Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Krankengeldes

 

Orientierungssatz

1. Bei der Berechnung des Krankengeldes ist im Hinblick auf dessen Lohnersatzfunktion auf das vom Versicherten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit tatsächlich zugeflossene und abgerechnete Arbeitsentgelt abzustellen. Nur der vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bestehende Status ist zu sichern. Spätere Änderungen des Arbeitsentgelts oder der Steuerklasse sind bedeutungslos.

2. Vom strengen Zuflussprinzip sind nur seltene Ausnahmen anerkannt. Das gilt für europarechtliche Fallgestaltungen und in den Fällen, in denen der Arbeitgeber dem Versicherten Arbeitsentgelt rechtswidrig vorenthält und es im Rahmen nachträglicher Vertragserfüllung später nachzahlt.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Krankengeldes ab 01.01.2008. Die Klägerin begehrt die Berücksichtigung eines während des Krankengeldbezuges vorgenommenen Steuerklassenwechsels bei der Berechnung des Krankengeldes und die Nachzahlung des Differenzbetrages zu der ausgezahlten Leistung.

Die am 00.00.1951 geborene Klägerin ist verheiratet. Seit 25.10.2007 ist sie arbeitsunfähig krank. Nach dem Ende der vom Arbeitgeber geleisteten 6-wöchigen Entgeltfortzahlung bewilligte die Beklagte ab 06.12.2007 ein kalendertägliches Netto-Krankengeld von 20,09 EUR (Bescheid vom 03.12.2007). Das Krankengeld bemaß die Beklagte nach dem zuletzt für September 2007 bezogenen Monatsgehalt der Klägerin sowie - anteilig - einer Einmalzahlung. In der Folgezeit veränderte sich der kalendertägliche Krankengeldnettoauszahlbetrag, und zwar vom 01.01. bis 30.06.2008 auf 20,19 EUR, vom 01.07. bis 30.09.2008 auf 20,17 EUR, ab 01.10.2008 auf 20,44 EUR. Die Höchstanspruchsdauer (Aussteuerung) ist am 14.03.2009 erreicht.

Der Ehemann der Klägerin erhielt bis zum 26.11.2007 Arbeitslosengeld; seit 01.12.2007 bezieht er Altersrente. Im Jahre 2007 waren in den jeweiligen Steuerkarten für den Ehemann die Steuerklasse III, für die Klägerin die Steuerklasse V eingetragen. Noch vor Beginn ihrer Arbeitsunfähigkeit beantragte die Klägerin eine Änderung ihrer Steuerklasse für 2008. Dementsprechend ist seit 01.01.2008 in der Steuerkarte der Klägerin die Steuerklasse III eingetragen.

Am 16.05.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, "dass mein Krankengeld rückwirkend ab dem 01.01.2008 auf der Basis der Steuerklasse III berechnet wird". Sie verwies auf ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) für das Land Brandenburg vom 12.03.2004 und meinte, hiernach sei das Krankengeld nach der aktuellen Steuerklasse zu berechnen.

Durch Bescheid vom 27.05.2008 lehnte die Beklagte eine Neuberechnung des Krankengeldes ab. Sie verwies darauf, dass der maßgebliche Bemessungszeitraum für die Berechnung des Krankengeldes der Monat September 2007 gewesen sei; Änderungen des Inhalts des Arbeitsverhältnisses bzw. auch die Änderung einer Steuerklasse, die nach Ablauf des Entgeltabrechnungszeitraums wirksam würden, hätten keinen Einfluss auf die Berechnung des Regelentgelts.

Den hiergegen am 11.06.2008 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 01.09.2008 zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 25.09.2008 Klage erhoben. Sie verweist auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.05.2007 (B 1 KR 3/07 R). Wenn das BSG unter Bezugnahme auf eine voraufgegangene Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) für Wanderarbeitnehmer der Europäischen Gemeinschaft (EG) eine rückwirkende Neuberechnung des Krankengeldes wegen einer nachträglichen Änderung der Steuerklasse anerkannt habe, müsse dies nach Auffassung der Klägerin auch für inländische Arbeitnehmer gelten.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.05.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.09.2008 zu verurteilen, das ihr ab 01.01.2008 zustehende Krankengeld unter Zugrundelegung eines nach der Steuerklasse III be- rechneten Nettoentgeltes neu zu berechnen und die Differenz zum gezahlten Krankengeld nachzuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass für die Berechnung des Krankengeldes die tatsächlichen Einkommensverhältnisse im Bemessungszeitraum maßgeblich seien. Änderungen, die nicht schon während des Bemessungszeitraums eingetreten seien, hätten keinen Einfluss auf die Berechnung der Leistung. Da das Krankengeld nur den wirtschaftlichen Status des Versicherten vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit sichern solle, könnten spätere Änderungen diesen Status nicht mehr berühren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begrün...

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