Entscheidungsstichwort (Thema)

Honorarrückforderung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer Plausibilitätsprüfung

 

Orientierungssatz

1. Die von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) nach § 106 a SGB 5 durchzuführende Plausibilitätsprüfung ist darauf ausgerichtet, ob der Vertragsarzt in zeitlicher Hinsicht sämtliche von ihm in seine Abrechnung eingestellten Leistungen überhaupt ordnungsgemäß erbracht haben kann.

2. Abrechnungsauffälligkeiten, die sich aus den Tages- und Quartalsprofilen ergeben, begründen die Vermutung einer rechtlich fehlerhaften Abrechnung.

3. Auch die Abrechnung einer zwar vollständig erbrachten, aber nicht abrechenbaren Gebührennummer stellt eine falsche Abrechnung dar, die als solche der Richtigstellung durch die KV unterliegt.

4. Es entspricht dem Interesse des Vertragsarztes, dass er nach jedem Quartal möglichst zeitnah und umfassend das ihm zustehende Honorar von der KV erhält. Dem entspricht ein erweitertes Korrekturbedürfnis der KV, das die allgemeinen Regelungen des § 45 SGB 10 verdrängt. Hieraus folgt nach der Rechtsprechung des BSG die Zulässigkeit einer Korrektur ergangener Honorarbescheide innerhalb von vier Jahren nach deren Erlass, vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2005 - B 6 KA 17/05 R.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 11.12.2013; Aktenzeichen B 6 KA 37/13 B)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine Honorarrückforderung in Höhe von 26.520,55 €, die aufgrund einer Plausibilitätsprüfung erfolgt ist.

Der am 08.12.1940 geborene Kläger ist als Arzt für Allgemeinmedizin in C zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Aufgrund ihres Beschlusses vom 02.06.2008 informierte die Plausibilitätskommission der Beklagten den Kläger mit Anhörungsschreiben vom 03.06.2008 darüber, dass sich bei seinen Honorarabrechnungen für die Quartale II/2005 bis IV/2006 nach den einschlägigen Richtlinien relevante Auffälligkeiten ergeben hätten. Der Kläger habe jeweils Leistungen in Ansatz gebracht, für die er an mindestens drei Tagen im Quartal mehr als zwölf Stunden benötige; für die Quartale II/2005 bis I/2006 fänden sich außerdem auch Überschreitungen der Gesamtminutenzeit von 46.800 Minuten. Auffällig sei dabei insbesondere der häufige Ansatz der GBN 03120. Beigefügt waren beispielhaft Quartalsprofile und Tagesprofilübersichten sowie die Darstellung einzelner Spitzentage mit ihren zeitrelevanten Gebührenziffern der Quartale II/2005 und IV/2006.

In seiner Stellungnahme vom 15.06.2008 erwiderte der Kläger: Wegen des außergewöhnlich hohen Arbeitsanfalls in seiner überdurchschnittlich großen Landarztpraxis müssten Umsetzung und computertechnische Erfassung der geleisteten ärztlichen Arbeit ausschließlich durch seine Helferinnen erfolgen und könnten von ihm auch nicht kontrolliert werden, zumal ihm die Bedienung des Computers aufgrund seines fortgeschrittenen Lebensalters ein Buch mit sieben Siegeln geblieben sei. Leider habe die Beklagte ihn erst sehr verspätet darauf hingewiesen, dass er die Vorgaben hinsichtlich der Gesamtminutenzahl pro Quartal und Gesamtzahl der Tage mit mehr als zwölf Arbeitsstunden überschreite. Im Übrigen möchte er zu den Zeitvorgaben des EBM einmal grundsätzlich anmerken, dass er für die Leistungen nach den GNR 03110 bis 03112 drei Minuten und nur bei über 70-jährigen Patienten auch mal fünf Minuten benötige. Die GNR 03120 habe er in 30 Sekunden erledigt. Auch um die Problematik einer chronischen Krankheit zu vermitteln, brauche er keine zehn Minuten. Wirklich Zeit lasse er sich allerdings bei den zwei bis drei Terminen täglich, in denen er Jugendlichen die Spätfolgen des Rauchens zu vermitteln versuche. Hätte man in seiner Praxis wissentlich die Möglichkeit gehabt, durch Aufrufen der Tages- oder Quartalsprofile die Leistungslegenden zu beachten, hätte es mit Sicherheit keine Überschreitungen gegeben.

Nachdem die Plausibilitätskommission die Ergebnisse ihrer Ermittlungen an den Vorstand der Beklagten weitergeleitet hatte, beschloss dieser, dass das zuviel gezahlte Honorar zurückzufordern sei.

Daraufhin hob die Beklagte mit Bescheid vom 25.11.2008 die dem Kläger für die Quartale II/2005 bis IV/2006 erteilten Honorar-/Abrechnungsbescheide aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung teilweise auf und forderte dementsprechend abzüglich bereits gezahlter 2,4 % Verwaltungskostenumlage in Höhe 652,15 € insgesamt 26.520,55 € zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Vertragsarzt einen Honoraranspruch nur für die Leistungen erwerbe, die er tatsächlich und in vollständiger Übereinstimmung mit der Leistungslegende erbracht habe. Aufgrund der Prüfung mittels Quartals- und Tagesprofilen stehe jedoch fest, dass der Kläger in nicht unerheblichem Umfang Leistungen abgerechnet habe, die von ihm nicht oder zumindest nicht vollständig erbracht worden seien. Nach dem Zeitkatalog des EBM ließen sich für jedes Quartal mindestens drei, z.T. aber auch deutlich mehr Behandlungstage mit mehr als zwölf Arbeitsstunde...

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