Entscheidungsstichwort (Thema)
Freiwillige Krankenversicherung. Pflegeversicherung. Beitragsbemessung. Berücksichtigung von jugendhilferechtlichem Pflegegeld bei der Beitragsbemessung als die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimmende Einnahme iSv § 240 SGB 5. Pauschalbetrag für materielle Aufwendungen. Pauschalbetrag für Kosten der Erziehung. weitergeleitetes Pflegegeld
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Bemessung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung und zur Pflegepflichtversicherung einer Versicherten, die Pflegekinder zur Vollzeitpflege nach §§ 27, 33 SGB 8 in ihren Haushalt aufgenommen hat, ist der als Teil des sog Pflegegeldes nach § 39 Abs 1 SGB 8 gezahlte Pauschalbetrag für materielle Aufwendungen nicht als Einnahme zum Lebensunterhalt der Versicherten zu berücksichtigen.
2. Der als Teil des sog Pflegegeldes nach § 39 Abs 1 SGB 8 gezahlte Pauschalbetrag für die Kosten der Erziehung ist bei der Beitragsbemessung ebenso zu berücksichtigen wie das an die Versicherte weitergeleitete Pflegegeld nach § 37 Abs 1 SGB 11.
Tenor
I. Der Bescheid vom 03.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.10.2004 wird insoweit aufgehoben, als die Beklagte die Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung und zur Pflegepflichtversicherung für den Zeitraum vom 01.07.2004 bis zum 30.06.2005 unter Zugrundelegung eines den Betrag von 44,84 EUR übersteigenden Einkommens für den Kalendertag festgesetzt hat.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
III. Die Berufung ist zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung der Beitragshöhe in der freiwilligen Kranken- und der Pflegepflichtversicherung durch die Beklagte. Die Beteiligten streiten darüber, ob das der Klägerin gemäß § 39 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - gezahlte sog. jugendhilferechtliche Pflegegeld bei der Beitragsbemessung als die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimmende Einnahme im Sinne von § 240 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - zu berücksichtigen ist.
Die Klägerin ist seit dem 29.05.1996 Mitglied der Beklagten und war im Zeitraum vom 01.07.2004 bis zum 30.06.2005 ohne Krankengeldanspruch freiwillig kranken- sowie pflegepflichtversichert.
Als Pflegemutter der in ihren Haushalt aufgenommenen Kinder L. H. (geboren 2001), J. S. (geboren 1993) und R. S. (geboren 1998) bezog sie in dieser Zeit vom Landkreis M. - Jugendamt - als Leistungen zum Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen nach § 39 SGB VIII monatlich Pflegegeld in folgender Höhe:
- für L. H. und R. S. jeweils 549,50 EUR, die sich zusammensetzen aus einem altersabhängigen Pauschalbetrag von 398,00 EUR für materielle Aufwendungen zuzüglich eines Pauschalbetrags von 190,00 EUR für Kosten der Erziehung abzüglich 38,50 EUR Kindergeld für jedes Kind,
- für die schwerpflegebedürftige J. S. 922,58 EUR, die sich zusammensetzen aus einem altersabhängigen Pauschalbetrag in Höhe von 444,31 EUR für materielle Aufwendungen zuzüglich eines Pauschalbetrags von 555,27 EUR für Kosten der Erziehung und unter Anrechnung des Kindergeldes in Höhe von 77,00 EUR; das für das Kind von der Pflegekasse der Beklagten nach Pflegestufe II gezahlte Pflegegeld in Höhe von 410,00 EUR gemäß § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung - wurde auf das Pflegegeld nach § 39 SGB VIII nicht angerechnet.
Auf eine Einkommensabfrage der Beklagten zur Berechnung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge teilte die Klägerin am 05.07.2004 mit, sie sei nicht erwerbstätig und verfüge außer dem Pflegegeld über keine weiteren Einnahmen. Die Summe Ihrer Einnahmen bezifferte sie mit 1.345,27 EUR, resultierend aus dem als Kosten der Erziehung gezahlten Pflegegeld nach § 39 SGB VIII (zusammen 935,27 EUR) und dem für J. S. gezahlten Pflegegeld nach § 37 SGB XI (410,00 EUR).
Die Beklagte setzte daraufhin mit Bescheid vom 03.08.2004 die Höhe der monatlichen Beiträge ab dem 01.07.2004 zur freiwilligen Krankenversicherung mit 244,61 EUR und zur Pflegepflichtversicherung mit 34,37 EUR fest. Zugleich legte sie die der Beitragsbemessung zu Grunde liegenden Einnahmen auf 2.021,58 EUR - das entspricht der Summe des nach § 39 SGB VIII für alle Kinder gezahlten Pflegegeldes - fest. Hinsichtlich des der Beitragsbemessung zu Grunde gelegten Einkommens erging der Bescheid befristet bis zum 30.06.2005.
Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 10.08.2004 am 12.08.2004 Widerspruch ein, in dem sie geltend machte, das Pflegegeld gehöre, wie sich aus § 3 Nr. 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergebe, nicht zum berücksichtigungsfähigen Einkommen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.2004, der am 27.10.2004 abgesandt wurde, mit der Begründung zurück, dass Leistungen bei Versorgung bzw. Erziehung von Pflegekindern der Stärkung der Unte...