Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. sachlicher Zusammenhang. Abweg. eigenwirtschaftliche Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Unversicherter Abweg zur Ummeldung beim Telekommunikationsanbieter.

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Der 1958 geborene Kläger stürzte am 12. November 2012 gegen 12:45 Uhr mit dem Fahrrad, nachdem er sich bei seinem Telefonanbieter umgemeldet hatte, was etwa eine halbe Stunde in Anspruch genommen hatte. Er fuhr dann noch zur Arbeit. Der Durchgangsarzt diagnostizierte zwei Tage später eine laterale Klavikulafraktur links, nicht disloziert, und attestierte Arbeitsunfähigkeit, die bis 11. Januar 2013 dauerte. Der Kläger gab gegenüber der beklagten Berufsgenossenschaft später noch an, aus der Stadt Richtung Arbeit unterwegs gewesen zu sein; Arbeitsbeginn sei um 15:05 Uhr gewesen.

Der besagte Telefonladen befindet sich ca. 1 km nordwestlich der damaligen Wohnung des Klägers, der Unfallort einige 100 m nördlich. Die damalige Arbeitsstätte des Klägers liegt dagegen etwa 21 km südlich davon.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 14. März 2013 die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, weil der Kläger sich nicht auf direktem Weg zur Arbeit befunden habe, sondern auf einem Abweg. Der Aufenthalt im Telefonladen sei eigenwirtschaftlich gewesen.

Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchbescheid vom 24. Juli 2013 zurückgewiesen.

Dagegen hat der Kläger am 12. August 2013 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Er habe keine andere Möglichkeit gehabt, den Telefonanbieter aufgrund seines Umzugs aufzusuchen. Er habe zu der Zeit Schichtdienst von 14:45 Uhr bis 23:25 Uhr gearbeitet. Daher sei das Ummelden nur vormittags möglich gewesen.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzend erklärt, mit dem Fahrrad zu seiner damaligen Arbeitsstätte gefahren zu sein und für die Fahrt ca. 1 3/4 bis 2 Stunden gebraucht zu haben.

Der Kläger beantragt:

Der Bescheid der Beklagten vom 14. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2013 wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass der Unfall des Klägers am 12. November 2012 ein Arbeitsunfall ist.

Für die Beklagte wird beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Der Bescheid der Beklagten vom 14. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Arbeitsunfalls.

Nach § 8 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII regelt, dass auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit versichert ist.

Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität), und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 4. September 2007, B 2 U 28/06 R).

Für Unfälle auf Wegen gilt, dass das Zurücklegen von Wegen in aller Regel nicht die Ausübung der versicherten Tätigkeit selbst darstellt, sondern eine der versicherten Tätigkeit vor- oder nachgelagerte Tätigkeit ist, die zu der eigentlichen Tätigkeit, weswegen das Beschäftigungsverhältnis eingegangen wurde, in einer mehr (z.B. bei Betriebswegen) oder weniger engen Beziehung (z.B. Weg zur Arbeit) steht, und dass die Beurteilung des Versicherungsschutzes auf Wegen spezielle Probleme aufwirft. Daher sind bei der Prüfung des sachlichen Zusammenhangs vorliegend zwei Prüfungsschritte zu unterscheiden: Zunächst die Zurechnung des Weges zu der (grundsätzlich) versicherten Tätigkeit nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII im Hinblick darauf, ob es sich um einen Betriebsweg gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII oder einen anderen unter Versicherungsschutz stehenden Weg nach § 8 Abs. 2 SGB VII handelt, und, wenn diese Voraussetz...

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