Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Vermögensberücksichtigung. selbst genutztes Hausgrundstück. angemessene Größe. keine Reduzierung der Wohnflächengrenze nach WoBauG 2 bei Auszug der erwachsenen Kinder. verfassungskonforme Auslegung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein selbst genutztes Hausgrundstück ist angemessen iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB 2, wenn sich die Wohnfläche innerhalb des in § 39 Abs 1 S 1 WoBauG 2 iVm § 39 Abs 1 S 2 und § 82 Abs 3 S 1 WoBauG 2 genannten Rahmens bewegt.
2. Diese Beurteilung bleibt auch dann unverändert, wenn sich die Anzahl der Bewohner durch den späteren Auszug erwachsen gewordener Kinder verringert.
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 28.01.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2010 und der Bescheid vom 12.11.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2009 werden abgeändert.
2. Der Beklagte wird verpflichtet, den Klägern die für den Zeitraum 01.12.2009 bis 31.05.2010 bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als Zuschuss zu gewähren.
3. Der Beklagte hat den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
4. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Kläger ab 01.12.2009 einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss haben.
Der am H. geborenen Kläger zu 1) ist von Beruf Zimmermann, übt diesen Beruf aber aus gesundheitlichen Gründen seit 1996 nicht mehr aus, die am I. geborene Klägerin zu 2) ist nicht berufstätig gewesen. Die Kläger haben vier Kinder: J. (geb. K.), L. (geb. M.), N. (geb. O.) und P. (geb. Q.).
Seit dem 01.01.2005 stehen die Kläger bei dem Rechtsvorgänger des Beklagten im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie sind Eigentümer eines Einfamilienhauses in R., S., Flur T., Flurstück U., V. Das Grundstück hat eine Fläche von 967 qm. Das darauf befindliche Wohnhaus wurde von den Klägern 1996 errichtet und hat eine Wohnfläche von 143,9 qm. Es wurde nach Angaben der Kläger mit öffentlichen Baudarlehen von der W. (X.) gefördert. Außer den Klägern lebt noch der jüngste Sohn P. im Haus, die übrigen drei Kinder sind zwischen 2006 und 2008 ausgezogen.
Die ARGE Y. hatte als Rechtsvorgänger des Beklagten den Klägern die Leistungen zunächst als Zuschuss bewilligt, zuletzt mit Bescheid vom 27.05.2009 bis einschließlich 30.11.2009. Mit Bescheid vom 05.11.2009 hob die ARGE Y. die Leistungsbewilligung ab 01.11.2009 auf, da es sich bei dem Einfamilienhaus der Kläger um verwertbares Vermögen handele und die Kläger daher nicht hilfebedürftig seien. Den Wert des Grundstücks ermittelte sie mit 140.000.- € - was von den Klägern bestritten wird -, die Verbindlichkeiten belaufen sich auf 36.000.- €. Dieser Bescheid ist nicht Gegenstand des Verfahrens.
Mit Bescheid vom 12.11.2009 lehnte die ARGE Y. den Fortzahlungsantrag der Kläger vom 20.10.2009 für den Zeitraum ab 01.12.2009 mit entsprechender Begründung ab. Die Kläger legten dagegen Widerspruch ein, den die ARGE Y. mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2009 als unbegründet zurückwies. Zur Begründung führte sie aus, der ermittelte Wert des Grundstücks überschreite auch nach Abzug der Verbindlichkeiten in Höhe von 36.000.- € deutlich den Freibetrag der Kläger in Höhe von 17.700.- € und belaufe sich auf ca. 85.000.- €. Da die Wohnfläche 130 qm und die Grundstücksgröße 800 qm überschreite handele es ich auch nicht um ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe und sei damit kein anrechnungsfreies Vermögen.
Mit Bescheid vom 28.01.2010 bewilligte ARGE Y. den Klägern für den Zeitraum 01.12.2009 - 31.05.2010 Leistungen nach dem SGB II als Darlehen.
Den dagegen gerichteten Widerspruch der Kläger, mit denen diese die Höhe der gewährten Leistungen rügten und eine zuschussweise Bewilligung verlangten, wies die ARGE Y. mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.2010 als unbegründet zurück.
Die dagegen gerichtete Klage war beim Sozialgericht Aurich unter dem Aktenzeichen 35 AS 754/10 anhängig. Das Gericht hat diese im Termin am 11.01 .2012 mit dem Verfahren 15 AS 63/10 verbunden, nachdem die Kläger die zunächst beanstandete Leistungshöhe unstreitig gestellt haben.
Mit der Klage begehren die Kläger weitere Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss. Sie bestreiten den von der ARGE Y. ermittelten Wert des Hauses und tragen vor, dies sei in Teilen bis heute nicht fertig gestellt und bereits stark renovierungsbedürftig.
Während des Verfahrens hat der Beklagte als neue Optionskommune die Verfahrensführung übernommen.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid des Beklagten vom 28.01.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2010 und den Bescheid des Beklagten vom 12.11.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2009 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, den Klägern für den Zeitraum 01.12.2009 bis 31.05.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB...