Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilferecht: Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Zulässigkeit der Gewährung von Sachleistungen zur Sicherstellung des Bedarfs an fremden Verkehrsdienstleistungen
Orientierungssatz
Im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Asylbewerber kann der Bedarf an fremden Verkehrsdienstleistungen auch durch Sachleistungen in Form eines Shuttle-Buses im Linienverkehr gedeckt werden. Allerdings genügt es dabei nicht zur vollständigen Bedarfsdeckung an fremden Verkehrsdienstleistungen, wenn der Shuttle-Bus lediglich eine geringe Anzahl an Haltestellen (hier: vier Haltestellen) im näheren Umkreis und in zeitlich eingeschränktem Umfang (hier: täglich 9.00 bis 19.15 Uhr) anfährt. Vielmehr verbleibt in diesem Fall auch bei Vorhalten eines Shuttle-Buses ein Bargeldbedarf des Hilfebedürftigen, der durch Geldleistungen zu decken ist.
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt unter Abänderung des mündlichen Leistungsbescheides vom 28.06.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Oberfranken vom 14.03.2018, dem Kläger für Juni 2017 weitere Leistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von 20,61 € zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung von Geldleistungen in Höhe von 20,61 € für den Monat Juni 2017 anstelle von Sachleistungen in Form der möglichen Nutzung des "Aufnahmeeinrichtung-Oberfranken-Buses".
Der 1977 geborene Kläger ist Staatsbürger E. Er reiste am 29.05.2017 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 07.06.2017 einen Asylantrag. Nach Erkenntnissen des Bundesamtes für Migration lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit Italiens nach der Dublin-III-Verordnung vor. Daher wurde am 30.06.2017 ein Übernahmeersuchen an Italien gerichtet. Da die italienischen Behörden nicht fristgerecht antworteten ging die Zuständigkeit mit Ablauf des 15.07.2017 auf Italien über.
Mit Bescheid vom 18.07.2017 wurde der Asylantrag als unzulässig abgelehnt. Italien sei für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Die Abschiebung nach Italien wurde angeordnet.
Am 24.07.2017 erhob der Kläger gegen diesen Bescheid Klage (B 2 K 17.50876) und stellte einen Eilantrag (B 2 S 17.50875) beim Verwaltungsgericht Bayreuth.
Mit Beschluss vom 03.08.2017 wurde der Eilantrag vom Verwaltungsgericht Bayreuth abgelehnt.
Der Kläger ist der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken (seit 01.08.2018 "ANKER"-Einrichtung) zu gewiesen. Er erhält von der Stadt Bamberg Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Für den Zeitraum Juni bis August 2017 erhielt der Kläger den notwendigen Bedarf gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG (Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts) als Sachleistung. Darüber hinaus gewährte die Beklagte Leistungen zur Deckung des persönlichen Bedarfes des täglichen Lebens, das sog. Taschengeld als Geldleistung. Mit mündlich verfügter Bewilligung vom 28.06.2017 für Juni 2017 hat die Beklagte die Geldleistung des Taschengeldes u.a. um den Anteil der Abteilung 7 für fremde Verkehrsleistungen (ohne Luftverkehr/ohne auf Reisen) in Höhe von 20,61 € nicht ausgezahlt, da den Bewohnern der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken ("ANKER-Einrichtung") ein Shuttle-Bus zur Verfügung gestellt wurde.
Hiergegen legte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 05.12.2017 Widerspruch ein. Der Abzug in Höhe von 20,61 € für den AEO-Bus beruhe offensichtlich darauf, dass für die Aufnahmeeinrichtung eine eigene Buslinie eingerichtet worden sei, die von den Bewohnern der Aufnahmeeinrichtung kostenlos genutzt werden könne. Die Buslinie verbinde die Aufnahmeeinrichtung mit dem Bahnhof, dem Zentralen Omnibus Bahnhof und dem Klinikum. Der Shuttle-Bus fahre stündlich von 9.15 Uhr bis 19.15 Uhr. Im Gegenzug hierfür würde der komplette Betrag, welcher für fremde Verkehrsdienstleistungen vorgesehen sei, gekürzt. Wenn dem Kläger allerdings keine Leistungen für Mobilität verblieben stelle sich die Frage, weshalb der Shuttle-Bus den Bahnhof und den zentralen Omnibus Bahnhof anfahre. Mit der Sachleistung der Buslinie würden weder zeitlich noch räumlich sämtliche Mobilitätsbedarfe des Klägers abgedeckt. Die Entscheidung sei daher rechtswidrig.
Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab, sondern legte diesen mit Schreiben vom 28.02.2018 der Regierung von Oberfranken zur Entscheidung vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2018 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Mobilitätsbedarf des Klägers sei durch den zur Verfügung gestellten Bus-Shuttle hinreichend gedeckt. Die Kürzung der Leistungen zur Deckung persönlicher Bedarfe des täglichen Lebens um den in der Abteilung 7 (Verkehr, insgesamt 25,49 €, Stand: 01.03.2017) enthaltenen Anteil für fremde Verkehrsdienstleistungen (ohne im Luftverkehr/ohne auf Reisen) in Höhe von 20,61 € sei sachgerecht. Dem Kläger verblieben die Anteile für die Beschaffung von Fahrrädern und deren Zubeh...