Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit eines Verzichts auf Leistungen des SGB 2

 

Orientierungssatz

1. Auf Ansprüche auf Sozialleistungen kann durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger verzichtet werden. Es wird allein der Entscheidung des Leistungsempfängers überlassen, ob er sich in der Lage sieht, seinen Lebensunterhalt ohne den Betrag, auf den er verzichtet hat, zu bestreiten.

2. Auch bei Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB 2 ist ein Verzicht zulässig. Der Leistungsempfänger bleibt ausreichend geschützt, weil der Verzicht jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden kann.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerinnen begehren die Auszahlung eines einbehaltenen Betrages.

Die Klägerin zu 1. lebt zusammen mit ihrer minderjährigen Tochter, der Klägerin zu 2.. beide beziehen von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch (SGB II).

Die Klägerinnen wollten umziehen. Die Beklagte teilte den Klägerinnen mit Schreiben vom 10.10.2006 mit, dass sie eine Wohnung anmieten können. Am 23.10.2006 stellten sie einen Antrag auf Feststellung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung für die von ihnen ausgewählte Wohnung. Die Klägerin zu 1. unterzeichnete am, 26.10.2006 den Mietvertrag.

Die Beklagte erteilt am 30.10.2006 eine Zusicherung zur Übernahme der Unterkunfts- und Heizkosten. Am gleichen Tag stellte die Klägerin zu 1. einen Antrag auf Übernahme der Mietkaution. Dabei unterzeichnete sie eine Einverständniserklärung zur vorzeitigen Rückzahlung der Mietkaution durch Einbehaltung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 20,00 €. In dem Erklärungsvordruck wird ausgeführt, dass dieses Einverständnis freiwillig abgegeben werden kann. Zudem ließ sich die Beklagte den Rückzahlungsanspruch bzgl. der Mietkaution gegen den Vermieter abtreten.

Mit Bescheid vom 01.02.2007 gewährte die Beklagte hinsichtlich der Mietkaution in Höhe von 350,00 € ein Darlehen und legte fest, dass die Tilgung durch Einbehaltung von laufenden Leistungen in Höhe von monatlich 20,00 € ab dem 01.03.2007 erfolgt. Mit Schreiben vom 09.01.2008 widerrief die Klägerin zu 1. die Einbehaltung des monatlichen Betrages von 20,00 €. Die Beklagte stellte bereits zum Januar 2008 die Einbehaltung ein und zahlte der Klägerin zu 1. für Januar einen Betrag von 20,00 € aus.

Am 22.09.2008 haben die Klägerinnen Klage erhoben.

Zur Begründung führen der Prozessbevollmächtigte aus, möglicherweise sei die Klägerin zu 1. falsch beraten worden, als sie die Erklärung unterschrieben hätte, so dass ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch in Betracht komme. Der Vordruck sei nicht von der Klägerin zu 1. selbst ausgefüllt worden. Er werde noch vortragen, ob sie tatsächlich falsch beraten worden sei. Die Beklagte habe sich zudem den Rückzahlungsanspruch bzgl. der Mietkaution abtreten lassen. Es handele sich um eine unzulässige Rechtsausübung, wenn dann noch laufende Leistungen einbehalten werden, da die Beklagte auf diese Weise doppelt abgesichert sei.

Die Klägerinnen beantragen,

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger die einbehaltenen Beträge in Höhe von monatlich 20,00 € für den Zeitraum von März 2007 bis Dezember 2007, insgesamt 200,00 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie führt aus, für den Zeitraum von März bis Dezember 2007 liege ein wirksamer Verzicht auf Leistungen nach dem SGB II vor. Aus dem Vordruck ergebe sich eindeutig, dass es eine freiwillige Vereinbarung gewesen sei.

Im Rahmen einer Erörterungstermins am 10.06.2009 erklärten sich die Beteiligten mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Wegen des weiteren Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen ergänzend Bezug genommen auf die Prozessakte des Klageverfahrens sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

 

Entscheidungsgründe

Die Klagen sind zulässig, jedoch unbegründet.

Zulässige Klageart ist hier die allgemeine Leistungsklage gemäß § 54 Absatz 5 SGG. Die Klägerinnen begehren die Zahlung von monatlichen Teilbeträgen, die die Beklagte bereits mit Bewilligungsbescheiden gewährt, jedoch nicht ausgezahlt hatte.

Die Klägerinnen haben jedoch keinen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 200,00 € aufgrund der monatlich einbehaltenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

Die Klägerin zu 2. hat schon allein aus dem Grund keinen Anspruch auf Auszahlung. da die Beklagte von den ihr gewährten Leistungen keine Teilbeträge einbehalten hat, sondern lediglich von denen der Klägerin zu 1. bewilligten Leistungen.

Die Klägerin zu 1. erklärte sich damit einverstanden, dass laufende Leistungen in Höhe von monatlich 20,00 € einbehalten werden. Sie hat nicht ausdrücklich erklärt, dass auch Leistungen ihrer Tochter, der Klägerin zu 2., deren gesetzliche Vertretung sie übernimmt, einbe...

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