Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Verwertungspflichtiges Vermögen nach § 90 Abs. 1 SGB 12. Hausgrundstück
Orientierungssatz
1. Einzusetzen und damit verwertungspflichtig ist gemäß § 90 Abs. 1 SGB 12 das gesamte verwertbare Vermögen. Hierzu zählen im Grundsatz auch Immobilien.
2. Geschützt ist gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB 12 jedoch ein angemessenes Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen der in § 19 Abs. 1 bis 3 SGB 12 genannten Personen allein oder zusammen mit den Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes.
3. Unter dem Aspekt der Hausgröße sind im Rahmen des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB 12 ausschließlich reine Einfamilienhäuser mit nur einer Wohnung geschützt. Ferner sind unter dem Aspekt der Grundstücksgröße bei freistehenden Häusern nur Grundstücke bis 500 qm geschützt.
4. Die Verwertung des Hausgrundstücks stellt angesichts auch eines hohen Alters der nachfragenden Person kein Härtefall dar, wenn dieser ein Umzug in betreutes Wohnen, ein Seniorenheim oder Pflegeheim zumutbar ist. Ein solcher Umzug kann objektiv sogar im Interesse der nachfragenden Person liegen, wenn ihr aufgrund ihres Alters oder ihrer gesundheitlichen Belange die Erhaltung und Pflege des Hausgrundstückes letztlich nicht mehr möglich ist.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Grundsicherungsleistungen ohne Anrechnung ihres Eigenheims.
Die am 00.00.1920 geborene Klägerin lebt allein in einem eigenen Einfamilienhaus in E-I. Das Haus hat eine Wohnfläche von etwa 220 qm und befindet sich auf einem 1.170 qm großen Grundstück. Sie bezieht monatliche Rentenleistungen von 646,63 Euro.
Im Oktober 2012 beantragte die Klägerin die Gewährung von ergänzenden Grundsicherungsleistungen. Mit Bescheid vom 26.11.2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Klägerin besitze eine eigengenutzte Immobilie in I mit 220 qm Wohnfläche und 1.170 qm Grundstücksfläche. Sie habe bereits in der Vergangenheit mehrere Anträge auf Grundsicherungsleistungen gestellt. Diese seien jedoch abgelehnt worden, da es sich bei dem Immobilienbesitz um vorrangig einzusetzendes Vermögen handle. Auf die Urteile des Verwaltungsgerichts Minden vom 31.01.2005 zu den Aktenzeichen 6 K 882/04 und 6 K 2135/04 wird hingewiesen. Ferner übersteige das Renteneinkommen den monatlichen Grundsicherungsbedarf. Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch. Sie habe dieses Jahr erstmals einen Antrag auf Grundsicherung gestellt. Sie sei pflegebedürftig nach der Pflegestufe 1. Sie habe Aufwendungen für Handwerker und Heizöl. Der Einsatz der Immobilie habe einen Verkauf der Immobilie zur Folge. Für die Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte Bl. 62 ff. Bezug genommen. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.03.2013 wies der Kreis Lippe den Widerspruch zurück. Das zur Verfügung stehende Einkommen von 646,63 Euro übersteige den laufenden Bedarf um einen Betrag von 134,20 Euro. Es bestehe daher kein Anspruch auf laufende Leistungen der Sozialhilfe. Für eine Einzelperson sei ferner ein Eigenheim lediglich mit einer Größe von 90 qm angemessen. Das ihr gehörende Haus habe jedoch eine Wohnfläche von 220 qm und eine Grundstücksgröße von 1.170 qm. Das Haus stelle damit ein für eine Einzelperson unangemessenes Hausgrundstück dar und gehöre somit nicht zum sogenannten geschützten Vermögen. Diese Rechtsauffassung sei bereits in früheren Verfahren vom Verwaltungsgericht Minden bestätigt worden. Somit sei das Haus vorrangig zu verwerten, um aus dem Erlös den weiteren Lebensunterhalt sicherzustellen. Für die weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids.
Mit der dagegen erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Anliegen weiter. Bei ihr liege eine finanzielle Bedürftigkeit und erhebliche gesundheitliche Einschränkung vor. Sie sei bettlägerig. Über ihre finanzielle Situation könnten die Mitarbeiter der Sparkasse I berichten. Wegen ihres Geldmangels könne sie nicht die laufenden Kosten für ihr Haus aufbringen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 26.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.03.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr antragsgemäß ab Oktober 2012 ergänzende Grundsicherungsleistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf ihre bisherigen Ausführungen. Es bestehe ein monatlicher Einkommensüberhang von 134,20 Euro. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen seien nicht erfüllt. Der finanzielle Bedarf für das von ihr bewohnte große Haus sei sehr hoch. ...