Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Bedarfsgemeinschaft aus Leistungsberechtigten nach SGB 2 und AsylbLG. Höhe der Regelleistung. kein Mischregelsatz
Leitsatz (amtlich)
Besteht die Bedarfsgemeinschaft aus einem Leistungsberechtigten nach dem SGB 2 und einem Leistungsberechtigten nach § 3 AsylbLG ist dem Leistungsberechtigten nach dem SGB 2 der volle Regelbedarf zu gewähren. Dies folgt für die Rechtslage ab dem 1.1.2011 aus dem Wortlaut von § 20 Abs 4 SGB 2.
Orientierungssatz
Der Regelsatz des § 20 Abs 3 SGB 2 aF gilt nicht für eine Bedarfsgemeinschaft, in der ein Partner Arbeitslosengeld II und der andere Partner nur Leistungen nach dem AsylbLG bezieht.
Tenor
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig für die Zeit ab dem 15.06.2011 bis zum 30.11.2011 Leistungen nach dem SGB II unter Zugrundelegung eines Regelbedarfs in Höhe von 364,- Euro zu gewähren.
Die Bewilligung erfolgt vorläufig und steht unter dem Vorbehalt der Rückforderung.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Der Antragstellerin wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt B. als Prozessbevollmächtigter beigeordnet.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Die 1990 geborene Antragstellerin steht im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II. Sie lebt zusammen mit ihrem 1986 geborenen Ehemann und dem gemeinsamen Sohn in einer gemeinsamen Wohnung. Der Ehemann bezieht Leistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Mit Bescheid vom 16.05.2011 bewilligte der Antragsgegner für die Antragstellerin und ihren Sohn vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06.2011 bis zum 30.11.2011. Als Grund für die Vorläufigkeit der Bewilligung gibt der Bescheid die fehlende Vorlage des Elterngeldbescheides an. Hinsichtlich der Höhe der Regelleistung für die Antragstellerin wurde der Leistungsberechnung ein Betrag in Höhe von 328,- Euro zu Grunde gelegt. Gegen diesen Bescheid legte die anwaltlich vertretene Antragstellerin am 19.05.2011 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, der Bewilligungsbescheid insoweit rechtswidrig sei, als ihr nur der Mischregelsatz in Höhe von 90 V.H. der vollen Regelleistung bewilligt worden sei. Die Antragstellerin lebe in Bedarfsgemeinschaft mit einem Leistungsberechtigten nach § 3 AsylbLG und sei so mittelbar von den niedrigeren AsylbLG-Leistungen betroffen. § 20 Abs. 3 SGB II sei in derartigen gemischten Bedarfsgemeinschaften nicht anwendbar. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.06.2011 wies der Antragsgegner den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der Ehemann der Antragstellerin nach § 7 Abs. 3 SGB II zur Bedarfsgemeinschaft gehöre. Da er Leistungen nach dem AsylbLG erhalte sei er nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II, da der Ausschlussgrund des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II eingreife. Nach § 20 Abs. 4 SGB II sei der Regelbedarf auf 90 v.H. zu beschränken, sofern zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet haben. Da die Antragstellerin und ihr Ehemann beide volljährig seien, sei diese Vorschrift zur Anwendung zu bringen. Am 07.06.2011 erließ der Antragsgegner einen Änderungsbescheid zum Bescheid vom 07.06.2011, mit dem die endgültige Leistungsbewilligung erfolgte. Auch in diesem Bescheid legte der Antragsgegner der Leistungsberechnung für die Antragstellerin einen Regelbedarf in Höhe von 328,- Euro zu Grunde.
Der Bescheid enthält als Rechtsbehelfsbelehrung den Hinweis, dass der Änderungsbescheid nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden sei.
Die Antragstellerin hat am 15.06.2011 um einstweiligen Rechtsschutz vor dem Sozialgericht Bremen ersucht. Zur Begründung wiederholt sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Sie weist zudem auf eine Entscheidungen des SG Oldenburg (Urteil vom 24.04.2009, Az.: S 49 AS 172/09) und eine Entscheidung der erkennenden Kammer (SG Bremen, Beschluss vom 05.07.2010, Az.: S 22 AS 1223/10 ER) hin. Zudem verweist sie auf einen sie selbst betreffenden Beschluss des SG Bremen vom 20.05.2011, Az.: S 28 AS 775/11 ER.
Die Antragstellerin beantragt,
1.
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bei der Berechnung der SGB II-Leistungen der Antragstellerin ab 01.06.2011 den vollen Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen der Leistungsberechnung zu Grunde zu legen und entsprechend berechnete Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen und auszuzahlen,
2.
der Antragstellerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, dass der Gesetzeswortlaut von § 20 Abs. 4 SGB II n.F. eindeutig sei. Soweit darauf hingewiesen werde, dass d...