Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Beteiligtenfähigkeit der Arbeitsgemeinschaft nach Kreisgebietsreform in Sachsen. kein Leistungsausschluss für Auszubildende bei Teilnahme an Einstiegsqualifizierung nach EQJR. Anwendungsbereich der §§ 22 Abs 2a, 20 Abs 2a SGB 2 bei Auszug aus Elternhaushalt. Einkommens- oder Vermögensberücksichtigung bei Zufluss im Antragsmonat. Rundung gem § 41 Abs 2 SGB 2

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Beteiligtenfähigkeit der Arbeitsgemeinschaften (ARGE) nach der Neugliederung des Gebietes der Landkreise des Freistaates Sachsen durch das Gesetz zur Neugliederung des Gebietes der Landkreise des Freistaates Sachsen (LKrGebNGlG SN).

2. Die Teilnahme an einer Maßnahme im Rahmen eines Einstiegsqualifizierungsjahres nach der EQJ- Programm- Richtlinie (EQJR) bzw nach § 235b SGB 3 begründet keinen Ausschluss gem § 7 Abs 5 SGB 2.

3. Eine Begrenzung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB 2 gem § 22 Abs 2a SGB 2 und § 20 Abs 2a SGB 2 ist unzulässig, wenn der unter 25- jährige Leistungsempfänger bereits vor Antragstellung (§ 37 SGB 2) aus der elterlichen Wohnung in eine eigene Unterkunft umgezogen ist. Einer Zusicherung zum Umzug bedarf er in diesem Fall nicht.

4. Die "Absicht" iS des § 22 Abs 2a S 4 SGB 2, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen, erfordert ein finales, auf den Erfolg gerichtetes Verhalten, bei dem die Schaffung der Voraussetzungen für die Leistungsgewährung das für den Umzug prägende Motiv gewesen sein muss. Es genügt nicht, dass der Leistungsbezug lediglich beiläufig verfolgt oder anderen Umzugszwecken untergeordnet und in diesem Sinne nur billigend in Kauf genommen wird (Anschluss an LSG Chemnitz vom 21.1.2008 - L 2 B 621/07 AS-ER = ZFSH/SGB 2008, 167).

5. Die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen im Monat der Antragstellung (§ 37 SGB 2) gilt auch für gem § 11 Abs 1 SGB 2 zu berücksichtigende andere Sozialleistungen.

6. Die Auszahlungsbeträge sind gem § 41 Abs 2 SGB 2 zu runden. Dies gilt sowohl für die Regelleistungen als auch für die Kosten der Unterkunft und Heizung.

 

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 15.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2008 (W/07) wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, für den Zeitraum vom 30.10.2007 bis 30.04.2008 an den Kläger weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu erbringen und zwar für den Zeitraum vom 30.10.2007 bis 31.10.2007 weitere 35,65 EUR sowie für den Zeitraum vom 01.11.2007 bis 30.04.2008 monatlich weitere 314,60 EUR.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Beklagte trägt ¾ der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beklagten vom 07.11.2007 i. d. G. des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2008 (W /07) sowie des Bescheids vom 15.11.2007 i. d. G. des Widerspruchsbescheids vom 21.01.2008 (W /07). Zum einen begehrt der Kläger die von der Beklagten verweigerte Erteilung der Zusicherung zum Umzug des Klägers in die O.-straße in Zwickau. Zum anderen beansprucht er weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 30.10.2007 bis 30.04.2008.

Der am … 1988 geborene Kläger beantragte erstmals am 30.10.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II (Blatt 1 der Leistungsakte).

Zu diesem Zeitpunkt bewohnte er eine - seit dem 15.10.2007 bezogene - 37 qm große Wohnung in der O.-straße in Zwickau, für welche neben einer monatlichen Nettogrundmiete i. H. v. 189,05 EUR Betriebskostenvorauszahlungen i. H. v. 62,95 EUR je Monat zu leisten waren. Das Wasser wird über den Heizkreislauf erhitzt. Der Mietvertrag (Blatt 4 ff. der Leistungsakte) wurde am 01.10.2007 geschlossen. Zuvor lebte der Kläger bei seinen Eltern in der S.-straße in S. .

Im Zusammenhang mit seinem Erstantrag übermittelte der Kläger am 05.11.2007 einen “Antrag auf Zusicherung der Übernahme der Kosten der Unterkunft gem. § 22 Abs. 2a SGB II„ vom 31.10.2007 (Blatt 11 der Leistungsakte).

Der Kläger verfügte ausweislich der Formularerklärung vom 15.11.2007 (Blatt 12f. der Leistungsakte) im streitgegenständlichen Zeitraum über kein Vermögen.

Im Zeitraum vom 01.10.2007 bis 31.08.2008 absolvierte er im Rahmen eines Einstiegsqualifizierungsjahres (EQJ) ein Praktikum bei der W. GmbH. Dabei wurde ihm eine monatliche Ausbildungsvergütung i. H. v. 192,00 EUR gewährt, die erstmalig am 03.10.2007 und dann jeweils zum dritten des laufenden Monats zur Auszahlung gelangte (Blatt 14f. der Leistungsakte). Zu Beginn des Monats erhielt der Kläger außerdem das Kindergeld i. H. v. 154,00 EUR von seinen Eltern ausgezahlt.

2. Mit Bescheid vom 07.11.2007 (Blatt 8 der Leistungsakte) lehnte die Beklagte die Zusicherung für die Übernahme der Aufwendungen der neu bezogenen Unterkunft ab. Sie begründet ihre Entscheidung unter Berufung auf § 22 Abs. 2a SGB II, der unter 25jährige Kläger bedürfe für die Übernahme der nach einem Umzug entstehenden Aufwend...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge