Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. privates Krankentransportunternehmen. Entgeltvereinbarung nach § 133 SGB 5. Anspruch auf höhere Entgelte. Nichtanwendung des GWB. keine rechtliche Unterscheidung durch PBefG. Zulässigkeit. Feststellungsklage)
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Anspruch auf Abschluss einer Entgeltvereinbarung nach § 133 SGB V zu höheren Preisen ergibt sich ausnahmsweise aus § 133 Abs 1 und 3 SGB V iVm Art 3 Abs 1 GG.
2. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (juris: GWB) ist nicht anzuwenden.
3. Bei einfachen Krankentransporten bestehen weder nach dem Vertrag noch in der Durchführung Unterschiede zwischen Taxen und Mietwagenunternehmen, die eine Ungleichbehandlung bei der Preisgestaltung rechtfertigen würden.
4. Das Personenbeförderungsgesetz (juris: PBefG) bietet keine rechtliche Unterscheidung.
5. Zur Zulässigkeit einer Klage auf Feststellung, dass eine Entgeltvereinbarung in der Vergangenheit abzuschließen war.
Tenor
I. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet war, ab dem 01.04.2014 mit der Klägerin eine Entgeltvereinbarung gemäß § 133 SGB V nach Maßgabe der jeweils mit dem S. Taxiverband bestehenden Vergütungsvereinbarungen zu schließen; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin und die Beklagte tragen die Verfahrenskosten zu je 1/2.
III. Der Streitwert wird auf 180.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung für Krankentransporte.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die u.a. über eine Genehmigung nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 9ff, 49 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) für den Verkehr von Mietwagen verfügt. Für ihr Transportunternehmen hält sie 26 Fahrzeuge und beschäftigt mehrere Fahrer. Zwischen 6:00 und 20:00 Uhr regeln und verteilen vier Disponenten die eingehenden Fahraufträge; am Wochenende und zwischen 22:00 und 6:00 Uhr stehen ständig vier Fahrer in Rufbereitschaft zur Verfügung. Die Klägerin führt hauptsächlich sog. einfache Krankentransporte, d.h. ohne medizinisch fachliche Betreuung und ohne besondere medizinische Einrichtungen im Wagen, durch, mit denen sie zwischen 60 bis 70 Prozent ihrer Einnahmen erzielt; daneben erfolgen noch Transporte von Hilfsmitteln, Blutkonserven, Medikamenten etc. und in ganz geringem Umfang Fahrten von Privatpersonen.
Seit 2005 führt die Klägerin im Umfang von 28 vH auch einfache Krankentransporte für Versicherte der dem beklagten Dachverband angegliederten Mitgliedskassen durch. Dem liegt der am 03./09.08.2005 zwischen der Klägerin und der Beklagten abgeschlossene Vertrag über die Leistungserbringung von Krankenfahrten für die Versicherten der Ersatzkassen nach § 60 SGB V (§ 1 Nr. 1) ab 01.07.2005 (Bl. 30ff Verwaltungsakte) zugrunde. Voraussetzung für die Beförderung sei eine vollständig vom Vertragsarzt ausgefüllte und gültige vertragsärztliche Verordnung einer Krankenbeförderung nach Muster 4 (§ 3 Nr. 1 Satz 1). Es gälten die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten (Krankentransportrichtlinie) in der jeweiligen geltenden Fassung (§ 3 Nr. 1 Satz 2). Der Beförderer verpflichte sich, grundsätzlich innerhalb von 15 bis 30 Minuten beim Versicherten zum Transport einzutreffen (§ 3 Nr. 3). Die Klägerin verpflichtete sich weiter zur Wirtschaftlichkeit (§ 4) sowie dazu, in der Regel vor Durchführung einer Fahrt die Genehmigung bei der leistungspflichtigen Ersatzkasse einzuholen (§ 5). Die Vergütung der vertraglichen Leistungen erfolge abhängig von dem verordneten und genehmigten Transportmittel nach den in diesem Vertrag vereinbarten Preisen (Anlage I bzw. II; § 6 Nr. 1). Die Preise der Entgeltvereinbarungen wurden vertraglich jährlich erhöht und betrugen ab 01.05.2007 für Krankenfahrten mit Mietwagen als Einzelfahrt bis 20 Kilometer (km) 1,24 EUR/Besetzt-km und danach 1,03 EUR/Besetzt-km.
Im März 2012 schloss die Beklagte mit dem Landesverband S. Taxiunternehmen einen Rahmenvertrag über Krankenfahrten nach § 133 SGB V mit Taxen mit Wirkung ab 01.04.2012 ab (Bl. 12ff Gerichtsakte). Darin ist - fast wortidentisch mit dem mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrag - die Leistungserbringung von Krankenfahrten für Versicherte der Ersatzkassen nach § 60 SGB V mit Taxiunternehmen geregelt (§ 1 Nr. 1 Satz 1). Die Vergütung erfolgt gemäß der in Anlage 1 vereinbarten Preisen. Danach wird eine Fahrt bis 20 km nach Taxameter und darüber mit 1,30 EUR/Besetzt-km vergütet.
Nach der von der Landeshauptstadt D.... nach § 51 Abs. 1 Sätze 3 und 1 PBefG erlassenen Verordnung über die Beförderungsentgelte und -bedingungen für den Verkehr mit Taxen (Taxitarifverordnung) vom 04.03.1999 (D… Amtsblatt Nr. 10/99 vom 11.03.1999, geändert in D… Amtsblatt Nr. 27-28/09 vom 13.07.2009), sind im Jahr 2014 für Taxifahrten ein Grundpreistarif von 2,80 EUR sowie gestaffelte Kilometertarife zu zahlen: für die ersten 3 km 2,00 EUR/Besetzt-km und ab dem 4. km 1,50 EUR/Besetzt-km. Ab 15.14.2014 wurden die Taxipre...