Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Ausstellung einer elektronischen Gesundheitskarte. Speicherung und Löschung eines Lichtbildes
Leitsatz (amtlich)
1. Sobald eine Krankenkasse die elektronische Gesundheitskarte mit einem Lichtbild des Versicherten ausgestellt hat, hat die Krankenkasse das Lichtbild zu löschen.
2. Die Speicherung des Lichtbildes bzw die Kenntnis des äußeren Erscheinungsbildes eines Versicherten ist für die Krankenkasse nur bis zur Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarte notwendig.
3. Die fortwährende Speicherung kann nicht damit begründet werden, dass auf diese Weise im Bedarfsfall die Ausstellung einer Ersatzkarte erfolgen kann.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 14.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2016 verurteilt, die ihr bisher und zukünftig überlassenen Lichtbilder sowie etwa angefertigte Kopien nach der einmaligen Anfertigung einer elektronischen Gesundheitskarte unverzüglich zu löschen.
Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Im Mai 2012 verlangte die Beklagte von dem Kläger erstmals die Übersendung eines Passbildes zwecks Ausstellung einer elektronischen Gesundheitskarte. Diesem Ansinnen kam der Kläger zunächst nicht nach. Seit März 2014 verfügt er nicht mehr über eine gültige Krankenkassenkarte.
Der Kläger übersandte der Beklagten erstmals mit Schreiben vom 02.02.2016 Lichtbilder, die freilich sehr unscharf waren, so dass das Gesicht der abgebildeten Person nicht identifizierbar war. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 12.02.2016 mit, dass das übersandte Foto nicht verwertbar sei, und bat um Übersendung eines neuen Passbildes.
Mit Schreiben vom 08.03.2016 und vom 15.04.2016 übersandte der Kläger der Beklagten wiederum unscharfe Fotos und verlangte die Einhaltung folgender Bedingungen:
|
- |
|
Die Bilder oder ihre Kopien dürften nicht benutzt werden außer zur erstmaligen Erstellung einer Gesundheitskarte. |
|
- |
|
Eine anderweitige Verwendung, Aufbewahrung, Speicherung, Weitergabe etc. der Bilder oder ihrer Kopien und Abkömmlingen bei der Beklagten oder Dritte sei nicht erlaubt. |
|
- |
|
Die Bilder und ihre etwaige Kopien oder Abkömmlinge seien unmittelbar nach der erstmaligen Ausstellung einer Gesundheitskarte unverzüglich und unwiederbringlich zu löschen. Weder bei der Beklagten noch Dritten dürften analoge oder digitale Abbildungen in verschlüsselter oder unverschlüsselter Form verbleiben. |
|
- |
|
Dies gelte auch im Fall, dass die Bilder nicht zu dem einzig erlaubten Zweck verwendet würden. |
Der Kläger bot an, dass die elektronische Gesundheitskarte mit einem Hinweis versehen werden könne, dass die Identitätsprüfung mit einem Personalausweis zu erfolgen habe. Das Ergebnis einer solchen Identitätsprüfung sei wesentlich weniger missbrauchsanfällig.
Mit Schreiben vom 04.05.2016 erklärte die Beklagte, dass der “Widerspruch„ vom 15.04.2016 unzulässig sei, da kein Verwaltungsakt vorliege. Sie bat erneut um Übersendung eines Passbildes zur leichteren Prüfung der Identität des Versicherten durch die Arztpraxen und fügte Informationsblätter zur elektronischen Gesundheitskarte und zur Datensicherheit bei.
Mit Schreiben vom 19.05.2016 erklärte der Kläger, sein Schreiben vom 15.04.2016 habe er nicht als förmlichen Widerspruch verstanden. Er bat um Mitteilung einer allgemeinverbindlichen gesetzlichen Grundlage für die Kriterien, die ein Lichtbild erfüllen müsse. In § 291 SGB V stehe nur “Lichtbild„. Er bat ferner vor dem erneuten Versand eines Lichtbildes um Erklärung, ob die Bedingungen des Klägers bezüglich Verwendung und Speicherung eines Lichtbildes eingehalten würden.
Mit Schreiben vom 14.07.2016 erklärte die Beklagte, dass das mit Schreiben vom 08.03.2016 eingereichte Passbild nicht für die Gesundheitskarte verwendet werden könne, da es so unscharf sei, dass der Kläger nicht zu erkennen sei. Es sei lediglich schemenhaft ein Umriss einer Person zu erkennen. Es sei den Krankenkassen überlassen worden, ein geeignetes Verfahren für die Übermittlung sowie für die Bildbeurteilung einzusetzen. Es sollte ein Foto verwendet werden, das einem Passbild entspreche und folgende Voraussetzungen erfülle: ca. 45 mm x 35 mm groß, farbig oder schwarz-weiß, möglichst mit neutralem Hintergrund, Gesicht klar erkennbar und von vorn fotografiert. Es wurde um Übersendung eines geeigneten Fotos gebeten.
Der Antrag, das zugeschickte Passbild nach Erstellung der ersten elektronischen Gesundheitskarte wieder zu löschen, müsse abgelehnt werden. Gemäß § 284 SGB V sei die Beklagte für die Dauer der Mitgliedschaft des Klägers verpflichtet, das Passbild in verschlüsselter Form zu speichern, damit sie im Bedarfsfall kurzfristig wieder eine neue elektronische Gesundheitskarte ausstellen könne. Die Daten des Klägers würden gemäß den geltenden Datenschutzbestimmungen gespeichert, so dass im Hause der Beklagten das Passbild nur zur Erstellung einer elektronischen Gesundheitskarte...