Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Bezug von Analogleistungen nach § 2 AsylbLG. Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch auf zu Unrecht erbrachte Leistungen gegen einen Nachzahlungsanspruch auf Analogleistungen durch den Leistungsträger. § 2 Abs 1 AsylbLG iVm § 26 Abs 2 SGB 12 als Ermächtigungsgrundlage. kein grundsätzliches Aufrechnungsverbot
Orientierungssatz
1. Ermächtigungsgrundlage für eine Aufrechnungserklärung gegenüber Leistungsberechtigten nach § 2 AsylbLG ist § 2 Abs 1 AsylbLG iVm § 26 SGB 12.
2. Gegenüber der sich aus einem Nachzahlungsanspruch auf Analogleistungen iS des § 2 AsylbLG ergebenden Forderung besteht kein grundsätzliches Aufrechnungsverbot.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe einer Nachzahlung nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Die am 15.10.1964 geborene Klägerin erhält von der Beklagten seit Jahren Leistungen nach dem AsylbLG bzw. vor dessen Inkrafttreten nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
Mit Bescheiden vom 20.11.1996 hob die Beklagte für verschiedene Zeiträume zwischen Juli 1992 und Januar 1996 Bescheide über der Klägerin gewährte Leistungen nach dem AsylbLG nach § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) auf - die Klägerin hatte eine Arbeitsaufnahme und das sich hieraus ergebende Einkommen nicht angezeigt - und forderte die danach zu Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 7.163,69 EUR nach § 50 SGB X zurück. Hierauf erstattete die Klägerin in der Folgezeit einen Betrag i.H.v. 613,69 EUR.
Aus dem laufenden Leistungsbezug nach § 3 AsylbLG stellte sie - bereits anwaltlich vertreten - mit Schriftsatz vom 8.3.2010 einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X. Darin begehrte sie die rückwirkende Zuerkennung von Analogleistungen nach § 2 AsylbLG für den Zeitraum beginnend ab dem 1.1.2006. Diesem Antrag gab die Beklagte durch Bescheid vom 6.10.2010 insoweit statt, als sie der Klägerin für den Zeitraum vom 1.1.2006 bis zum 12.5.2010 Analogleistungen zuerkannt. Als Nachzahlungsbetrag wies die Beklagte in dem Bescheid einen Betrag von 750,00 EUR aus. Dieser Betrag, der deutlich niedriger war als die volle Differenz zwischen den in dem fraglichen Zeitraum tatsächlich gewährten Grundleistungen und den Analogleistungen in gesetzlicher Höhe, ergab sich daraus, dass die Beklagte bei der Berechnung des Nachzahlungsanspruchs den sogenannten Aktualitätsgrundsatz zugrundelegt. Darüber hinaus teilte die Beklagte in dem Bescheid mit, dass sie gegen die Nachzahlungsforderung der Klägerin i.H.v. 750,00 EUR mit der damals noch offen stehenden Restforderung aus den Erstattungsbescheiden vom 20.11.1996 nach § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. § 26 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) in voller Höhe aufrechne.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, insoweit die Beklagte "unter Zugrundelegung des Aktualitätsgrundsatzes lediglich eine Nachzahlung von 750,00 EUR" bewilligt habe; der Widerspruch richtete sich "ausdrücklich gegen die Verweigerung der Mehrleistung". Der Klägerin stehe ein höherer Nachzahlungsanspruch zu. Der Aktualitätsgrundsatz könne bei der Ermittlung der Höhe des Nachzahlungsanspruchs keine Berücksichtigung finden. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.1.2011 zurück, wobei sie auch auf die Aufrechnung mit dem Rückforderungsanspruch gegen die Klägerin einging.
Dagegen erhob die Klägerin - noch immer anwaltlich vertreten - am 26.1.2011 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund (S 26 [47] AY 15/11), wobei sich die Klagebegründung ausschließlich gegen die aus Sicht der Klägerin unzutreffende Berücksichtigung des Aktualitätsgrundsatzes bei der Ermittlung des Nachzahlungsbetrag richtete. Im Laufe dieses Klageverfahrens erteilte die Beklagte unter dem 26.1.2012 einen Bescheid, indem sie der Klägerin unter vollständiger Abkehr von dem Aktualitätsgrundsatz nunmehr einen Nachzahlungsanspruch in Höhe von insgesamt 6.399,30 EUR zuerkannte. Auch in diesem Bescheid führte sie aus, dass gegen den Nachzahlungsbetrag in voller Höhe mit der zu diesem Zeitpunkt noch offenen Rückforderung i.H.v. 6.550,00 EUR aufgerechnet werde. Dem Bescheid war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, in der die Klägerin darauf hingewiesen wurde, dass sie gegen diesen Bescheid Widerspruch einlegen könne.
Außerdem legte die Klägerin - wiederum vertreten durch ihren Bevollmächtigten - entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 26.1.2012 am 31.1.2012 Widerspruch gegen diesen Bescheid ein. Zur Begründung führte sie aus, es sei zwar zutreffend, dass ihr gegenüber noch eine Forderung der Beklagten bestehe. Zu berücksichtigen sei in der vorliegenden Fallkonstellation allerdings ein absolutes Aufrechnungsverbot, was sich insbesondere aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 19 6.11.2001 - 1 K 2736/97 und der Kommentierung von Birk in LPK-BSHG, Vorbemerkungen zum AsylbLG, Rn. 4 ff. ergebe. Den Widerspruch w...