Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung des Arbeitslosengeld II. Nichterfüllung von Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung oder dem Ersetzungsbescheid. keine Inzidentprüfung der Rechtmäßigkeit des Ersetzungsbescheides. Wirksamkeit und Bindungswirkung des Ersetzungsbescheides. Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid beinhaltet keinen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB 10
Leitsatz (amtlich)
Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Minderung des Arbeitslosengeldes II wegen der Weigerung der Erfüllung einer Pflicht aus einem Eingliederungsverwaltungsakt ist dessen Rechtmäßigkeit nicht inzident zu prüfen.
Orientierungssatz
Az beim LSG: L 26 AS 1921/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Aufhebung eines Minderungsbescheides für Oktober bis Dezember 2013 in Höhe von 114,60 EUR monatlich.
Der am 1953 geborene Kläger bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der Beklagte erließ am 8. April 2013 gegenüber dem Kläger einen eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt. Dadurch wurde der Kläger verpflichtet, während der Gültigkeitsdauer der Eingliederungsvereinbarung ab Zugang der Eingliederungsvereinbarung mindestens 10 Bewerbungsbemühungen pro Kalendermonat (schriftlich, persönlich, telefonisch) um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und hierüber monatlich schriftliche Nachweislisten in der Arbeitsvermittlung vorzulegen. Danach sind die schriftlichen Nachweislisten über die Bewerbungsbemühungen des Klägers bis spätestens zum Sechsten eines jeden Folgemonats in der Arbeitsvermittlung per Fax, per E-Mail oder per Post einzureichen. Eine Regelung über die Tragung etwaiger Kosten der Bewerbungsbemühungen des Klägers findet sich in dem Eingliederungsverwaltungsakt nicht. Der Eingliederungsverwaltungsakt enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung, in der der Kläger darüber belehrt worden ist, dass das ihm zustehende Arbeitslosengeld II um einen Betrag in Höhe von 30 Prozent des für ihn maßgebenden Regelbedarfs zu Sicherung des Lebensunterhalts gemindert würde, wenn er erstmals gegen die mit ihm vereinbarten Eingliederungsbemühungen verstößt.
Widerspruch und die bereits am 4. April 2013 erhobene Klage des Klägers gegen den Eingliederungsverwaltungsakt blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 10. Mai 2013; Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 31. Januar 2014 - S 190 AS 8505/13 ).
Mit Schreiben vom 7. Juli 2013 hörte der Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Minderung des Arbeitslosengeldes II an. Mit Eingliederungsverwaltungsakt vom 8. April 2013 sei festgelegt worden, dass der Kläger selbstständige Bemühungen zur Aufnahme einer Arbeit nachweisen müsse. Dies habe der Kläger für die Kalendermonate Mai und Juni 2013 nicht getan.
Mit Bescheid vom 10. September 2013 minderte der Beklagte das Arbeitslosengeld II des Klägers für den Zeitraum vom 1. Oktober 2013 bis 31. Dezember 2013 um 30 Prozent des für ihn maßgebenden Regelbedarfs. Daraus ergebe sich eine Minderung des Arbeitslosengeldes II in Höhe von 114,60 EUR monatlich. Der Kläger habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die in dem eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt vom 8. April 2013 festgelegten Pflichten nicht umfassend erfüllt. Er habe nicht mindestens 10 Bewerbungsbemühungen für die Kalendermonate Mai und Juni 2013 bei dem Beklagten eingereicht.
Mit Bewilligungsbescheid vom 13. September 2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld II unter anderem für Oktober bis Dezember 2013. Für diese Zeit berücksichtigte der Beklagte bei der Berechnung einen “Minderungsbetrag aufgrund von Sanktionen„ in Höhe von 114,60 EUR.
Gegen den Sanktionsbescheid erhob der Kläger Widerspruch. Die Eingliederungsvereinbarung vom 8. April 2013 sei nicht eindeutig. Der diese ersetzende Verwaltungsakt sei nicht hinreichend bestimmt, da nicht klargestellt worden sei, wer die Kosten der Eigenbemühungen zu tragen habe. Zudem sei die Eingliederungsvereinbarung nicht ordnungsgemäß zu Stande gekommen, da die Verhandlungsphase zwischen dem Kläger und dem Beklagten noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Es fehle schließlich an einer konkreten Rechtsfolgenbelehrung.
Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 20. November 2013 - W-92210-05566/13). Der Beklagte sei zum Erlass eines Verwaltungsakts berechtigt gewesen, da die Eingliederungsvereinbarung nicht zu Stande gekommen sei. Er habe am 18. März 2013 mit dem Kläger im persönlichen Gespräch die zukünftige Strategie besprochen. Der Kläger habe die Eingliederungsvereinbarung bis zum 2. April 2013 unterzeichnen sollen, da er eine sofortige Unterzeichnung abgelehnt habe. Weder habe der Kläger die Eingliederungsvereinbarung eingereicht, noch sei eine Rücksprache erfolgt, so dass weitere Verhandlungen über den Inhalt der ...