Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang des Elterngeldzeitraums
Orientierungssatz
1. Durch die gesetzliche Fiktion von Elterngeldbezugsmonaten gem. § 4 Abs 3 S 2 BEEG werden die Lebensmonate des Kindes mit zeitlich kongruenten anzurechnenden Leistungen, wie das nach § 3 Abs 1 S 1 BEEG anzurechnende Mutterschaftsgeld oder die nach § 3 Abs 1 S 3 BEEG anzurechnenden Dienstbezüge während der Zeit des nachgeburtlichen Beschäftigungsverbotes (Mutterschutzfrist) kraft Gesetzes zwingend der Person zugeordnet, die Anspruch auf die anzurechnende Leistung hat.
2. Dies ist beim Mutterschaftsgeld bzw. nach in der Mutterschutzfrist bezogenen Bezügen die Mutter.
3. Grundvoraussetzung für den Eintritt der Fiktion von Bezugsmonaten nach § 4 Abs 3 S 2 BEEG ist, dass in den betreffenden Lebensmonaten diejenige Person, der die anzurechnende Leistung zusteht, nach objektiven Gegebenheiten die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 BEEG erfüllt, also zum anspruchsberechtigten Personenkreis im Sinne dieser Vorschrift gehört.
Tenor
Der Beklagte wird in entsprechender Abänderung des Bescheides vom 23.09.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2010 verurteilt, dem Kläger Elterngeld für den 1. bis 14. Lebensmonat des Kindes B. in Höhe von monatlich 789,82 EUR zu bewilligen und das Elterngeld in 28 Monaten (Zeitraum: 17.08.2010 bis 16.12.2012) in monatlichen Beträgen von 394,91 EUR ohne Anrechnung der von der Mutter in der nachgeburtlichen Mutterschutzfrist erhaltenen Bezüge auszuzahlen.
Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt der Beklagte.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Umfang des Elterngeldzeitraums und des dem Kläger zustehenden Elterngeldes, konkret um eine Mehrleistung von 2.369,46 EUR.
Der 0000 geborene Kläger ist verheiratet und war zuletzt als Lagerarbeiter beschäftigt. Seine Ehefrau ist als beamtete Diplomverwaltungswirtin bei der Bundesagentur für Arbeit beschäftigt. Sie ist aufgrund einer seit Geburt bestehenden spastischen Halbseitenlähmung schwerbehindert. Am 17.08.2010 gebar sie das gemeinsame Kind B ... Die Ehefrau des Klägers bezog während der Mutterschutzfrist bis 01.11.2010 ihre Dienstbezüge weiter. Ab 02.11.2010 ist sie wieder im Dienst und - 40 Stunden wöchentlich - vollzeitbeschäftigt. Aufgrund ihrer Schwerbehinderung kann die Ehefrau des Klägers - ärztlich bescheinigt - das Kind nicht tragen und umfassend betreuen. Der Kläger nimmt seit der Geburt des Kindes Elternzeit und betreut die Tochter ständig.
Am 31.08.2010 beantragte der Kläger für sich Elterngeld für den 1. bis 14. Lebensmonat des Kindes B ... Zur Begründung gab er an, die Betreuung der Tochter sei dem anderen Elternteil unmöglich oder gefährde das Kindeswohl. Er legte hierzu eine ärztliche Bescheinigung des Hausarztes vor. Als Elterngeldauszahlvariante wählte er den halben Monatsbetrag bei doppeltem Auszahlungszeitraum, und zwar ab Beginn seiner Elternzeit, d.h. ab der Geburt des Kindes.
Auf der Grundlage des in den zwölf Monaten vor der Geburt erzielten und nachgewiesenen Einkommens aus der Erwerbstätigkeit des Klägers errechnete der Beklagte einen Elterngeldmonatsbetrag von 789,82 EUR. Durch Bescheid vom 23.09.2010 bewilligte er für den 1. bis 22. Lebensmonat des Kindes (Zeitraum: 17.08.2010 bis 16.06.2012) Elterngeld in Auszahlbeträgen von 394,91 EUR. Zur Begründung führte er aus, Elterngeld bestehe nur für elf Monate bzw. 22 Auszahlmonate, weil die (drei) Lebensmonate des Kindes, in denen Mutterschutzleistungen zustünden, als Monate gelten würden, in denen die berechtigte Person Elterngeld beziehe.
Dagegen erhob der Kläger am 13.10.2010 Widerspruch. Er trug vor, die Mutterschutzzeit nach der Geburt habe nicht drei Monate, sondern elf Wochen gedauert. Da seine Ehefrau einerseits nicht vor Ablauf der Mutterschutzfrist wieder arbeiten dürfe, andererseits aus gesundheitlichen Gründen sich nicht allein um das Kind kümmern könne, habe er Elternzeit genommen und beanspruche Elterngeld für vierzehn Monate.
Die Bezirksregierung Münster wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 09.12.2010 als unbegründet zurück; dem Antrag auf vierzehn Monate Elterngeld könne nicht entsprochen werden, da seine Ehefrau im ersten bis dritten Lebensmonat des Kindes Leistungen, die nach § 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) anzurechnen seien, bezogen habe; dadurch seien drei Elterngeldmonate verbraucht, sodass ihm nur für elf Monate Elterngeld habe bewilligt werden können.
Dagegen hat der Kläger am 05.01.2011 Klage erhoben.
Das Gericht hat die Beteiligten auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 26.05.2011 (B 10 EG 11/10 R) aufmerksam gemacht und bei dem Beklagten angeregt, ein Anerkenntnis abzugeben. Der in der mündlichen Verhandlung nicht vertretene Beklagte hat zuletzt eine Entscheidung des Gerichts im streitigen Verfahren beantragt.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten in entsprechender Abänderung des Bescheides vom 23.09.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2010 zu verurteilen, ihm Elterngel...