Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. tätlicher Überfall. Privatwohnung. betriebsbedingtes Tatmotiv. Entwendung der Geschäftsgelder. Taxiunternehmer
Orientierungssatz
Ein Taxiunternehmer, der in seiner Privatwohnung einem vermeintlichen Fahrkunden die Tür öffnet, stattdessen aber zwecks Entwendung der Geschäftsgelder überfallen wird, steht gem § 8 Abs 1 S 1 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 10.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2007 verurteilt, den Überfall vom 05.02.2007 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Überfall auf den Kläger als Arbeitsunfall anzuerkennen ist.
Der 1938 geborene Kläger, der als selbstständiger Taxifahrer tätig ist, wurde am 05.02.2007 in seinem Haus, in dem auch sein Betrieb untergebracht ist, überfallen.
Nach den Angaben im Durchgangsarztbericht öffnete der Kläger am 05.02.2007 um 8.00 Uhr morgens die Tür, nachdem es geklingelt hatte, in der Annahme, es handele sich um einen Taxikunden. Der Kläger wurde anschließend von mehreren maskierten Personen überfallen, geschlagen, getreten und gefesselt.
Anschließend wurde bei dem Kläger eine Rippenserienfraktur 5 bis 7 links, eine nicht dislozierte Fraktur der 4. und 5. Rippe rechts, eine offene, basisnahe, dislozierte Zeigefingergrundgliedfraktur rechts, sowie eine Gesichtsschädelprellung mit peri-orbitalem Hämatom links und multiplen Schürfwunden diagnostiziert.
Auf Befragen der Beklagten teilte der Kläger ergänzend mit, dass er in einem Einfamilienhaus wohne, in dem er einen Büroraum für sein Taxiunternehmen habe. Das Wohnhaus habe nur eine Haustür für Büro- und Privaträume und liege etwas außerhalb der Stadt W ... Seine Fahrgäste meldeten sich normalerweise per Telefon, jedoch komme es ein- bis zweimal die Woche vor, dass Fahrgäste auch persönlich zu ihm nach Hause kämen. Am 05.02.2007 habe er seine Arbeit um 06.30 Uhr aufgenommen. Die erste Fahrt sei nach C. gegangen und von dort aus in die Stadt nach W ... Um ca. 8.05 Uhr sei er von den Fahrten wieder zu Hause gewesen, da er um 8.30 Uhr einen neuen Termin gehabt habe. Kurz vor dem Ereignis um ca. 8.10 Uhr habe er sich in der Küche befunden, um sich einen Kaffee zu kochen, als er plötzlich das Klingeln gehört habe. Als er die Eingangstür geöffnet habe, habe ihm ein maskierter Mann direkt ins Gesicht geschlagen und ihn geknebelt. Die drei Täter hätten von ihm das ganze Geld aus der Kasse verlangt. Durch den Krach seien seine Frau und seine Schwiegertochter wach geworden. Diese seien ebenfalls von den Tätern geknebelt worden. Nachdem die Täter 400,- bis 500,- EUR Wechselgeld erbeutet hätten, hätten sie die Flucht ergriffen.
Mit Bescheid vom 10.04.2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Überfalls vom 05.02.2007 als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach der Rechtsprechung in der Sozialgerichtsbarkeit seien Wege innerhalb des Wohnhauses unversichert. Die Fortbewegung von der Küche zur Eingangstür könnte auch als Betriebsweg angesehen werden. Ein Betriebsweg sei ein Weg, der in der Ausübung der versicherten Tätigkeit und im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt werde, Teil der versicherten Tätigkeit sei und damit der Betriebsarbeit gleichstehe, somit also unter § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII falle. Dies setze eine entsprechende Handlungstendenz voraus. Um einen Betriebsweg annehmen zu können, dürfe im Zeitpunkt des Unfalles nicht ungewiss sein, ob am Ende des Weges eine betriebliche und nicht etwa eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit stehe. Die Frage des Versicherungsschutzes hänge von der Handlungstendenz des Verletzten bezogen auf das Zurücklegen des Weges ab. Maßgeblich seien hierfür die Vorstellungen des Verletzten im Zeitpunkt des Unfalls. Vor Öffnen der Türe habe der Kläger den betrieblichen Anlass des Klingelns an der Wohnungstür nicht erkennen können. Es komme hier nicht darauf an, ob und gegebenenfalls welche Überlegungen der Kläger hinsichtlich des Klingelns angestellt habe. Es sei rein tatsächlich für den Kläger ungewiss gewesen, ob das Klingeln an der Wohnungstür aus dienstlichen oder privaten Belangen erfolgt sei. Da somit nicht festgestanden habe, dass jemand aus betrieblichen Gründen geklingelt habe, könne sich die Handlungstendenz auch nicht auf betriebliche Interessen bezogen haben. Dies schließe die Annahme eines Versicherungsschutzes aus. Aber selbst wenn die erforderliche Handlungstendenz hätte festgestellt werden können, könnte das Vorliegen eines Arbeitsunfalles nicht anerkannt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts beginne die versicherte Tätigkeit sowohl bei dem Weg zum Ort der Tätigkeit - gleiches gelte für den Rückweg - als auch bei einem direkt von der privaten Wohnung aus angetretenen Betriebsweg grundsätzlich erst m...