Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilferecht: Kosten einer Ferienfahrt als Leistungen der Eingliederungshilfe. Anforderungen an die Ausgestaltung der Reise als anerkennungsfähige Eingliederungshilfe
Orientierungssatz
1. Die Kosten einer Ferienfahrt sind nicht schon deshalb als Leistungen der Eingliederungshilfe vom Sozialhilfeträger zu übernehmen, weil die Reise zu Kontakt mit nichtbehinderten Menschen führt. Um den Anforderungen an eine Eingliederungsleistung gerecht zu werden, muss der Reise ein Konzept zugrunde liegen, nach dem die Fahrt gerade auf Begegnung und Umgang zwischen behinderten und nichtbehinderten Menschen angelegt ist und diese Begegnung Auswirkungen auf das künftige Verhalten des betroffenen Leistungsempfängers entfalten können.
2. Einzelfall zur Gewährung von Leistungen zur Eingliederungshilfe für eine Ferienfahrt (hier: Leistungsgewährung abgelehnt).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Kosten für eine Ferienfahrt als Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des Sozialgesetzbuches, Zwölftes Buch (SGB XII).
Der 1953 geborene Kläger leidet einer Stellungnahme des Gesundheitsamtes X vom 5. August 2009 zufolge an einer leichten geistigen Behinderung, einer Alkoholabhängigkeit, einer Fehlernährung sowie an sozialer Isolation. Aufgrund des Zusammenwirkens dieser Krankheiten sei der Kläger als geistig wesentlich behindert im Sinne des Gesetzes anzusehen.
Der Kläger wurde am 14. Dezember 2009 im "Betreuten Wohnen" der Einrichtung D. E Stadt e.V. (nachfolgend D. E-Stadt) aufgenommen. Entsprechend seines Antrags vom 9. Dezember 2009 gewährte ihm der Beklagte hierfür für die Zeit vom 14. Dezember 2009 bis 31. Juli 2010 darlehensweise Leistungen der Eingliederungshilfe in Form eines Kontingents von 198 Fachleistungsstunden jährlich (Bescheid vom 21. Januar 2010). Der im Zuge dessen erstellte "Integrierte Hilfeplan" (IHP) vom 7. Dezember 2009 für die Zeit vom 14. Dezember 2009 bis 30. Juni 2010 sieht als Eingliederungshilfe unter anderem die Einbindung des Klägers in den Freizeitbereich des D. E-Stadt durch Gespräche, Motivation zur Teilnahme an den Freizeitaktivitäten und gegebenenfalls Begleitung vor.
Der IHP vom 15. Juni 2010 für die Zeit vom 1. August 2010 bis 30. Juni 2011 nennt als Ziel der Eingliederungshilfe unter anderem, dass der Kontakt des Klägers zu anderen Klienten durch Teilnahme am Freizeitbereich des D. E-Stadt und Begleitung zu anderen kulturellen Veranstaltungen gefördert werden solle.
Mit Bescheid vom 31. August 2010 wurden dem Kläger für die Zeit vom 1. August 2010 bis 30. Juni 2011 durch den Beklagten abermals Leistungen der Eingliederungshilfe für "Betreutes Wohnen" in Form eines Kontingents von 198 Fachleistungsstunden jährlich gewährt.
Am 8. März 2011 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Übernahme von Kosten für eine Ferienfahrt nach F-Stadt, die vom 16. Mai 2011 bis 20. Mai 2011 stattfinden sollte. Die voraussichtlichen Kosten bezifferte er dabei mit 345 €. Zur Begründung seines Antrags betonte der Kläger die Bedeutung des Freizeitbereichs für die Entwicklung seiner Persönlichkeit und den Stellenwert der Ferienfahrt für die pädagogische Arbeit des D. E Stadt. Als angestrebte pädagogische Ziele nannte er "Abstand gewinnen von den Ereignissen der letzten Zeit", "Stiften sozialer Kontakte innerhalb der Reisegruppe", "positive Erfahrungen sammeln und Lebensfreude wecken" sowie "psychische Stabilisierung durch positive Urlaubserlebnisse".
Diesen Antrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 9. März 2011 ab.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 25. März 2011 Widerspruch, zu dessen Begründung er sich auf ein beigefügtes Begleitschreiben des D. E-Stadt vom selben Tag bezog.
In dem IHP vom 16. Mai 2011 für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis 30. Juni 2012 heißt es, dass der Kläger einige Bekannte in seinem Wohnort habe. Diese Kontakte nutze er auch für Hilfestellungen. In diesem Jahr nehme der Kläger erstmals an einer Ferienfreizeit des D. E-Stadt teil.
Mit Bescheid vom 15. Juni 2011 gewährte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis 31. Dezember 2012 abermals Leistungen der Eingliederungshilfe für "Betreutes Wohnen", nunmehr in Form eines Kontingents von 288 Fachleistungsstunden jährlich.
In seinem Schreiben vom 24. Juni 2011 bezifferte der D. E-Stadt die Kosten der Ferienfahrt in F-Stadt abschließend mit 319,39 €.
Durch Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2011 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Ablehnungsbescheid vom 9. März 2011 zurück. Die Teilnahme an der Ferienfahrt diene nicht der Erfüllung der besonderen Aufgabe der Eingliederungshilfe, weil sie nicht primär darauf ausgerichtet gewesen sei, dass es zu Begegnungen und Umgang mit nichtbehinderten Menschen komme. Diesbezüglich fehle es an einem entsprechenden pädagogischen Konzept. Zudem sei nicht ersichtlich, dass die Ferienfahrt Auswirkungen auf das zukü...