Entscheidungsstichwort (Thema)

Private Pflegeversicherung: Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Anwaltskosten eines Versicherers für die Geltendmachung von Beitragsrückständen zur Pflegeversicherung

 

Orientierungssatz

Bei Beitragsaußenständen im Rahmen einer obligatorischen privaten Pflegeversicherung kann das Versicherungsunternehmen vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten für die Beitreibung der Beitragsrückstände nicht vom Versicherten ersetzt verlangen.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Gerichtskosten des Mahnverfahrens. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt vom Beklagten Aufwendungsersatz für die vorprozessuale Inanspruchnahme einer anwaltlichen Vertretung im Rahmen der Geltendmachung rückständiger Beiträge zur privaten Pflegeversicherung und für ein an den Beklagten gerichtetes Mahnschreiben. Der Beklagte unterhielt im Zeitraum April 2002 bis April 2012 bei der Klägerin einen Pflegepflichtversicherungsvertrag. Diesem Pflegepflichtversicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung (AVB) zu Grunde. Der Beklagte zahlte in den Monaten März und April 2012 seine Beiträge i.H.v. 25,60 EUR pro Monat nicht. Nachdem der Beklagte am 05.09.2012 von der Klägerin angemahnt wurde, beauftragte diese einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung ihrer Forderungen. Dort wurde die Sach- und Rechtslage vorprozessual geprüft und der Beklagte erneut zur Zahlung aufgefordert. Sodann empfahl der Bevollmächtigte der Klägerin die Durchführung eines gerichtlichen Mahnverfahrens. Die Klägerin hat am 26.11.2015 beim Amtsgericht Coburg den Erlass eines Mahnbescheides über die Beitragsforderungen für die zwei Monate i.H.v. insgesamt 51,20 EUR beantragt. Außerdem hat sie als Nebenforderungen Mahnkosten i.H.v. 0,80 EUR, Auskunftskosten i.H.v. 0,50 EUR, Anwaltsvergütung für vorgerichtliche Tätigkeit i.H.v. 83,53 EUR und Kontoführungsgebühren i.H.v. 2,50 EUR geltend gemacht. Zudem hat die Klägerin im Mahnverfahren die Kosten des Mahnverfahrens geltend gemacht, die sich zusammensetzen aus Gerichtskosten i.H.v. 32,00 EUR und insgesamt 29,45 EUR für die anwaltliche Tätigkeit im Mahnverfahren (RA-Gebühr, Auslagen und MwST). Ein entsprechender Mahnbescheid wurde dem Beklagten am 02.12.2015 zugestellt. Hiergegen erhob der Beklagte am 18.12.2015 Widerspruch. Das Verfahren wurde am 22.04.2016 an das Sozialgericht Detmold abgegeben und ging am 02.05.2016 dort ein. Mit dem Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens begrenzte die Klägerin den Antrag auf die Hauptforderung i.H.v. 51,20 EUR, Mahnkosten i.H.v. 0,80 EUR, Auskunftskosten i.H.v. 0,50 EUR, Anwaltsvergütung für vorgerichtliche Tätigkeit i.H.v. 83, 53 EUR und Kontoführungsgebühren i.H.v. 2,50 EUR. Die Aufwendungen für die anwaltliche Tätigkeit innerhalb des gerichtlichen Mahnverfahrens wurden hingegen nicht weiter verfolgt. Nach richterlichem Hinweis vom 19.07.2016 hat die Klägerin die Klage zurückgenommen soweit sie die zunächst geltend gemachten Auskunftskosten und Kontoführungsgebühren betrifft. Am 30.09.2016 hat der Beklagte den Betrag von 51,20 EUR gezahlt und die Klägerin daraufhin den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und begehrt damit lediglich noch die Zahlung von 83,54 EUR Aufwendungsersatz für die vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit und 0,80 EUR Aufwendungen für eine Mahnung vor Durchführung des Mahnverfahrens.

Die Klägern ist der Auffassung, ihr stehe ein Aufwendungsersatzanspruch als Verzugsschaden gem. § 286 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu. Ferner stützt sie sich auf § 8 Abs. 7 AVB. Sie vertritt die Auffassung, dass § 193 Abs. 4 SGG einen Aufwendungsersatzanspruch hinsichtlich der vorgerichtlichen Tätigkeit nicht ausschließe, da § 193 Abs. 3 SGG spezieller als § 193 Abs. 4 SGG sei.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 83,54 EUR vorgerichtliche Anwaltskosten und 0,80 EUR Mahnkosten zu zahlen.

Der Beklagte beantragt nach seinen erkennbaren Interessen,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.01.2019 weder selbst erschienen noch vertreten gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte im Termin vom 29.01.2019 einseitig verhandeln und entscheiden. Auf diese verfahrensrechtliche Möglichkeit (§§ 110, 126 SGG) ist der Beklagte in der Terminsmitteilung hingewiesen worden.

Die Klage ist als Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG zulässig, allerdings unbegründet.

Die sachliche Zuständigkeit des Sozialgerichts ergibt sich aus § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Das Sozialgericht Detmold ist gemäß § 57 Abs. 1 S. 2 SGG örtlich zuständig, da der Beklagte seinen Wohnsitz zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Gerichtsbezirk hatte.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die noch geltend gemachte Klageforderung, soweit es die Aufwendungen für die vorgerichtlichen Anwaltstätigkeiten betrifft.

Zwar befand sich der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt im Verzug, so dass grundsätzlic...

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