Entscheidungsstichwort (Thema)

Wegfall des Arbeitslosengeld II. Rechtswidrigkeit der Sanktion nach wiederholter Pflichtverletzung. Veranlassung des Abbruchs einer Eingliederungsmaßnahme durch Nichterscheinen. junger Erwachsener. Unzumutbarkeit der Vollzeitmaßnahme. fehlende Eignung. Zusammenarbeit mit Jugendhilfeträger

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Zuweisung einer Vollzeitmaßnahme ist einem Unter-25-Jährigen nicht zumutbar, wenn dieser nicht schulfähig gewesen ist und bereits mehrere Eingliederungsversuche gescheitert sind.

2. Entzieht sich ein Unter-25-Jähriger beharrlich den Eingliederungsversuchen des Grundsicherungsträgers, so ist dieser gehalten, mit dem Jugendhilfeträger zu erörtern, ob und ggf welche Leistungen der Jugendhilfe in Betracht kommen.

 

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 30. Oktober 2014 gegen den Minderungsbescheid des Antragsgegners vom 20. Oktober 2014 wird angeordnet.

Der Antragsgegner erstattet die außergerichtlichen notwendigen Kosten des Antragstellers.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich mit seinem Antrag gegen den vom Antragsgegner mit Bescheid vom 20. Oktober 2014 festgestellten vollständigen Wegfall seines Arbeitslosengeldes II (Sanktion).

Der 22jährige Antragsteller steht bei dem Antragsgegner seit dem 1. April 2011 im Leistungsbezug. Zuvor lebte er in U. im “H.„. Dabei handelt es sich um ein Schul- und Werkstattprojekt für nicht schulfähige junge Menschen. Der Landkreis G. teilte mit, dass die seit dem 3. November 2007 laufende stationäre Jugendhilfemaßnahme am 28. Februar 2011 beendet werde. Ein sozialpädagogischer Hilfebedarf liege aus sozialpädagogischer Sicht nicht mehr vor. Eine Rückkehr in den mütterlichen Haushalt komme nicht in Frage, da das Mutter-Sohn-Verhältnis nachhaltig zerrüttet sei. Der Antragsteller mietete zum 1. April 2011 eine Wohnung in B. an. Der Antragsgegner gewährte ein Darlehen für die vom Vermieter geforderte Kaution in Höhe von 380,00 €. Der Antragsteller unterschrieb, dass er damit einverstanden sei, dass das Darlehen durch Einbehaltungen in Höhe von 15.00 € monatlich zurück gezahlt werde. Der Antragsteller nahm in der Folgezeit zahlreiche Meldetermine nicht wahr, der Antragsgegner minderte daraufhin das Arbeitslosengeld jeweils um 10% (Sanktion) der Regelleistung. Aufgrund von Stromschulden gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller ein Darlehen, von den dem Antragsteller zustehenden Leistungen wurden in der Folge monatlich weitere 37,40 € einbehalten. Eingliederungsvereinbarungen kamen nur per Verwaltungsakt zustande. Der Antragsteller nahm an darin festgelegten Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit nicht teil, sodass sein Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Mai 2012 bis zum 31. Juli 2012 auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt wurde. Nach einer Sperrankündigung des Stromanbieters bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller erneut ein Darlehen in Höhe von 789,98 € und behielt sodann ab dem 1. Januar 2013 zum Zwecke der Rückzahlung monatlich 38,20 € der dem Antragsteller zustehenden Leistungen ein. Der monatliche Abschlag für Strom in Höhe von 63,00 € überwies der Antragsgegner (von den Leistungen des Antragstellers) direkt an den Stromanbieter. In der Zeit vom Juli 2013 bis September 2013 erhielt der Antragsteller keine Leistungen. Er hatte im Februar 2013 eine Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht angetreten, sodass der Antragsgegner die Leistungen für drei Monate vollständig minderte (Sanktion). Der Antragsteller erhielt in der Zeit mehrere Lebensmittelgutscheine. Es folgten weitere Sanktionen (Minderung um 10%), weil der Antragsteller nicht zu Meldeterminen erschien. Mit Bescheid vom 22. Januar 2014 minderte der Antragsgegner das dem Antragsteller zustehende Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. Februar 2014 bis zum 30. April 2014 erneut um 100%. Der Antragsteller hatte an einer Ausbildungs- und Arbeitsmarktbörse nicht teilgenommen.

Am 27. Mai 2014 erließ der Antragsgegner eine “Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt.„ Die darin enthaltenen Feststellungen gelten für die Zeit vom 27. Mai 2014 bis zum 30. Juni 2015. Unter “Bemühungen von D.„ heißt es: “Sie nehmen an der Maßnahme: MAT Jugendwerkstatt gemäß § 16 Absatz 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB III zur beruflichen Eingliederung teil. Die Maßnahme soll ihre berufliche Eingliederung durch Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt unterstützen. Inhalt der Maßnahme ist: Praktische Arbeiten im Bereich der Hauswirtschaft, Holzwerkstatt und im Naturschutz, sowie Theorieteil; Zweck der Maßnahme ist: Hilfe zur Verbesserung der Eingliederungschancen in Arbeit oder Ausbildung; bei Jugendwerkstatt G. in 38XXX G., M.. 6 vom 05.06.2014 bis 04.06.2015.„ Mit Bescheid ebenfalls vom 27. Mai 2014 bot der Antragsgegner dem Antragsteller eine “Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung gem. § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 Abs. 1 S. 1. Nr. 1 SGB III„ an. Als zeitlichen Umfang ist “Vollzeit„ angegeben. Der Maßnahmebeginn ist der 4. Juni 2014, ...

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