Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Privatdarlehen der Eltern. einmalige Einnahme. Zuflussprinzip. keine konkrete Rückzahlungsverpflichtung
Orientierungssatz
1. Die von den Eltern an einen Arbeitsuchenden getätigten Zahlungen auf dessen Konto im Rahmen eines Privatdarlehens stellen zu berücksichtigendes Einkommen iS des § 11 Abs 1 S 1 SGB 2 dar.
2. Ein Einkommenszufluss durch darlehensweise gewährte Mittel ohne konkrete Rückzahlungsmodalitäten stellt eine dem Leistungsempfänger tatsächlich zur Verfügung stehende Einnahme dar. Hierauf hat keinen Einfluss, ob der Leistungsempfänger möglicherweise zur Rückzahlung verpflichtet ist (vgl LSG Celle-Bremen vom 14.7.2008 - L 13 AS 97/08 ER = FEVS 60, 87). Abzustellen ist insofern auf den Aspekt, ob im Zeitpunkt des Geldzuflusses die Rückzahlungsverpflichtung eindeutig festgestellt werden kann (vgl LSG Essen vom 11.12.2008 - L 7 AS 62/08).
3. Einkommen, das zum Ausgleich eines überzogenen Kontos verwendet wird, ist bedarfsmindernd zu berücksichtigen (vgl BSG vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R).
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer teilweisen Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und einer Erstattungsforderung in Höhe von 510 EURO.
Der 1972 geborene Kläger bezog ab Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II von der Beklagten. Er lebt mietfrei im Haus seiner Eltern. Mit Bescheid vom 04.01.2006 bewilligte ihm die Beklagte Leistungen nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum Januar 2006 bis Juni 2006 in Höhe von 345 EURO Regelleistung. Kosten der Unterkunft fanden keine Berücksichtigung. Mit Bescheid vom 19.06.2006 bewilligte die Beklagte Leistungen nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum Juli bis Dezember 2006. Für die Monate Juli bis September 2006 berücksichtigte die Beklagte eine Absenkung der Regelleistung von 35 EURO wegen eines Meldeversäumnisses. Ab Oktober 2006 gewährte die Beklagte dem Kläger ungeminderte Leistungen ausgehend von der Regelleistung von 345 EURO. Ein gegen die Absenkung gerichteter Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2006 als unbegründet zurückgewiesen. Klage wurde hiergegen nicht erhoben.
Am 14.12.2006 beantragte der Kläger die Weitergewährung von Leistungen ab Januar 2007. In diesem Zusammenhang legte er eine ausgedruckte Umsatzübersicht seines Girokontos für die Zeit vom 01.06.2006 bis 14.12.2006 vor. Aus dieser Übersicht ergab sich, dass dem Konto des Klägers an 4 Tagen Einzahlungen in unterschiedlicher Höhe gutgeschrieben worden waren. Im Einzelnen erfolgten folgende Einzahlungen: Am 14.06.2006 200 EURO, am 17.08.2006 100 EURO, am 26.09.2006 120 EURO und am 07.11.2006 210 EURO. Gegenüber der Beklagten gab der Kläger an, dass es sich bei den Einzahlungen um Unterstützungszahlungen seiner Eltern handele. Die Beklagte hörte den Kläger zu einer beabsichtigen Aufhebung und Geltendmachung einer Erstattungsforderung an. Im Rahmen der Anhörung teilte der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten am 17.01.2007 mit, dass es sich bei den eingezahlten Beträgen um darlehensweise gewährte Mittel handele, die einer Rückzahlungspflicht unterliegen würden. Auf weitere Nachfrage der Beklagten teilte der Kläger weiter mit, dass die Darlehen zinsfrei gewährt worden wären. Die darlehensweise Zahlung der Beträge sei jeweils mündlich vor der Einzahlung der Gelder vereinbart worden. Grund für die Darlehen sei der Ausgleich von Negativsalden auf dem Girokonto gewesen. Er sei verpflichtet, die Beträge nach Kräften zurückzuzahlen.
Mit Bescheid vom 02.01.2008 hob die Beklagte den Bescheid vom 04.01.2006 für den Monat Juni 2006 und den Bescheid vom 19.06.2006 für die Monate August, September und November 2006 auf und forderte die Erstattung von insgesamt 510 EURO. Dem Bescheid waren 4 Berechnungsbögen für die einzelnen Monate beigefügt, auf die im Bescheid ausdrücklich Bezug genommen wurde. Aus ihnen ergibt sich, in welcher Höhe die Beklagte Einkommen im jeweiligen Monat angerechnet hat und welchen verbleibenden Bedarf sie beim Kläger annimmt. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 02.01.2008 nebst Anlagen (Blatt 9-15 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 07.01.2008 Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.2008 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Zur Begründung führte der Widerspruchsbescheid aus, dass es sich bei den Zahlungen um anzurechnendes Einkommen handele. Ob es sich um Darlehen gehandelt habe, sei zweifelhaft, da die Tilgung vollkommen offen sei.
Am 16.07.2008 hat der Kläger Klage erhoben.
Er ist der Ansicht, dass die Zahlungen der Eltern kein anrechenbares Einkommen darstellten. Da eine Rückzahlungsverpflichtung bestehe, seien die dar...