswirkung nach § 16b Abs 3 S 2 Ärzte-ZV. Unzulässigkeit des Ausschlusses einzelner Bewerber von der Auswahlentscheidung durch Zulassungsgremien
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Beschluss des Landesausschusses über die teilweise Entsperrung eines Planungsbereichs kann bei der defensiven Konkurrentenschutzklage eines Vertragsarztes gegen die auf die Entsperrung beruhende Entscheidung der Zulassungsgremien über die Zulassung eines anderen Vertragsarztes grundsätzlich nicht (inzident) mit überprüft werden. Die Regelung in § 103 Abs 3 SGB V vermittelt insoweit keinen Drittschutz. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn der Landesausschuss bei der Entsperrung willkürlich auf eine fehlerhafte Datengrundlage abgestellt hat.
2. Die (Vor-)Entscheidung des Landesausschusses, einen Planungsbereich im Umfang eines halben oder ganzen Versorgungsauftrags bzw mehrerer Versorgungsaufträge zu entsperren, ist für die Zulassungsgremien nach § 16b Abs 3 S 2 Ärzte-ZV bindend. Wegen dieser Bindungswirkung können die Zulassungsgremien auch dann keinen Bewerber von der Auswahlentscheidung für einen ausgeschriebenen Vertragsarztsitz ausschließen, wenn der Planungsbereich in einem zu großen Umfang entsperrt worden ist.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts K vom 12. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin zu 1. trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6., die diese selbst tragen. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch den Beigeladenen zu 7. wird für notwendig erklärt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 378.870 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Besetzung eines Vertragsarztsitzes im Bereich der Orthopädie.
Die Klägerin zu 1. ist eine aus drei fachärztlichen Mitgliedern bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) mit Praxissitz in P1 .
Mit Beschluss vom 4. Juni 2013 änderte der zuständige Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Schleswig-Holstein in dem Planungsbereich P für die Gruppe der Orthopäden die bestehenden Zulassungsbeschränkungen mit der Maßgabe ab, dass ein weiterer Arzt dieser Fachgruppe im Umfang eines ganzen Versorgungsauftrags zugelassen werden kann. Hierauf bewarben sich ua der zu 7. beigeladene Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie für einen Standort in L und die klägerische BAG mit jeweils einem Antrag auf Genehmigung zur Beschäftigung des Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgie W und des Facharztes für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie B für jeweils 13 Wochenstunden am Praxissitz in P1.
Der Beigeladene zu 7. ist seit Dezember 1993 approbiert, seit Januar 2001 Facharzt für Orthopädie und seit Februar 2001 in die Warteliste für einen Vertragsarztsitz im Planungsbereich P eingetragen. Er ist nach Aufgabe der Tätigkeit als Chefarzt einer Klinik für Orthopädie und Rheumatologie mittlerweile in einer chirurgisch und orthopädisch ausgerichteten Praxis beschäftigt. Demgegenüber ist W seit November 1996 approbiert und seit November 2009 Facharzt für Orthopädie sowie Unfallchirurgie; B ist seit Januar 1999 approbiert und seit Juli 2007 Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Beide sind als Fachärzte für Chirurgie mit Schwerpunkt Unfallchirurgie in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) in K zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Im Anschluss entschied der Zulassungsausschuss (ZA) für Ärzte in Schleswig-Holstein, den Kläger zu 2. für den Standort S zuzulassen; den Antrag des Beigeladenen zu 7. und die Anträge der klägerischen BAG zur Beschäftigung von W und B lehnte er neben weiteren Anträgen anderer Ärzte ab (Beschluss vom 6. November 2013). Auf die hiergegen eingelegten Widersprüche änderte der beklagte Berufungsausschuss (BA) die Entscheidung des ZA, ließ den Beigeladenen zu 7. für den Standort L zu und wies ua den Widerspruch der klägerischen BAG zurück. Zur Begründung führte der BA zusammengefasst aus, dass der Standort L für die Vergabe eines weiteren Vertragsarztsitzes für die Gruppe der Orthopäden im Planungsbereich P am besten geeignet sei. Dadurch sei von allen Orten des Planungsbereichs eine orthopädische Praxis in weniger als 25 km zu erreichen. Demgegenüber sei der Standort P1 mit bereits drei zugelassenen Fachärzten für Orthopädie schon ausreichend versorgt (erster Beschluss vom 24. April 2014; den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 1. am 10. Oktober 2014 zugestellt).
Außerdem wies der beklagte ...