Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwerbehindertenrecht: Feststellung des Grades der Behinderung. Grad der Behinderung bei einer chronischen rheumatischen Erkrankung. Voraussetzung der Zuerkennung eines Gesamt-GdB von 50 bei mehreren Gesundheitsbeeinträchtigungen

 

Orientierungssatz

1. Eine chronische rheumatische Erkrankung (chronische Polyarthritis), die zwar in den beteiligten Gelenken bereits degenerative Spuren hinterlassen hat und in auch durch Medikamente nicht unterdrückbaren Schüben auftritt, ist, jedenfalls soweit sie sich noch nicht auf anderen Organe auswirkt, mit einem Einzel-GdB von 30 angemessen bewertet.

2. Auch bei Vorliegen mehrerer Gesundheitsbeeinträchtigungen, die jeweils für sich genommen mit einem Einzel-GdB von 20 bis 30 bewertet werden, setzt die Zuerkennung eines Gesamt-GdB von mindestens 50 voraus, dass die Summe der Gesundheitsschäden in ihren Auswirkungen mit einem Gesundheitsschaden vergleichbar ist, für den ein fester Wert von 50 anzusetzen ist.

3. Einzelfall zur Bildung eines Gesamt-GdB (hier: GdB von 40).

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des dem Kläger zustehenden Grades der Behinderung (GdB) streitig.

Das Versorgungsamt Aachen stellte beim Kläger mit Bescheid vom 27.01.2005 aufgrund eines Rheumaleidens mit Auswirkung auf die Gliedmaße, Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule mit Nervenwurzelreizungen, Herzleistungsbeeinträchtigung und Bluthochdruck sowie chronischer Bronchitis einen GdB von 40 fest. Ein im Jahr 2010 gestellter Änderungsantrag wurde, nach Auswertung von Arzt und Befundberichten, mit Bescheid vom 29.09.2010 durch den Beklagten abgelehnt.

Am 10.4.2013 stellte der Kläger sodann erneut einen Änderungsantrag. Zur Begründung gab er an, bei den festgestellten Beeinträchtigungen seien Verschlimmerung eingetreten. Darüber hinaus sei eine interstitielle Lungenerkrankung hinzugetreten. Der Beklagte wertete einen Befundbericht des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. T sowie Arztberichte des Internisten und Rheumatologen Dr. W, der radiologisch-nuklearmedizinischen Gemeinschaftspraxis X sowie der Klinik für internistische Rheumatologie der Medizinisches Zentrum T GmbH durch seinen ärztlichen Dienst aus. Dieser kam zu der Einschätzung, das Rheumaleiden mit Auswirkungen auf die Gliedmaße sei weiterhin mit einem GdB von 30, die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule weiterhin mit einem GdB von 20, die Herzleistungsbeeinträchtigungen mit dem Bluthochdruck weiterhin mit einem GdB von 20 und die chronische Bronchitis weiterhin mit einem GdB von 10 zu bewerten. Der Gesamt-GdB bleibe bei 40. Mit Bescheid vom 03.06.2013 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers ab und stellte fest, die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G läge nicht vor, da die Schwerbehinderteneigenschaft beim Kläger nicht gegeben sein.

Am 20.06.2013 legte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Widerspruch ein, der nach erneuter ärztlicher Stellungnahme von der Bezirksregierung N mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2013 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Am 24.07.2013 hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen hätten sich seit 2005 der Gestalt verschlimmert, dass ein GdB von 50 insgesamt zuzuerkennen sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des Dr. W und des Dr. T sowie durch Einholung eines Gutachtens des Arztes für Innere Medizin und Arbeitsmedizin - Rheumatologie, Psychotherapie, spezielle Schmerztherapie - Dr. L, Chefarzt des Fachbereichs Rheumatologie der Rheumaklinik B sowie darüber hinaus - auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - des Facharztes für Orthopädie - Unfallarzt, Chirotherapie, Sportmedizin - Dr. T.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2015 hat der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 03.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2013 zu verurteilen, den GdB des Klägers mit 50 zu bewerten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltung- und Widerspruchsverfahren und nimmt überdies Bezug auf die Stellungnahmen seines ärztlichen Beraters im Gerichtsverfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Ihm steht derzeit kein höherer GdB als 40 zu.

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