Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtbindung eines Verweisungsbeschlusses bei willkürlicher und offensichtlich unhaltbarer Entscheidung

 

Orientierungssatz

Der Verweisungsbeschluss eines Sozialgerichts ist nicht bindend, wenn die darin getroffene Entscheidung willkürlich und damit offensichtlich unhaltbar ist (vgl BSG vom 8.5.2007 - B 12 SF 3/07 S = SozR 4-1500 § 57 Nr 2).

 

Tenor

Das Bundessozialgericht wird zur Bestimmung des örtlich zuständigen Sozialgerichts gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angerufen.

 

Gründe

Die Anrufung des Bundessozialgerichts erfolgt gemäß § 58 Abs. 2 SGG, weil ein Fall des § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGG vorliegt.

Sowohl das Sozialgericht Dortmund (Beschluss vom 17.02.2009) als auch das Sozialgericht Hamburg (Beschluss vom 03.09.2008, Bl. 65 d. Gerichtsakte) haben sich für unzuständig erklärt. Gleichwohl ist die Zuständigkeit des Sozialgerichts Hamburg gegeben.

Das Sozialgericht Hamburg hat - angesichts des Umstandes, dass die Klägerin sowohl ihren Wohnsitz als auch ihren Beschäftigungsort zum Zeitpunkt der Klageerhebung in Hamburg hatte - unzutreffend die eigene örtliche Unzuständigkeit angenommen.

Der Verweisungsbeschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 03.09.2008 ist nicht bindend, weil die darin getroffene Entscheidung willkürlich und damit offensichtlich unhaltbar ist (vgl. hierzu z.B. Beschluss des Bundessozialgerichts vom 08.05.2007, Az. B 12 SF 3/07 S). Die Willkür ergibt sich aus der Begründung des Beschlusses selbst, denn dort wird - entgegen dem eindeutigen, der Auslegung gleich welcher Art nicht zugänglichen, Wortlaut des § 57 SGG - nicht auf den Wohnsitz, Aufenthalts- oder Beschäftigungsort der Klägerin, sondern vielmehr auf den Wohnsitz der Tochter der Klägerin abgestellt. Dies ist unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz) nicht zu rechtfertigen.

Die Willkür der Entscheidung wird auch nicht durch die seitens des Sozialgerichts Hamburg unter dem 17.10.2008 nachgeschobenen Gründe beseitigt.

Abgesehen davon, dass die Beteiligten zu den dortigen Ausführungen nicht angehört worden sind, stehen die vom Sozialgericht Hamburg angeführten Gründe im Widerspruch zu den - aus den Akten ersichtlichen - tatsächlichen Gegebenheiten. Insbesondere aus den von der Beklagten am 13.01.2009 - erneut - übersandten Unterlagen (Bl. 103 ff. d. Gerichtsakte) ergibt sich, dass die Klägerin ihren Wohnsitz am 16.10.2006 in Hamburg genommen hat und seit Mai 2007 eine geringfügige Beschäftigung in einem Café in Hamburg ausübt. Laut Auskunft des Bezirksamtes Hamburg-Mitte vom 11.11.2008 (Bl. 86 d. Gerichtsakte) ist die Klägerin auch weiter in Hamburg gemeldet.

Schließlich kann nicht nachvollzogen werden, dass - so das Sozialgericht Hamburg unter dem 17.10.2008 - die Frage des Wohnsitzes der Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 27.05.2008 Gegenstand der Klage ist. Streitbefangen ist vielmehr allein die Zeit vom 01.07.1998 bis zum 15.10.2006.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2163962

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