Entscheidungsstichwort (Thema)
Kranken- und Pflegeversicherungspflichtigkeit eines ausgezahlten Lebensversicherungsbeitrags
Orientierungssatz
Ein ausgezahlter Lebensversicherungsbeitrag, dessen Zahlung auf eine Direktversicherung im Sinne von § 1 Abs 2 BetrAVG beruht und die ihren Charakter als Direktversicherung auch über den 30.04.2004 hinaus bis zum Ablaufdatum behielt, unterliegt insgesamt der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung und zwar auch soweit sie auf Versicherungsbeiträgen ab 01.05.2004 beruht.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, in welchem Umfang die Klägerin auf eine Kapitalleistung aus einer Lebensversicherung Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (KV) und Pflegeversicherung (PV) zu zahlen hat.
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin gesetzlich krankenversichert, seit 01.07.2005 in der Krankenversicherung der Rentner. 1973 schlossen der Ehemann und damalige Arbeitgeber der Klägerin - der Einzelunternehmer D. W. - als Versicherungsnehmer und die T. als Versicherer einen Lebensversicherungsvertrag Nr. 7140065-10 zugunsten der Klägerin als versicherter Person ab. Es handelte sich um eine Direktversicherung im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung. Die Laufzeit war vom 01.04.1973 bis 01.04.2007 vereinbart. Die Beiträge zu der Lebensversicherung in Höhe von monatlich 61,80 DM/31,60 EUR wurden vom Gehalt der Klägerin einbehalten und vom Arbeitgeber direkt an den Versicherer gezahlt. Zum 01.05.2004 stellte der Einzelunternehmer D. W. die Betriebstätigkeit ein und endete das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei ihm. Seit diesem Datum zahlte D. W. jedoch - nunmehr als Privatperson - die Beiträge von demselben Konto wie bisher weiter. Er blieb auch weiter Versicherungsnehmer des Vertrages, ein Versicherungsnehmerwechsel wurde weder mit dem Versicherer noch mit der Klägerin vereinbart.
Mit Schreiben vom 18.06.2007 teilte die T. der Beklagten die Auszahlung einer Kapitalleistung aus dem Lebensversicherungsvertrag zum 01.04.2007 in Höhe von 35.580,00 EUR an die Klägerin mit.
Durch Bescheid vom 26.06.2007 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Beitragspflicht aus der Kapitalleistung fest; für die Beitragsbemessung gelte 1/120 der Kapitalleistung als monatlicher Zahlbetrag, also 296,50 EUR; hieraus sei ab 01.05.2007 monatlich zur KV 44,77 EUR, zur PV 5,04 EUR, insgesamt 49,81 EUR zu entrichten. Die Beitragspflicht beginne am 01.05.2007 und ende am 30.04.2017.
Dagegen erhob die Klägerin am 10.04.2008 Widerspruch. Sie behauptete, sie habe 34 Jahre lang die Beiträge eingezahlt. Darauf seien - auch als der Beitrag vom Gehalt abgezogen worden sei - keine KV-Beiträge abgeführt worden; sie sei bereit, auf die eingezahlten Beiträge, die sie mit 12.892,80 EUR bezifferte, KV- und PV-Beiträge zu zahlen, nicht jedoch auf den erwirtschafteten Kapitalertrag, den sie mit 22.687,20 EUR bezifferte.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 06.09.2010 (1 BvR 739/08) und 28.09.2010 (1 BvR 1660/08) grundlegende Entscheidungen zur Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus als Direktversicherungen abgeschlossenen Lebensversicherungen getroffen hatte, fragte die Beklagte bei der T. an, ob hiernach die Meldung zu korrigieren sei, insbesondere, ob ein Wechsel in der Person des Versicherungsnehmers stattgefunden habe. Mit Schreiben vom 09.06.2011 teilte die T. mit, bei dem Vertrag handele es sich um eine Direktversicherung; während der gesamten Vertragslaufzeit sei die Firma D. W. Versicherungsnehmer des Vertrages gewesen; ein Versicherungsnehmer-Wechsel auf die versicherte Person B. W. sei nicht bekannt; daher seien die gesamten Beiträge im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung gezahlt worden; die Meldung vom 18.06.2007 behalte somit ihre Gültigkeit.
Daraufhin erklärte die Klägerin, die Direktversicherung sei während der gesamten Laufzeit steuerlich und sozialversicherungsrechtlich wie eine Lebensversicherung mit einmaliger Auszahlung behandelt worden. Nach dem Verkauf des Betriebes ihres Ehemannes im Jahre 2004 seien die Beiträge weiterhin vom gleichen Konto weitergezahlt worden. Sie sei nicht bereit, nachträgliche Krankenkassenbeiträge auf ihr erwirtschaftetes Kapital zu bezahlen.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 19.09.2011 zurück. Sie legte die der Beitragserhebung zugrunde liegenden Rechtsvorschriften dar und nahm Bezug auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des BVerfG.
Dagegen hat die Klägerin am 21.10.2011 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, dass durch den Umstand, dass ab 01.05.2004 weder die Arbeitgebereigenschaft des Ehemannes noch ihre Arbeitnehmereigenschaft bestanden habe und die Beiträge privat von ihrem Ehemann gezahlt worden seien, faktisch ein Versicherungsnehmerwechsel vorgelegen habe. Bei der Beitragszahlung ab 01.05.2004 habe kein Bezug zu einem Arbeit...