Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bei widersprüchlichen Gutachten

 

Leitsatz (amtlich)

(Zum) Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bei widersprüchlichen Gutachten.

 

Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 12. August 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2015 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31.12.2014 hinaus.

Der 1957 geborene und zuletzt versicherungspflichtig bis November 2003 als Produktionsarbeiter tätige Kläger bezog ab 01.02.2009 eine zunächst bis 31.10.2010 und schließlich bis 31.08.2014 befristete Rente wegen Erwerbsminderung. Der zuletzt ausgesprochenen Befristung lag ein Gutachten des Dr. L. vom 30.08.2012 zu Grunde, in dem er wegen insbesondere eingeschränkter psychischer Belastbarkeit des Klägers die Feststellung eines unter vollschichtigen Leistungsvermögens vorschlug. Auf dessen Weitergewährungsantrag vom 27.05.2014 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 12.08.2014 eine Verlängerung des Rentenbezuges bis 31.12.2014. Sie stützte sich dabei auf das vom 28.07.2014 datierende Gutachten des Dr. L., wonach die vormalige Schwere der depressiven Störung zwar nahezu beseitigt und auch die Beweglichkeit der rechten Schulter nach der Operation vom Januar 2013 deutlich gebessert sei, aber im Hinblick auf die anstehende Schulteroperation links und die nachfolgende Rehabilitationsbehandlung von einem bis zum 31.12.2014 auf unter 6 Stunden täglich reduzierten Leistungsvermögen auszugehen sei.

Der Kläger widersprach dieser Feststellung mit dem Vortrag, dass entgegen der Behauptung der Beklagten sein Leistungsvermögen schon allein aufgrund seiner psychischen Erkrankung aufgehoben sei. Die Beklagte holte nun bei dem Nervenarzt Dr. H. ein weiteres Gutachten ein. Darin stellte dieser unter anderem fest, dass die Lendenwirbelsäule des Klägers in der Beweglichkeit weitgehend frei sei, sein Gang neurogen nicht behindert werde und bei ihm eine tiefergehende depressive Herabgestimmtheit nicht festzustellen sei. Es lägen deutliche Hinweise auf ein nicht authentisches Verhalten vor. Insgesamt sei der Kläger noch in der Lage, zumindest körperlich leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr als 6 Stunden täglich zu verrichten. Sich dieser Einschätzung anschließend wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 02.02.2015 als unbegründet zurück.

In der nunmehr erhobenen Klage trägt der Kläger insbesondere vor, dass ihm die fortwährenden Schmerzen in beiden Schultern jegliche Tätigkeit unmöglich machten. Aufgrund eines 1982 erlittenen Unfalles habe er kein Feingefühl in den Fingern der rechten Hand, sei wegen der anhaltenden Schulterschmerzen morphinabhängig, seit 2004 schwer depressiv und könne sich nicht auch nur kurzzeitig auf eine Arbeitstätigkeit konzentrieren. Außerdem hat er ein Attest seines Urologen vorgelegt, wonach er an einer erektilen Dysfunktion leide, was ihn psychisch sehr belaste.

Im Rahmen der Amtsermittlung hat das Gericht Befundberichte von den den Kläger behandelnden Ärzten eingeholt. Sein Hausarzt hat mitgeteilt, dass der Kläger mittlerweile Schmerzpatient sei und sich der Gesundheitszustand insofern verschlechtert habe, als zwischenzeitlich eine Schulteroperation links habe durchgeführt werden müssen. Der behandelnde Nervenarzt teilt diagnostisch mit: Chronische, muskuloskelletale Schmerzen, somatoforme Schmerzstörung und chronische Depression.

Das Gericht hat nun Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens bei dem Nervenarzt Dr. F.. Er beschreibt beim Kläger folgende wesentliche Gesundheitsstörungen: Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, anzunehmende Opiatabhängigkeit; Dysthymia im Sinne einer anhaltenden milden Depression und rezidivierende depressive Störung, (Letztere) gegenwärtig remittiert, mäßig ausgeprägte Funktionseinschränkung der rechten Hand bei Restlähmung im Bereich von vom Nervus ulnaris versorgter kleiner Handmuskulatur und Sensibilitätsstörungen im Versorgungsgebiet des Nerven (Klein-/Ringfinger, ulnarseitige Hand) nach Unfall mit Schnittverletzung 1982 und: Belastbarkeits- und Funktionsminderung beider Schultergelenke unter Linksbetonung bei Zustand nach mehrfachen operativen Eingriffen, Lendenwirbelsäulensyndrom mit leichten Funktionsbehinderungen, ohne nachweisbare Nervenwurzelbeteiligung bei kernspintomografisch vorgeschriebenem kleinen Bandscheibenvorfall LWK5/SWK1. Dem Kläger seien daher Schwerarbeit bzw. (ständig) mittelschwere Arbeit, Zeitdruckarbeit, Einzel-/Gruppenakkord, Fließband-/taktgebundene Arbeiten, Nachtarbeiten, Arbeiten überwiegend in Zwangshaltung bzw. über Schulterhöhe, mit häufigem Heben/Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel oder häufigem Bücken, Tätigkeiten mit überdurchschnittlichen Anforderungen an die Kraft und Feinmotorik der rechten Hand sowie mit besonderen Anforderung...

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