Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragszahnarzt. Verfassungsmäßigkeit der Differenzierung der Punktwertdegression zwischen Vertragszahnärzten und Kieferorthopäden ab 1.1.2004

 

Orientierungssatz

Die Differenzierung der Degressionsregelungen des § 85 Abs 4b SGB 5 zwischen Vertragszahnärzten und Kieferorthopäden in der ab 1.1.2004 gültigen Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG - vom 14.11.2003, BGBl I 2003, 2190) ist rechtmäßig und mit Art 12 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG vereinbar (vgl zuletzt BSG vom 29.11.2006 - B 6 KA 23/06 R = SozR 4-2500 § 85 Nr 27).

 

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Der Streitwert wird endgültig auf 907,43 EUR festgesetzt.

IV.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die degressionsbedingte Honorarkürzung im Jahr 2004.

Der Kläger ist Fachzahnarzt für Kieferorthopädie mit Praxissitz in D. Mit dem Degressionsbescheid vom 09.03.2005 ermittelte die Beklagte für die Praxis des Klägers für die Quartale I bis IV/04 eine Degressionsgrenze von 280.000 Punkten mit Überschreitung in Höhe von 8.038 Punkten. Die Honorarrückforderung setzte die Beklagte auf 907,43 EUR fest. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.09.2005 unter Darlegung der gesetzlichen Vorgaben zurück.

Hiergegen richtet sich die vom Kläger am 24.10.2005 erhobene Klage. Die Regelung in § 85 Abs. 4b SGB V ab 01.01.2004 sei verfassungswidrig. Mit der Reduzierung der Degressionsgrenzwerte ab 01.01.2004 liege ein unzulässiger Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit vor. Die ab 01.01.2004 zusätzlich eingetretenen Beschränkungen des Vergütungsanspruchs seien nicht durch Gemeinwohlbelange gerechtfertigt. Die Absenkung der Leistungsbewertungen mit dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA-Z) ab 01.01.2004 rechtfertigten eine Absenkung der Degressionswerte nicht.

Mit der Absenkung der Leistungsbewertungen für kieferorthopädische Leistungen ab 01.01.2004 würden die Vergütungsansprüche der Kieferorthopäden bereits erheblich, etwa um 25 bis 36 %, abgesenkt. Während Kieferorthopäden infolge der Neurelationierung des BEMA-Z erst bei einer erheblichen Steigerung ihres Behandlungsumfangs ihre Honorarumsätze aus der Vergangenheit erreichen könnten, würden Allgemeinzahnärzte infolge der Aufwertung ihrer Leistungen bei gleichem Behandlungsumfang einen höheren Honorarumsatz erwirtschaften.

Mit der Absenkung der Degressionsgrenzwerte allein für Kieferorthopäden würden diese doppelt belastet. Die geringere Bewertung ihrer Leistungen bewirke ein geringeres Honorar, das trotz der geringeren Bewertung bereits bei Überschreitung der abgesenkten Degressionsgrenzwerte einer zusätzlichen Minderung unterworfen werde. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung mit einer Konzentration auf die umsatzstärksten Praxen werde verfehlt. Wenn Kieferorthopäden und sonstige Vertragszahnärzte nach der Einschätzung des Gesetzgebers in der Vergangenheit bei gleichen Punktmengengrenzen einen Honorarumsatz erzielt hätten, der eine Abschöpfung durch die Punktwertdegression zur Stützung der Finanzierung der GKV gerechtfertigt habe, hätte die Veränderung des BEMA-Z für kieferorthopädische Leistungen zu einer Erhöhung der Punktmengengrenzwerte für Kieferorthopäden führen müssen.

Der Gesetzgeber sei einer grundsätzlichen Fehleinschätzung unterlegen. Mit der Neubewertung im BEMA-Z werde dokumentiert, dass nach der Einschätzung des Bewertungsausschusses kieferorthopädische Leistungen bis zum 31.12.2003 im Vergleich zu den allgemeinzahnärztlichen Leistungen überbewertet gewesen seien. Soweit dem Gesetzgeber keine anderen Erkenntnisse vorlägen, habe er davon auszugehen, dass im ab 01.01.2004 geltenden BEMA-Z die Leistungen gleich bewertet seien. Für den erzielbaren Honorarumsatz dürfe es keinen Unterschied machen, ob kieferorthopädische oder allgemeinzahnärztliche Leistungen erbracht würden. Es sei daher sachwidrig, für Kieferorthopäden eine geringere Punktmengengrenze festzusetzen.

Darüber hinaus liege auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz (GG) vor. Für die Differenzierung der Degressionsgrenzwerte bei Kieferorthopäden und Allgemeinzahnärzten gebe es keine sachliche Rechtfertigung. Zudem sei auch der Kostenanteil im Bereich der Kieferorthopädie deutlich höher als bei den Allgemeinzahnärzten.

Die Differenzierung nach dem Zulassungsstatus begründe einen weiteren Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG. Für Vertragszahnärzte, die nicht über eine abgeschlossene Weiterbildung in der Kieferorthopädie verfügten, seien gemäß § 85 Abs. 4b SGB V die bisherigen Degressionswerte in unverminderter Höhe maßgeblich. Diese Differenzierung sei willkürlich und lasse zudem landesrechtliche Unterschiede im Zulassungsstatus außer Acht.

Schließlich sei die mit Nr. 6 der Allgemeinen Bestimmungen im BEMA-Z getroffene Übergangsregelung nicht beachtet worden. Die Berücksichtigung der für Altfälle ...

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