Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassung von Vorschlagslisten zur Sozialwahl 2011
Orientierungssatz
1. Der Anteil der Bediensteten an einer Vorschlagsliste darf unabhängig von dem Mindestquorum des § 48 Abs 2 SGB IV (juris: SGB 4) nicht größer sein als 25 %.
2. Die Begrenzung des Anteils der Bediensteten an den Unterzeichnern einer Vorschlagsliste hat den Zweck, einer zu starken Einflussnahme der bei den Versicherungsträgern Beschäftigten auf die Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane vorzubeugen.
3. Die Begrenzung des Anteils der Bediensteten an den Unterzeichnern einer Vorschlagsliste begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
4. Sinn und Zweck des § 48 Abs. 3 SGB IV ist, dass nur ernsthafte Wahlvorschläge vorgebracht werden, die sich einer hinreichenden Unterstützung und ausreichender Repräsentanz erfreuen und das Versicherte ihre Stimmen nicht an aussichtslose Vorschlagslisten vergeuden.
5. Aus Gründen der Rechtssicherheit kann lediglich auf die Gültigkeit der Liste im Sinne der gesetzlichen Vorgaben im Zeitpunkt der Einreichung abgestellt werden. Es kann also passieren, dass zu irgendeinem Zeitpunkt während der Sammlung der Unterschriften das Mindestquorum von 1.000 schon erreicht ist und zugleich der Anteil der Unterschriften von bei der Beklagten zugleich versicherten Mitarbeitern bei maximal 25 % liegt, dann jedoch durch die Sammlung weiterer, über 1.000 hinausgehender Unterschriften diese Voraussetzungen wieder entfallen, d.h. die weiteren Unterschriften ein negatives Stimmgewicht erhalten.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Zulassung der Vorschlagslisten der Klägerin zur Sozialwahl 2011.
Die Klägerin ist eine Fachgewerkschaft, in der Beschäftigte und frühere Beschäftigte aller Träger der sozialen Sicherung und ihrer Verwendung sowie von Einrichtungen, die mit diesen organisatorisch oder finanziell verbunden sind, gewerkschaftlich organisiert sind. Sie ist Mitglied von DBB-Beamtenbund und -Tarifunion. An den Sozialwahlen 2011 beteiligte sie sich in der Gruppe der Versicherten bei der Beklagten mit einer Vorschlagsliste, die 1.147 Unterschriften umfasste. Der Wahlausschuss der Beklagten wies die Vorschlagsliste auf seiner Sitzung vom 20.01.2011 zurück. Darüber erteilte die Beklagte der Klägerin unter dem 21.01.2011 einen Bescheid unter Bezugnahme auf die Begründung des Wahlausschusses. Die Vorschlagsliste sei nach § 23 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 Wahlordnung für die Sozialversicherung (SVWO) ungültig, da sie nicht den Anforderungen des § 48 Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) entspreche. Zwar erfülle sie das Unterschriftenquorum, jedoch stammten mehr als 25 % der Unterschriften von (aktiv) Beschäftigten der Beklagten. 303 Unterstützerunterschriften seien nämlich von Mitarbeitern der Beklagten, die gleichzeitig dort versichert und daher nach § 51 Abs. 6 Nr. 5 und 6 SGB IV vom passiven Wahlrecht ausgeschlossen seien. Diese 303 Unterschriften hätten somit insgesamt 1.212 Unterschriften erforderlich gemacht. Das ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus dem Gesetzeszweck. Der Mangel der Vorschlagsliste habe auch nicht behoben werden können, da eine Rücknahme der Liste und Neueinreichung sowie eine Nachreichung nicht in Betracht gekommen sei.
Die hiergegen durch die Klägerin eingelegte Beschwerde vom 27.01.2011 wies der Landeswahlausschuss für die Sozialversicherungswahlen im Lande Nordrhein-Westfalen als Beschwerdewahlausschuss in seiner Sitzung vom 04.02.2011 zurück und erteilte ihr hierüber am 07.02.2011 einen entsprechenden Bescheid. Am 09.02.2011 machte der Wahlausschuss der Beklagten bekannt, dass keine Wahlhandlung stattfinde, da aus der Wählergruppe der Versicherten nur eine Vorschlagsliste, nämlich die gemeinsame Liste der Beigeladenen, zugelassen worden sei. Er stellte zudem fest, dass die in den zugelassenen Vorschlagslisten genannten Bewerber mit Ablauf des 01.06.2011 als zum Mitglied bzw. stellvertretenden Mitglied des Verwaltungsrates der Beklagten gewählt gelten würden.
Die Klägerin hat hiergegen am 07.03.2011 Klage erhoben und zugleich um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht.
In dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat die Klägerin beantragt, der Beklagten aufzugeben, die Vorschlagsliste der Klägerin einstweilen zu den Sozialversicherungswahlen 2011 in der Gruppe der Versicherten zuzulassen und die erforderlichen Vorkehrungen für die Durchführung der Wahlhandlung zu treffen. Dieses Begehren hat das erkennende Gericht durch Beschluss vom 28.03.2011 zum Aktenzeichen S 40 KR 225/11 ER abgelehnt. Die hiergegen beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zum Aktenzeichen L 16 KR 196/11 B ER eingelegte Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben.
Die Klägerin verfolgt nunmehr ihr Begehren in der Hauptsache wei...