Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Versicherungspflicht wegen Bezuges von Arbeitslosengeld II. selbständige Tätigkeit nicht bis unmittelbar vor ALG II-Bezug. Geltung des Ausschlusstatbestandes nach § 5 Abs 5a S 1 SGB 5
Leitsatz (amtlich)
§ 5 Abs 5a SGB 5 ist auch auf ehemals Selbständige anwendbar, die nicht unmittelbar vor dem ALG-II-Bezug selbständig tätig waren. Entscheidend ist nur, dass sie zuletzt vor der Antragstellung selbständig gewesen sind (Anschluss an LSG Essen vom 23.8.2010 - L 16 KR 329/10 B ER = PFB 2010, 310 und vom 30.4.2012 - L 16 KR 134/12 B ER).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Aufnahme in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung der Beklagten.
Der am … 1951 geborene Kläger ist gelernter Einzelhandelskaufmann. Er war ursprünglich selbständig tätig und betrieb ein Tabakwarengeschäft in A-Stadt. Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten gab der Kläger sein Geschäft Ostern 2008 auf. Anschließend lebte er bis zum 28.05.2009 von Unterstützungsleistungen durch seine Familie. Er bezog bis zu diesem Datum keinerlei Sozialleistungen. Seit dem 28.05.2009 bezieht der Kläger Leistungen nach dem So-zialgesetzbuch (SGB) II. In der Zeit vom 01.01.2004 bis 31.10.2007 war der Kläger bei der Continentale Krankenversicherung a.G. privat kranken- und pflegeversichert. Seit dem 01.07.2009 ist er bei dieser wiederum im Basistarif kranken- und pflegeversichert. In der Zwi-schenzeit bestand keinerlei private oder gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung.
Am 01.03.2010 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Mitgliedschaft. In diesem gab er zunächst an, von 2005 bis 2009 bei den Viktoria Versicherungen privat krankenversichert gewesen zu sein. Mit Bescheid vom 11.03.2010 lehnte die Beklagte den Antrag hinsichtlich einer freiwilligen Versicherung ab. Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig würden, seien versicherungsfrei, wenn sie in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert gewesen waren. Weitere Voraus-setzung sei, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder hauptberuflich selbständig erwerbstätig waren. Da der Kläger zuletzt in der privaten Krankenversicherung als Selbständiger versichert gewesen sei, gelte er als versicherungsfrei. Eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung sei daher leider nicht möglich.
Mit weiterem Bescheid vom 12.03.2010 lehnte die Beklagte zudem eine Aufnahme in die ge-setzliche Kranken- und Pflegeversicherung auch im Übrigen ab. Der Kläger gehöre als ALG II- Bezieher zwar gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V grundsätzlich zum versicherungspflichtigen Personenkreis. Da sein privater Krankenversicherungsschutz bis unmittelbar vor Beginn des ALG II-Bezuges vorgelegen habe, bestehe gemäß § 5 Abs. 5a SGB V kein Versicherungsschutz.
Gegen die Bescheide legte der Kläger mit Schreiben vom 12.04.2010 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. In diesem wiederholt sie im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren.
Am 05.02.2011 hat der Kläger schließlich die vorliegende Klage beim Sozialgericht Bremen erhoben. § 5 Abs. 5a SGB V sei nicht einschlägig, da der Kläger zum Zeitpunkt der ALG II-Antragstellung nicht mehr selbständig gewesen sei. Vielmehr greife § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bzw. § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V ein.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.03.2010 in der Gestalt des Bescheides vom 12.03.2010 und des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2011 festzustellen, dass er bei der Beklagten in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 01.03.2010 versichert ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag. Ergänzend trägt sie vor, dass eine freiwillige Versi-cherung bereits deshalb nicht gegeben sei, da die Voraussetzungen von § 9 SGB II nicht erfüllt seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreits wird auf den Inhalt der Verwaltungsvor-gänge der Beklagten und die Gerichtsakte des Gerichts verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist nicht seit dem 01.03.2010 bei der Beklagten gesetzlich kranken- und pflegeversichert.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V sind Personen, in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch beziehen, soweit sie nicht familienversichert sein, versicherungspflichtig, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB II bezogen werden; Dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist.
Der Kläger bezieht seit dem 28.05.2009 zuschussweise Arbeitslosengeld II und ist nicht fami-lienversichert. Damit wäre er grundsätzli...