Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Vergütung für den Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin. Regelleistungsvolumen (RLV) 2009 und 2010. Zuweisungsfrist. Berechnung des Fallwerts. Zuschlag für fachgleiche Berufsausübungsgemeinschaften. Trennungsfaktor. Morbiditätsfaktor. Honorarverteilungsgerechtigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Rechtmäßigkeit der Zuweisung des RLV in den Jahren 2009 und 2010 für den Bereich der KV Berlin (hier bejaht).
2. Bei der Frist für die Zuweisung des RLV gemäß § 87b Abs 5 S 1 SGB 5 handelt es sich um eine bloße Ordnungsfrist (vgl BSG vom 15.8.2012 - B 6 KA 38/11 R = SozR 4-2500 § 87b Nr 1).
3. Die Berechnung des RLV-Fallwerts der Arztgruppe der Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Rheumatologie (Arztgruppe 24) für den Bereich der KV Berlin in den Jahren 2009 und 2010 war rechtmäßig. Besonderen Versorgungsstrukturen und der Vermeidung existenzbedrohender Honorarverluste im Einzelfall wurde durch die Regelungen zum Ausgleich von Praxisbesonderheiten, von Fallzahlerhöhungen aus besonderen Gründen und von überproportionalen Honorarverlusten ausreichend Rechnung getragen. Für die Anerkennung eines allgemeinen Härtefalls ist daneben nur in Ausnahmefällen aus Gründen der Sicherstellung Raum (vgl BSG vom 8.2.2012 - B 6 KA 14/11 R = SozR 4-2500 § 85 Nr 69).
4. Sofern der RLV-Fallwert die Versicherten- und Grundpauschalen der jeweiligen Arztgruppe Jahren 2009 und 2010 teilweise unterschritten hat, ist der (erweiterte) Bewertungsausschuss mit den Konvergenzbeschlüssen vom 15.1.2009 und vom 27.2.2009 und später mit der Einführung der qualifikationsgebundenen Zusatzvolumina (QZVs) ab dem Quartal III/2010 mit Beschluss vom 26.3.2010 jedenfalls seiner Beobachtungs- und Reaktionspflicht ausreichend nachgekommen (Anschluss an SG Marburg vom 6.10.2010 - S 11 KA 340/09).
5. Die Berechnung des Morbiditätsfaktors ausschließlich unter Berücksichtigung des Alters und nicht auch des Geschlechts ist unter Berücksichtigung des dem (erweiterten) Bewertungsausschuss zustehenden Gestaltungsspielraums nicht zu beanstanden (Anschluss an SG Marburg vom 6.10.2010 -S 11 KA 340/09 aaO).
6. Die Berechnung des Trennungsfaktors für die Aufteilung des RLV-Vergütungsvolumens auf den hausärztlichen und den fachärztlichen Versorgungsbereich auf Grundlage der Richtlinie der KBV vom 25.11.2008 (ohne Berücksichtigung der extrabudgetären Leistungen) ist rechtlich nicht zu beanstanden (Anschluss an SG München vom 14.7.2010 - S 38 KA 114/10, unveröffentlicht).
7. Die Einbeziehung von Einrichtungen nach § 311 Abs 2 SGB 5 und von ermächtigten Ärzten und Einrichtungen in die RLV-Vergütung verstößt nicht gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit.
8. Das Gericht ist auf bloße unsubstantiierte Zweifel hinsichtlich der Höhe der Vorwegabzüge und Rückstellungen nicht verpflichtet, quasi "ins Blaue hinein" Ermittlungen hierzu anzustellen.
9. Der zehnprozentige Zuschlag auf das RLV steht gem § 5 Abs 4 Buchst c des HVV 2009 für den Bezirk der KV Berlin für die Quartale I/2009 und II/2009 nur solchen fachgleichen Berufsausübungsgemeinschaften zu, die bis zum 30.6.2008 keiner leistungserbringerbezogenen Leistungskennzeichnung unterlagen. Dies war bei einer erst nach diesem Zeitpunkt gegründeten (fachgleichen) Berufsausübungsgemeinschaft zweier zuvor nicht in einer Berufsausübungsgemeinschaft tätiger Ärzte nicht der Fall. Die Regelung in § 5 Abs 4 Buchst c des HVV 2009 steht mit den Vorgaben des (erweiterten) Bewertungsausschusses in den Beschlüssen vom 27./28.8.2008 und vom 17.10.2008 in Einklang.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Festsetzung des Regelleistungsvolumens (RLV) der klagenden (ehemaligen) Berufsausübungsgemeinschaft für die Quartale II/2009 bis IV/2010.
Die Klägerin nahm ab dem 01.04.2009 als fachgleiche Berufsausübungsgemeinschaft zweier im Rahmen einer Sonderbedarfszulassung zugelassener Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Rheumatologie im Verwaltungsbezirk … an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Herr R war zuvor im Rahmen einer Einzelpraxis tätig, Herr Dr. H wurde zum 01.04.2009 neu zugelassen.
Für die Quartale II/2009 bis IV/2010 wies die Beklagte der Klägerin folgende RLV zu:
|
Quartal |
Bescheid(e) vom |
RLV-Fallwert der Arztgruppe |
RLV |
II/2009 |
27.02.2009 und Änderungsbescheid vom 06.04.2009 |
44,24 € |
37.994,20 € |
III/2009 |
04.06.2009 |
39,02 € |
36.787,32 € |
IV/2009 |
01.09.2009 |
39,41 € |
36.366,55 € |
I/2010 |
15.12.2009 |
33,26 € |
33.152,04 € |
II/2010 |
24.03.2010 |
37,47 € |
34.504,78 € |
III/2010 |
24.06.2010 |
34,65 € |
37.802,73 € |
IV/2010 |
03.09.2010 |
42,20 € |
53.210,06 € |
Das RLV der Klägerin berechnete die Beklagte unter Zugrundelegung der jeweiligen arztindividuellen Fallzahl des Vorjahresquartals und des RLV-Fallwerts der Arztgruppe 24 (Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Rheumatologie). Da Dr. H zum 01.04.2009 neu zugelassen worden war, legte die Beklagt...