Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Anordnungsanspruch. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Ausländer bei Aufenthalt zur Arbeitsuche. Sozialhilfe. Leistungsausschluss für dem Grunde nach Leistungsberechtigte nach dem SGB 2. Leistungsausschluss nach § 23 Abs 3 S 1 SGB 12. keine Leistungsgewährung nach § 23 Abs 1 S 3 SGB 12. keine Ermessensreduzierung auf Null. fehlende Glaubhaftmachung der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit einer Rückkehr ins Herkunftsland
Leitsatz (amtlich)
1. Nach § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossene erwerbsfähige Unionsbürger haben grundsätzlich auch keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. § 21 S 1 SGB XII wie auch § 23 Abs 3 S 1 SGB XII stehen dem entgegen (Abweichung von BSG vom 3.12.2015 - B 4 AS 44/15 R = SozR 4-4200 § 7 Nr 43 und B 4 AS 59/13 R).
2. Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ist auch nicht verfassungsrechtlich geboten, wenn - wie hier - nicht glaubhaft gemacht ist, dass eine Rückkehr in den Herkunftsmitgliedstaat zum Zwecke der Existenzsicherung unmöglich oder unzumutbar wäre.
3. Eine überzeugende Grundlage für die generelle Annahme einer "Ermessensreduktion auf Null" ab einem sechsmonatigen Aufenthalt im Bundesgebiet ist nicht ersichtlich.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der bei Gericht am 28.12.2015 eingegangene sinngemäße Antrag,
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit ab Antragstellung bei Gericht bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens für die Dauer von sechs Monaten, Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XII) zu gewähren,
war abzulehnen, denn der Antragsteller hat vorliegend bereits einen Anordnungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Voraussetzung ist mithin das Vorliegen eines Anordnungsanspruches und eines Anordnungsgrundes, wobei der Anordnungsanspruch den materiellen Anspruch auf die Regelung an sich beinhaltet und der Anordnungsgrund ein besonderes Eilbedürfnis, also die Dringlichkeit der begehrten Regelung für den Antragsteller voraussetzt. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass durch eine einstweilige Anordnung grundsätzlich keine endgültige Entscheidung vorweggenommen werden darf. Sowohl Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG glaubhaft zu machen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze vermag die Kammer hier jedenfalls keinen Anordnungsanspruch zu erkennen.
Der Antragsteller hat weder einen Anspruch auf für erwerbsfähige Hilfebedürftige grundsätzlich vorrangige Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) gegen den Beigeladenen (hierzu sogleich unter 1.) noch einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB XII gegen den Antragsgegner (hierzu unter 2.) glaubhaft gemacht. Im Einzelnen:
1.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf die grundsätzlich vorrangigen Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II gegenüber dem nach § 75 SGG beigeladenen Jobcenter glaubhaft gemacht, denn er ist als lediglich zur Arbeitssuche im Bundesgebiet aufenthaltsberechtigter Unionsbürger von solchen Leistungen ausgeschlossen.
Nach § 19 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II insbesondere unter Berücksichtigung von Regelbedarf, Mehrbedarfen und des Bedarfs für Unterkunft und Heizung, soweit insbesondere das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen nicht ausreicht, diese Bedarfe zu decken.
Der am 21.12.1960 geborene Antragsteller, der spanischer Staatsangehöriger ist, hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet, § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II, und ist auch ein im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 SGB II erwerbsfähiger Leistungsberechtigter, denn er hat das 15. Lebensjahr vollendet, zugleich die für ihn nach § 7a SGB II maßgebliche Altersgrenze noch nicht erreicht, und ist mangels hinreichender entgegenstehender Anhaltspunkte in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, was ihm als Unionsbürger in Deutschland auch erlaubt ist (vgl. § 8 SGB II).
Der Antragsteller ist jedoch nach § 7 Abs.1 S. 2 Nr. 2...