Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung. Diabetes mellitus. Adipositas. ärztlich verordnete Gewichtsreduktion

 

Leitsatz (amtlich)

Weder Erkrankungen wegen Diabetes mellitus, gleichgültig ob Typ I, Typ IIa oder Typ IIb, noch Erkrankungen, die auf Adipositas beruhen und bei denen ärztlicherseits eine Gewichtsreduktion verordnet ist, rechtfertigen nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen die Gewährung eines Mehrbedarfszuschlags nach § 21 Abs 5 SGB 2 wegen kostenaufwändiger Ernährung.

 

Tenor

I. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes über die Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung wegen einer Erkrankung an Diabetes mellitus im Rahmen der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

Der Antragsteller steht beim Antragsgegner im Bezug von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende. Auf Grund vorläufigen Bewilligungsbescheides des Antragsgegners vom 26. April 2006 bezieht er vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 465,39 € für den Zeitraum vom 7. April 2006 bis 30. April 2006, in Höhe von 531,59 € monatlich für den Zeitraum vom 1. Mai 2006 bis 30. Juni 2006 und in Höhe von 545,59 € monatlich für den Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis 31. Oktober 2006.

Am 6. Juni 2006 beantragte der Antragsteller die Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung. Diesbezüglich übersandte er dem Antragsgegner am 12. Juni 2006 eine ärztliche Bescheinigung vom 7. Juni 2006, in der ausgeführt wird, dass sich der Antragsteller seit 24. Februar 2004 in ärztlicher Behandlung wegen Diabetes mellitus befinde, der Antragsteller derzeit 171 cm groß sei und 100 kg wiege; ärztlicherseits wurden folgende Erkrankungen mit folgenden Krankenkostformen bescheinigt: Hyperlipidämie bei Adipositas: lipidsenkende Reduktionskost, Hypertonie bei Adipositas: natriumdefinierte Reduktionskost und Diabetes mellitus Typ II b: Diabetes-Reduktionskost; außerdem erfolgte eine ärztlicherseits bescheinigte Auflage zur Gewichtsreduktion auf „BMI 35“.

Mit Bescheid vom 26. Juli 2006 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab und führte zur Begründung aus: Für Diabetes könne grundsätzlich kein Mehrbedarf gewährt werden, basierend auf der Stellungnahme des Ausschusses Ernährung der deutschen Diabetesgesellschaft vom 14.12.2004, da eine finanzielle Mehrbelastung von Diabetikern durch zusätzliche Kosten bei der Ernährung nicht bestehe. Dies werde gestützt auf aktuelle, wissenschaftlich gesicherte und evidenzbasierte Empfehlungen, demnach Mehrkosten zur Ernährung von Typ 1 und Typ 2 Diabetikern nicht entstehen würden. Dies beruhe nicht zuletzt auch auf der von allen größeren nationalen und internationalen Diabetes-Fachgesellschaften akzeptierten Feststellung, dass es keine Nahrungsmittel gebe, die für die Ernährung von Diabetikern besonders vorteilhaft seien. Die Ernährung eines Patienten bei Diabetes könne daher mit den gleichen Nahrungsmitteln erfolgen wie bei Gesunden.

Ob der Antragsteller gegen diesen Ablehnungsbescheid Widerspruch erhoben hat, geht aus der Verwaltungsakte und den sonstigen Unterlagen nicht hervor.

Mit Schriftsatz vom 21. August 2006, welcher am 23. August 2006 beim Sozialgericht Dresden einging, stellte der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Zur Begründung führt der Antragsteller aus: Der Antragsteller habe gegenüber dem Antragsgegner einen Anspruch auf Erhalt eines Mehrbedarfes für seine kostenaufwändige Ernährung gem. § 21 Abs. 5 SGB II. Die Gewährung des beantragten Mehrbedarfs in Höhe von 51,13 € monatlich sei notwendig, um die bestehende Erkrankung des Diabetes mellitus Typ II a nicht zu verschlimmern. So habe auch der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge eine Empfehlung herausgegeben, die einen Mehrbedarf in dieser Höhe aufführe. Diese erhöhte Kostenaufstellung habe die Bundesagentur für Arbeit als Dienstanweisung übernommen. Somit existiere für alle Landkreise, in denen die Bundesagentur für Arbeit der direkte Ansprechpartner für den Erhalt des Arbeitslosengeldes II sei, eine Dienstanweisung, die bei dem Vorliegen der Erkrankung des Antragstellers monatlich 51,13 € Mehrbedarf gem. § 21 Abs. 5 SGB II bewillige. Selbst der Antragsgegner, der als kommunaler Träger Leistungen nach dem SGB II bearbeite, sei hieran jedenfalls nach dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebunden, da keine Gründe ersichtlich seien, weswegen der Antragsteller nur deshalb die angemessene Erhöhung auf die Diabeteskost in Höhe von 51,13 € pro Monat nicht erhalten solle, nur weil er im Geltungsbereich des Antragsgegners lebe

Der Antragsteller beantragt,

den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig einen monatlichen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung wegen seiner benötigten Krankenkost aufgrund von...

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