2.1 Medizinische Indikation
Der von einem Arzt – mit Einwilligung der Schwangeren – vorgenommene Schwangerschaftsabbruch ist nicht rechtswidrig, wenn er ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustands der Schwangeren abzuwenden und die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann. Die Entscheidung, ob eine medizinische Indikation vorliegt, trifft der Arzt. Eine Befristung für die Vornahme des Schwangerschaftsabbruchs bei einer medizinischen Indikation ist nicht vorgesehen.
2.2 Kriminologische Indikation
Ein Schwangerschaftsabbruch ist ebenfalls nicht rechtswidrig, wenn nach ärztlicher Erkenntnis an der Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach den §§ 176 bis 179 StGB begangen worden ist und dringende Gründe für die Annahme sprechen, dass die Schwangerschaft auf der Tat beruht und seit der Empfängnis nicht mehr als 12 Wochen vergangen sind.
2.3 Auswirkungen für die Krankenkassen
Die ärztlicherseits getroffene Feststellung, dass eine medizinische oder kriminologische Indikation für den Abbruch der Schwangerschaft vorliegt, ist für die Krankenkassen verbindlich und verpflichtet diese, ihre Leistungsverpflichtung durch eine entsprechende Kostenübernahmeerklärung oder durch eine formlose Bescheinigung zum Ausdruck zu bringen. Einer besonderen Genehmigung des eigentlichen Schwangerschaftsabbruchs bei diesen beiden Indikationen durch die Krankenkasse bedarf es aber nicht.
Leistungen der Krankenversicherung kommen nur in Betracht, wenn der Schwangerschaftsabbruch in einer Einrichtung vorgenommen wird, in der auch die notwendige Nachbehandlung gewährleistet ist. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind verpflichtet, mit diesen Einrichtungen auf deren Verlangen hin, Verträge zu schließen, die die ambulante Erbringung der in § 24b SGB V aufgeführten ärztlichen Leistungen regeln. Unter den Vertragseinrichtungen können die Versicherten frei wählen.
2.4 Ärztliche Beratung/Untersuchung/Begutachtung
Im Vordergrund der Leistungen steht die Beratung über Möglichkeiten der Erhaltung der Schwangerschaft. Ggf. schließt sich eine Beratung über den Abbruch der Schwangerschaft an. Zum Leistungsinhalt gehört auch die medizinische Untersuchung zur Feststellung der Voraussetzungen für eine Sterilisation oder für einen Abbruch der Schwangerschaft durch einen Arzt. Die ärztliche Behandlung erstreckt sich auf diejenigen medizinischen Leistungen, die bei Sterilisation oder bei Abbruch der Schwangerschaft erforderlich sind. Näheres ergibt sich aus den Richtlinien zur Empfängnisregelung und zum Schwangerschaftsabbruch des Gemeinsamen Bundesausschusses.
2.5 Arznei-/Verband-/Heilmittel
Voraussetzung für die Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitteln ist die Notwendigkeit dieser Leistungen bei einem Schwangerschaftsabbruch. Die für Arznei-, Verband- und Heilmittel geltenden Regelungen sind entsprechend anzuwenden. Zur Durchführung eines medikamentös ausgelösten Schwangerschaftsabbruchs ist das Arzneimittel Mifepriston (Mifegyne®) zugelassen. Als Begleitmedikation zur Austreibung der Leibesfrucht steht das Prostaglandin Misoprostol (MisoOne®) zur Verfügung.
2.6 Krankenhausbehandlung
Im Rahmen des nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruchs wird Krankenhausbehandlung gewährt, solange sie wegen Schwangerschaftsabbruchs erforderlich ist. Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, so können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden. Die Zuzahlungsregelung gilt entsprechend.
2.7 Krankengeld/Entgeltfortzahlung
Arbeitnehmerinnen haben auch bei einer Arbeitsverhinderung aufgrund eines nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruchs Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Versicherte haben einen Anspruch auf Krankengeld, wenn sie infolge eines nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruchs durch einen Arzt arbeitsunfähig werden.. § 52 SGB V (Leistungsbeschränkung bei Selbstverschulden) ist nicht anzuwenden.