Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Darlehen für Mietschulden. vergleichbare Notlage. Stromsperrung. ausgeschöpfte Selbsthilfemöglichkeiten
Leitsatz (amtlich)
1. Sind Selbsthilfemöglichkeiten des Betroffenen ausgeschöpft, kann der SGB 2-Träger bei vollzogener Energiesperre die Gewährung eines Darlehens zur Wiederherstellung der Versorgung nur in atypischen Fällen (zB wiederholte mutwillige Verschuldung) ablehnen.
2. Auf einen Eilantrag beim Zivilgericht kann der Antragsteller nur verwiesen werden, wenn Anhaltspunkte für eine verfahrensfehlerhafte Energiesperre ersichtlich sind.
3. Nach vollzogener Energiesperre hilft ein Wechsel des Energieversorgers nicht. § 14 Abs 4 StromNZV gibt keinen Anspruch auf Wiederherstellung der Versorgung.
Tenor
Der Antragsgegner wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, dem Antragsteller ein Darlehen über 1.412,54 € im Wege einer Direktzahlung an den Stromversorger zu gewähren.
Das Darlehen ist mit der Maßgabe zu gewähren, dass der Antragsteller dieses erst nach Rückzahlung der mit den Bescheiden vom 7.5.2015 und vom 16.12.2015 gewährten Darlehen tilgen muss.
Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
Gründe
I.
Der Antragsteller (Ast.) bezieht seit Jahren Leistungen nach dem SGB II. Er ist u. a. wegen einer Hirnschädigung und einer Anpassungsstörung schwerbehindert. Seit dem 30.6.2015 besteht eine Betreuung.
Die vom Ast. unterhaltene Wohnung verfügt für die Beheizung und das Kochen über eine Gastherme und einen Gaskochherd. Die Gasversorgung war wegen hoher Energieschulden gesperrt worden. Der Ast. hatte deshalb mit Strom (Ölradiator) geheizt und sein Essen auf Kochplatten zubereitet.
Wegen aufgelaufener Stromschulden, bedingt durch das Heizen mit Strom, hatte der Antragsgegner (Ag.) im Juni 2007 ein Darlehen über 2031,75 € gewährt, das mit Raten in Höhe von 10% der Regelleistung zu tilgen war.
Ein Antrag auf Übernahme von Schulden gegenüber dem Gasversorger vom 27.8.2010 war dagegen abgelehnt worden; der Ast. hätte die Altschulden aus Zeiträumen vor 2005 mit Einkommen aus Erwerbsarbeit tilgen können (Bescheid vom 15.9.2010).
Am 26.9.2013 hatte der Ast. ergänzend zu einem Anspruch auf Arbeitslosengeld, dem ein ausgeschöpfter Anspruch auf Krankengeld vorangegangen war, erneut Alg II beantragt. Zu diesem Zeitpunkt war die Gasversorgung nach wie vor gesperrt. Der Ast. hatte für die Versorgung mit Strom einen monatlichen Abschlag von 156 € zu leisten.
Alg II wurde laufend ohne Berücksichtigung von Kosten für die Gastherme und ohne Übernahme anteiliger Stromkosten für das Heizen bewilligt.
Ein Antrag auf Übernahme der Energierückstände gegenüber dem Stromversorger vom 28.10.2013, begründet mit dem hohen Verbrauch wegen Ausfall der Gasheizung, war vom Ag. abgelehnt worden; Haushaltsenergie müsse aus dem Regelbedarf bestritten werden, eine Übernahme von Heiz-Strom sei mangels separater Energiemessung nicht möglich (Bescheid vom 1.11.2013).
Einen erneuten Antrag auf Übernahme von Stromkostenrückständen stellte der Ast. am 16.4.2015, nachdem der Stromversorger eine Sperre der Versorgung angekündigt hatte.
Der Ag. gewährte für die im April 2015 aufgelaufenen Stromrückstände (318,50 €) ein Darlehen, das seit August 2015 mit einem monatlichen Betrag von 39,90 € mit den laufenden Regelleistungen verrechnet wird.
Außerdem bewilligte der Ag. zur Wiederherstellung der Gasversorgung ein Darlehen über 2.315,97 €, das ebenfalls seit August 2015 mit einem monatlichen Betrag von 39,90 € mit den laufenden Regelleistungen verrechnet wird. Hierbei handelt es sich um Energieschulden aus dem Jahr 2005 nebst seitdem aufgelaufener Zinsen und Nebenkosten.
Ein weiteres Darlehen über 139,21 € zur Wiederherstellung des Gasanschlusses und einer Überprüfung der Therme, zu tilgen ab 1.1.2016 mit monatlich 40,40 €, gewährte der Ag. mit Bescheid vom 16.12.2015.
Ausweislich der Stromverbrauchsrechnung über den Zeitraum 16.9.2014 bis 8.9.2015 hatte der Ast. eine Nachforderung in Höhe von 1.076,44 € bis zum 6.10.2015 zu zahlen. Der ab November 2015 zu zahlende Abschlag war auf 182 € monatlich heraufgesetzt worden.
Nachdem der Ast. am 3.12.2015 über ein Schreiben des Stromversorgers an seinen Betreuer erneut aufgefordert worden war, Stromrückstände in Höhe von 1.267,14 €, darunter der säumige Abschlag für November 2015 sowie Kosten für eine versuchte Energieunterbrechung im Juli 2015, zu begleichen, wurde die Stromversorgung nach Ankündigung am 14.12.2015 unterbrochen.
Mit Eilantrag bei Gericht vom 18.12.2015 fordert der Ast. die Übernahme der Kosten für die Stromrückstände, weil ihm in der Vergangenheit zu Unrecht keine Kosten für das Heizen gewährt worden seien und weil ohne Strom auch die Gastherme nicht in Betrieb genommen werden könne.
Der Ag. wendet ein, dass dem Rechtsschutz beim Sozialgericht eine Selbsthilfe durch Wechsel des Stromanbieters und Beseitigung der Sperre durch Anordnung eines Zivilgerichts vorgingen. Mit dem Darlehen f...