Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Kostenerinnerung. Rechtsanwaltsvergütung. erstattungsfähige außergerichtliche Kosten. Kosten des Vorverfahrens. Hinzuziehungsnotwendigkeit. als Rechtsanwalt niedergelassener Betreuer. Einheitlichkeit der Kostenentscheidung
Leitsatz (amtlich)
§ 193 Abs 3 SGG umfasst auch die Kosten des Vorverfahrens, dem ein Klageverfahren nachfolgt. Einer Feststellung, dass die entstandenen Kosten notwendig waren, bedarf es nur dann, wenn die anwaltliche Vertretung einen Verstoß gegen die Kostenminderungspflicht darstellt. Ein derartiger Verstoß liegt nicht vor, wenn ein Betreuer einen Rechtsanwalt mit der Vertretung betraut. Entsprechendes gilt auch, wenn der Betreuer selbst als Anwalt tätig ist.
Tenor
Auf die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin vom 27. November 2008 werden die zu erstattenden Kosten auf 547,40 Euro festgesetzt. Der Ausspruch über die Verzinsung gilt entsprechend. Die weitergehende Erinnerung wird zurückgewiesen.
Der Erinnerungsgegner hat die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I.
Der Erinnerungsführer erhob durch seinen zum Betreuer bestellten Vertreter, dessen Aufgabenkreis auch die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung umfasst, als Bevollmächtigter am 08. Mai 2007 Klage gegen den Sanktionsbescheid vom 29. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. April 2007 (Absenkung um 30 % der Regelleistung). Der Erinnerungsgegner hob den Bescheid nach richterlichem Hinweis auf. Mit Schriftsatz vom 02. Oktober 2007 beantragte der Bevollmächtigte Kostengrundentscheidung und änderte seine Kostenrechnung von ursprünglich 916,30 Euro auf 773,50 Euro (Schriftsatz vom 01. Februar 2008):
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Für das Vorverfahren: |
Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG |
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240,00 Euro |
Kommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 Euro |
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Für das Klageverfahren: |
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG |
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170,00 Euro |
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG |
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200,00 Euro |
Kommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 Euro |
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Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
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123,50 Euro |
Mit richterlichem Beschluss vom 19. Dezember 2007 wurde der Erinnerungsgegner verpflichtet, die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits dem Grunde nach zu erstatten. Er hält die geltend gemachten Kosten für unbillig. Der Erinnerungsführer könne seine Rechte ausreichend wahren, dadurch dass er seinen Bevollmächtigten als Betreuer in Anspruch nimmt, dies gehöre zu dessen typischem Aufgabenkreis.
Mit Beschluss vom 27. November 2008 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unter Zurückweisung des Antrags im Übrigen insgesamt 345,10 Euro fest (170,00 Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG, 100,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG, 20,00 Euro Kommunikationspauschale, 55,10 Euro Umsatzsteuer). Die Vergütung für das Vorverfahren sei abzusetzen, sie erscheine nicht angemessen. Der Widerspruch sei an keine rechtlich schwierigen Anforderungen geknüpft, so dass ein ansonsten geeigneter Betreuer, der nicht Anwalt sei, diesen hätte selbst einlegen können. Die Einlegung von Widersprüchen könne üblicherweise von Laien vorgenommen werden und werde in der Regel auch selbständig wahrgenommen. Die Terminsgebühr sei bei angenommenem Anerkenntnis ohne Termin entsprechend des geringeren Aufwandes für den Bevollmächtigten herabzubemessen.
Die Erinnerung ist am 16. Dezember 2008 beim Sozialgericht Berlin eingegangen. Der Bevollmächtigte des Erinnerungsführers macht geltend, ein zum Betreuer bestellter Rechtsanwalt könne zwar nur Gebühren nach dem RVG für die Geschäfte erheben, für die ein ansonsten geeigneter Betreuer einen Rechtsanwalt beauftragt hätte. Die gelte jedoch nur für einfache rechtliche Angelegenheiten, was hier nicht der Fall sei. Zudem habe sich die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG an der Höhe der Verfahrensgebühr zu orientieren.
II.
Die zulässige Erinnerung hat teilweise Erfolg.
Die vom Erinnerungsgegner zu erstattenden Kosten sind auf den Betrag von 547,40 Euro laut nachstehender Berechnung festzusetzen:
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Für das Vorverfahren: |
Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG |
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180,00 Euro |
Kommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 Euro |
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG |
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38,00 Euro |
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Für das Klageverfahren: |
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG |
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110,00 Euro |
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG |
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130,00 Euro |
Kommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 Euro |
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG |
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49,40 Euro |
Zu Unrecht hat die Urkundsbeamtin die Hinzuziehungsnotwendigkeit für das Vorverfahren verneint. Diese folgt bereits aus der richterlichen Entscheidung vom 19. Dezember 2007 über die Verpflichtung des Erinnerungsgegners zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten. Die Hinzuziehungsnotwendigkeit eines Bevollmächtigten für ein sozialgerichtliches (Klage-) Verfahren regelt § 193 Abs. 3 SGG ausdrücklich. Danach ist die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistandes stets erstattungsfähig. Im Hinblick auf die Einheitlichkeit der Kostenentscheidung im gerichtlichen Verfahren sind hiervon au...