Tenor
I. Der Bescheid vom 20. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2013 wird bezüglich der darin enthaltenen anteiligen Beitragsforderungen für die Gesamtlohndifferenz von 33.175 EUR für das Kalenderjahr 2006 aufgehoben.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Der Streitwert wird auf 229.185,93 EUR festgesetzt.
IV. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 9/10 und die Beklagte zu 1/10.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten streitig ist eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für den Prüfzeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2009 nach durchgeführter Betriebsprüfung von insgesamt 229.185,93 EUR.
Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), ist im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung tätig und betreibt in A-Stadt eine Personalvermittlung für Zeitarbeit. Sie ist Rechtsnachfolgerin der R. GmbH, unter welchem Namen die Firma bis zum 31.12.2012 firmierte.
Nachfolgend zum Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) vom 14.12.2010, Az. 1 ABR 19/10, wonach die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen (CGZP) nicht tariffähig sei, führte die Beklagte in der Zeit vom 26.07.2011 bis 20.04.2012 eine Sonderbetriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (SGB IV) für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2009 durch.
Im Rahmen der Prüfung ergab sich für die Beklagte, dass die Klägerin im Prüfungszeitraum mit Besitz einer entsprechenden Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis als Verleiherin von Arbeitnehmern Vergütungsansprüche nach einem unwirksamen Tarifvertrag gezahlt habe.
Nachdem die Beklagte im Anhörungsschreiben vom 05.10.2011 - ausgehend von den bei der Betriebsprüfung erfolgten klägerischen Angaben zur geleisteten Arbeitnehmervergütung - noch von deutlich höheren nachträglich zu verbeitragenden Differenzlohnsummen zwischen gezahlten Vergütungen und nach dem sogenannten "Equal-pay"-Grundsatz tatsächlich zu verbeitragenden Lohnsummen ausgegangen war und für den Prüfungszeitraum eine Nachforderung von 960.842,03 Euro in Aussicht gestellt hatte, erfolgte im weiteren Anhörungsverfahren eine gemeinsame Erarbeitung der Schätzungsgrundlagen nach § 28 f Abs. 2 SGB IV unter Beteiligung der Klägerin.
Nachfolgend gingen die Beteiligten einvernehmlich von Differenzlohnsummen zwischen den nach unwirksamem Tarifvertrag gezahlten Vergütungen und den nach Equal-pay-Grundsätzen entstandenen Vergütungsansprüchen von 33.175 Euro für das Kalenderjahr 2006, von 52.913 Euro für das Kalenderjahr 2007 und von 477.423 Euro für das Kalenderjahr 2008 aus.
Ausgehend hiervon erließ die Beklagte den Bescheid vom 20.04.2012 mit Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 229.185,93 EUR.
Die Nachforderung ergebe sich nach dem seit Januar 2004 in § 10 Abs. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) gesetzlich verankerten "Equal-pay"-Grundsatz aus der Differenz zwischen dem aufgrund des unwirksamen Tarifvertrages gezahlten Arbeitsentgelt und der Entlohnung, welche der verliehene Arbeitnehmer als Teil der Stammbelegschaft des Entleihers erhalten hätte.
Dabei komme es nach dem im Bereich der Sozialversicherung geltenden Entstehungsprinzip nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV nicht darauf an, ob die betroffenen Arbeitnehmer den zustehenden höheren Entgeltanspruch gegenüber dem Arbeitgeber auch tatsächlich geltend machen würden.
Hinsichtlich der Höhe der berechneten Beitragsnachforderung sei diese nach den maßgeblichen Bestimmungen des § 28 f Abs. 2 Satz 3 SGB IV zu schätzen gewesen, da im maßgeblichen Zeitraum von Juli 2006 bis Dezember 2008 ca. 15.000 Beschäftigungsverhältnisse mit Leihe an ca. 1.000 Entleiher vorgelegen hätten mit teilweise sehr kurzer Beschäftigungsdauer.
Aus den einvernehmlich mit der Klägerin festgestellten Gesamtdifferenzlohnsummen für die Jahre 2006 bis 2008 errechne sich ein nachzuentrichtender Gesamtsozialversicherungsbeitrag von insgesamt 229.185,93 EUR.
Hiergegen erhob der Klägerbevollmächtigte am 22.05.2012 Widerspruch. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der nunmehr geprüfte Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2008 bereits Gegenstand einer regulären Betriebsprüfung gewesen sei, welche keine entsprechende Beanstandung ergeben habe. Die damaligen Bescheide seien weder aufgehoben worden, noch habe sich die Beklagte vorbehalten, das klägerische Unternehmen im Hinblick auf die Anwendung des CGZP-Tarifvertrages nochmals zu prüfen.
Der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG)vom 14.12.2010 bezüglich der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP könne nur zur Unwirksamkeit der Tarifverträge ab dem 14.12.2012 führen. Das BAG habe für die Frage Tariffähigkeit neue Beurteilungskriterien aufgestellt, ein Umstand, welcher nach dem Rückwirkungsverbot nicht in die Vergangenheit hineinwirken dürfe.
Ansonsten werde schutzwürdiges Vertrauen in die geschlossenen Tarifverträge und das auch im Bereich der Sozialversicherung anzuwendende Äquivalenzprinzip verletzt. Es sei nicht darstellbar, wenn vom Entstehen von Ansprüchen auf...