Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Auskunftsverlangen gegenüber einem potenziell Unterhaltspflichtigen. Nichterforderlichkeit des tatsächlichen Bestehens eines Unterhaltsanspruchs. Negativevidenz. Erforderlichkeit zur Aufgabendurchführung. Nichtvorliegen von Ausschlussgründen. unbillige Härte
Orientierungssatz
1. Das Auskunftsersuchen dient dazu, den Sozialhilfeträger in die Lage zu versetzen, einen möglichen Unterhaltsanspruch des Leistungsempfängers zu prüfen und gegebenenfalls in einem weiteren Schritt auf sich überzuleiten. Es ist nur dann rechtswidrig, wenn offensichtlich ist, dass die betreffende Person als Unterhaltsschuldner nicht in Betracht kommt (sog Negativevidenz).
2. Die geforderte Auskunft ist zur Durchführung der Aufgaben des Sozialhilfeträgers erforderlich, wenn dieser nur mithilfe der Angaben des potenziell Unterhaltspflichtigen zur Prüfung in der Lage ist, ob ein gem § 94 SGB 12 überleitungsfähiger Anspruch besteht, der zur Verwirklichung des Grundsatzes des Nachrangs der Sozialhilfe gem § 2 SGB 12 geltend zu machen ist.
3. Ein Anspruchsübergang ist nach § 94 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB 12 ausgeschlossen, wenn er eine unbillige Härte bedeuten würde. Hierzu müssen Umstände vorliegen, denen nicht schon im Rahmen des § 1611 BGB Rechnung getragen wird und die gerade aus dem Blickwinkel des Sozialrechts eine Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen unzumutbar erscheinen lassen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen ein Auskunftsersuchen des Beklagten.
Der am 00.00.1946 geborene Kläger ist der Sohn der am 00.00.1920 geborenen Frau J N. Die Frau N hat einen weiteren Sohn, den am 00.00.1951 geborenen Herrn L-I N. Die Frau N bezieht seit dem 03.08.2012 Leistungen nach dem SGB XII von dem Beklagten.
Mit dem hier streitgegenständlichen Auskunftsersuchen vom 23.05.2013 forderte der Beklagte den Kläger als potentiell unterhaltspflichtige Person zur Auskunftserteilung über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse auf. Der Frau N würden ab dem 01.05.2013 Leistungen zum Lebensunterhalt gemäß §§ 27 b Abs. 1, 2 SGB XII und Hilfe zur Pflege gemäß §§ 61 ff SGB XII in Höhe von 510,12 EUR in Monaten mit 30 Tagen und 561,75 EUR in Monaten mit 31 Tagen gewährt. Der Kläger sei gemäß § 117 SGB XII als möglicher Unterhaltspflichtiger verpflichtet, Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Hiergegen legte der Kläger am 16.06.2013 Widerspruch ein. Der Bescheid des Beklagten sei bereits aufgrund fehlender Angaben nicht nachvollziehbar. Es fehle die Mitteilung der Tagessätze, die bezüglich des Heimpflegebedarfs der Mutter zugrunde gelegt worden seien. Ferner seien die Einkommensverhältnisse der Mutter nicht dargestellt. Die Mutter sei seit August 2011 stationär untergebracht, ausweislich des Bescheides beginne die Hilfe aber erst am 01.05.2013. Es stelle sich die Frage, ob die Kosten der Einrichtung seitdem gestiegen seien oder wer andernfalls die Kosten übernommen habe. Weiter sei zweifelhaft, aus welchen medizinischen Gründen die stationäre Unterbringung erfolgt sei und ob es eine amtliche unabhängige Untersuchung diesbezüglich gegeben habe. Darüber hinaus sei seinem Bruder und dessen Ehefrau im Jahre 1984 das Haus der Eltern übertragen worden; in diesem Vertrag hätten diese alle Verpflichtungen gegenüber den Eltern übernommen. Der Kläger fügte zwei Seiten eines Übertragungsvertrages vom 11.10.1984 bei, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2013 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 13.08.2013 Klage erhoben. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und führt weiter aus: Vorliegend sei ein Fall der Negativevidenz gegeben, da ein Unterhaltsanspruch der Mutter ihm gegenüber aufgrund der Vereinbarungen im notariellen Übertragungsvertrag vom 11.10.1984 über die Immobilie der Eltern ausgeschlossen sei. Hierin habe der Bruder sich zur Gewährung von Hege und Pflege verpflichtet. Der Kläger habe dagegen im Innenverhältnis von seiner Verpflichtung freigestellt werden sollen. Der Bruder sei dieser Verpflichtung in der Zeit vom 15.08.2011 bis 30.04.2013 auch tatsächlich nachgekommen. Da die vertraglichen Vereinbarungen offensichtlich einen Anspruch gegen den Kläger ausschlössen, bestünde kein Auskunftsanspruch. Der Kläger hat zunächst die Kopie eines Vertragstextes vorgelegt, wonach er im Innenverhältnis von seiner Verpflichtung zur Hege und Pflege gegenüber den Eltern freigestellt sein solle. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat er eine weitere Kopie einer Vertragsurkunde des Übertragungsvertrages vom 11.10.1984 vorgelegt, in der dieser Absatz nicht mehr enthalten war. Der Kläger führt hierzu aus, dass seinerzeit über den Vertrag vielfach verhandelt worden sei. Letztlich seien mehrere Entwürfe entstanden; der letztendlich unterschriebene Vertrag sei allerdings nie in se...