Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit für Hilfegewährung bei Leistungen der Grundsicherung (GSi) im Alter, der Hilfe zur Pflege und der Kurzzeitpflege

 

Orientierungssatz

1. § 98 Abs. 5 S. 1 SGB XII (juris: SGB 12, Fassung: 2006-12-02) trifft eine von dem Grundsatz des § 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII (juris: SGB 12) abweichende Regelung. Die Formulierung "Leistungen nach diesem Buch" in § 98 Abs. 5 S. 1 SGB XII (juris: SGB 12, Fassung: 2006-12-02) verdeutlicht, dass mit der Anknüpfung der örtlichen Zuständigkeit an die vorhergehende örtliche Zuständigkeit alle Leistungen nach dem SGB XII (juris: SGB 12) betroffen sind.

2. Da das Gesetz anders als für GSi-Leistungen (§ 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII (juris: SGB 12)), für stationäre Leistungen (§ 98 Abs. 2 SGB XII (juris: SGB 12)) oder Bestattungskosten (§ 98 Abs. 3 SGB XII (juris: SGB 12)) keine besondere Zuständigkeitsregelung trifft, gilt für die Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel die Grundregel des § 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII (juris: SGB 12).

 

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin zu 1) die seit November 2010 erbrachten Aufwendungen für die Grundsicherung des Hilfeempfängers I.B. nach dem Vierten Kapitel des SGB XII in Höhe von 7.530,87 EUR zu erstatten. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Hilfeempfänger I.B. auch künftig bei entsprechendem Bedarf Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII zu gewähren, solange dieser Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel des SGB XII im Rahmen ambulant betreuten Wohnens erhält. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 1) und der Beklagte je zur Hälfte. Der Streitwert wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, welcher Sozialhilfeträger für die dem Hilfeempfänger (HE) I.B. seit November 2010 gewährten und künftig zustehenden Leistungen der Grundsicherung (GSi) im Alter, der Hilfe zur Pflege und der Kurzzeitpflege zuständig ist. Für bisher erbrachte Aufwendungen machen die Kläger Erstattungsansprüche geltend, die Klägerin zu 1) in Höhe von 7.530,87 EUR für GSi-Leistungen und 6.757,67 EUR für Leistungen der Hilfe zu Pflege, der Kläger zu 2) in Höhe von 270,65 EUR für Kurzzeitpflege.

Der am 00.00.0000 geborene HE ist als Schwerbehinderter anerkannt nach einem Grad der Behinderung (seit 1985) von 100. Er leidet u.a. an einer Persönlichkeitsstörung und ist erheblich pflegebedürftig (Pflegestufe I). Er steht unter gerichtlich angeordneter Betreuung und bezieht Regelaltersrente.

Die Beigeladene zu 2) hatte dem HE ab 2004 Leistungen der GSi im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuches (SGB XII) gewährt. Der HE war seit Oktober 2004 in Kiel ansässig. Im Oktober 2006 verließ er seine Wohnung in Kiel. Er suchte eine Reihe von Orten in Deutschland auf. Er befand sich vom 20.11. bis 28.12.2006 in einem Krankenhaus in Münster, vom 28.12. bis 31.12.2006 in einem Hotel in Köln, vom 31.12.2006 bis 04.01.2007 in einem Krankenhaus in Köln, vom 04.01. bis 08.01.2007 in einer Jugendherberge in Bonn, vom 08.01. bis 11.01.2007 in einem Krankenhaus in Mainz, vom 11.01. bis 14.01.2007 nach einer Übernachtung im Zug in einer Jugendherberge in Konstanz und vom 14.01. bis 07.02.2007 in einem Krankenhaus in Stuttgart. Vom 07.02. bis 08.02.2007 fuhr der HE mit einem Zug nach Heiligenhafen. Am 08.02.2007 suchte er dort die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie auf. Er wurde dort stationär aufgenommen und bis zum 02.05.2007 behandelt. Die Ärzte stellten ausweislich ihres Entlassungsberichtes vom 11.09.2007 eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen Zügen bei angegebener Traumatisierung in der Kindheit, eigenanamnestisch dissoziative Fugue, ein leichtes hirnorganisches Psychosyndrom, fraglich infolge eines Schädelhirntraumas mit Polytrauma 1966, nachfolgend mit Armamputation links, wegen Phantomschmerzen stereotaktische Operationen mit Ausbildung einer spastischen Hemiparese rechts und eine arterielle Hypertonie fest. Nach der Entlassung aus der Klinik in Heiligenhafen lebte der HE vom 02.05. bis 31.08.2007 in einem Altenheim (Seniorenresidenz) in Burg/Fehmarn.

Am 31.08.2007 verließ der HE die Seniorenresidenz Burg/Fehmarn. Ab 01.09.2007 lebte er in einer Wohnung in Oldenburg, ... (Kreis Ostholstein). Ab 04.09.2007 wurde er durch die Brücke Ostholstein gGmbH im Rahmen von Eingliederungshilfe betreut. Mit Bescheid vom 17.09.2007 gewährte der Beklagte dem HE Eingliederungshilfeleistungen im Rahmen des ambulant betreuten Wohnens, zunächst vom 04.09.2007 bis 31.03.2008; mit weiteren Bescheiden bewilligte er diese Leistung, die der HE bis zum 15.07.2010 erhielt. Darüber hinaus bezog der HE von dem Beklagten seit 01.09.2007 ergänzende GSi-Leistungen nach SGB XII (Bescheid vom 27.08.2007), zuletzt bewilligt durch Bescheid vom 13.04., 01.07., 20.08. und 24.08.2010 für die Zeit vom 01.07. bzw. 01.09.2010 bis 30.06.2011. Die letzte GSi-Zahlung an den HE erfolgte seitens des Be...

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