Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenerstattung: Hilfe zur Erziehung

 

Verfahrensgang

VG Schleswig-Holstein (Urteil vom 16.06.1999; Aktenzeichen 15 A 24/97)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 16. Juni 1999 geändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger die von diesem tatsächlich aufgewandten Kosten der Hilfe zur Erziehung für das Kind F. B. für die Zeit vom 01. Juli 1995 bis 30. September 1997 in Höhe von 18.037,38 DM zu erstatten.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, sofern nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten als Jugendhilfeträgerin die Erstattung von Kosten, die er in der Zeit vom 01. Juli 1995 bis 30. September 1997 für Leistungen der Hilfe zur Erziehung des minderjährigen Kindes F. B., geboren am 11. November 1991, aufgewandt hat.

Durch Beschluss vom 22. Dezember 1993 bestellte das Vormundschaftsgericht … das Amt für Jugend, Familie und Sport des Klägers zum Vormund des nicht ehelich geborenen F.. Seine Mutter, Frau T. – vormals …, geborene … –, stellte das Gericht mit Beschluss vom selben Tage aufgrund ihrer Alkoholabhängigkeit unter Betreuung und entzog ihr das gesamte Sorgerecht. Frau T. – wie auch der Vater des Kindes, Herr G. G. – hatten seinerzeit ihren Wohnsitz in H… Seit dem 01. Dezember 1993 befindet sich F… dauerhaft bei seinen Großeltern, den Eheleuten …. und …. W. bzw. nach deren Trennung bei seiner Großmutter in H. Die Großeltern hatten bereits vorher während der zahlreichen Krankenhausaufenthalte der Mutter das Kind betreut.

Mit Bescheid vom 09. Februar 1994 – gerichtet an die Eheleute W. – gewährte der Beklagte auf Antrag des Vormundes Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege gemäß §§ 27 und 33 SGB VIII für F.. Dem ist ein Team-Gespräch am 18. Januar 1994 vorausgegangen. Nach dem Team-Beschluss sollte – so wie vom Vormundschaftsgericht vorgeschlagen – F. in Vollzeitpflege zu seinen Großeltern gegeben werden, die sich bereit erklärt hätten, das Kind in Pflege zu nehmen.

Im Sommer 1995 trennten sich die Eheleute W. Seither wird die Erziehung des Kindes überwiegend von Frau W. wahrgenommen. Zu Herrn W. bestand in dem hier maßgeblichen Zeitraum regelmäßiger Kontakt. Seit Beginn der Hilfemaßnahme wird Frau W. bei der Betreuung des Kindes durch den Kläger sozialpädagogisch betreut und unterstützt.

Die Mutter des Kindes war ab dem 01. Dezember 1994 im Stadtgebiet der Beklagten wohnhaft. Im Anschluss an einen stationären Aufenthalt in der Fachklinik Schleswig hielt sie sich vom 07. Juni 1996 bis 22. August 1996 in der „Wohngemeinschaft S.” in … (Kreis Schleswig-Flensburg) auf. Nach erneutem Aufenthalt in der Fachklinik Schleswig vom 22. August 1996 bis 31. Oktober 1996 sowie vom 01. November 1996 bis 30. September 1997 im …-Haus in L. zog sie im Oktober 1997 in eine eigene Wohnung nach S.

Der Vater des Kindes verstarb am 15. April 1995.

Mit Schreiben vom 09. Mai 1995 und 13. Februar 1996 machte der Kläger bei der Beklagten einen Anspruch auf Kostenerstattung wegen des gezahlten Pflegegeldes geltend, den er für die Zeit ab dem 15. April 1995 auf § 89 c i.V.m. § 86 c KJHG (SGB VIII), für die Zeit ab dem 01. Dezember 1995 auf § 89 a i.V.m. § 86 Abs. 6 KJHG (SGB VIII) stützte. Ferner schlug er im vorgenannten Schreiben vor, dass er die Hilfegewährung zunächst fortsetze. Die Beklagte stimmte dieser Regelung mit Schreiben vom 18. Mai 1995 grundsätzlich zu, behielt sich aber eine abschließende Prüfung der Kostenübernahme vor. Durch Schreiben vom 14. Juni 1995 äußerte sie Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Gewährung einer Hilfe nach dem KJHG und lehnte die Kostenerstattung durch Schreiben vom 14. September 1995 ab. Eine dem Kindeswohl entsprechende Erziehung werde im vorliegenden Fall durch die Verwandten ohne Zutun des Jugendamtes gewährleistet.

Hierauf übersandte der Kläger der Beklagten eine Stellungnahme seiner Sozialarbeiterin vom 10. Juli 1996. Daraus geht hervor, dass Frau W. im Rahmen der Kindespflege intensiv betreut wurde, weil es ihr schon aufgrund ihres Alters (70 Jahre) schwer falle, auf die Bedürfnisse eines kleinen Kindes adäquat einzugehen. Sie sei verwöhnend und überfürsorglich. Es falle ihr schwer, F. angemessene Freiräume zuzugestehen und seine wachsende Selbständigkeit zu akzeptieren. Hier müssten ebenso wie bei der Anbahnung von Besuchskontakten mit der Kindesmutter Hilfestellungen geleistet werden. Frau W. selbst betone, sie sei für die regelmäßigen Gespräche und praktischen Erziehungsanleitungen dankbar. Ein praktischer Erfolg dieser Arbeit sei, dass F. die Nachmittagsgruppe des Kindergartens in H. besuchen könne.

Ferner übersandte der Kläger der Beklagten einen ...

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