Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Aufhebung eines Verwaltungsakts wegen Einkommenserzielung. Einkommensberücksichtigung. selbstständige Tätigkeit. Auflösung von Ansparabschreibungen
Orientierungssatz
1. Ist ein Bescheid bei seinem Erlass rechtmäßig, richtet sich die Rücknahme des Verwaltungsaktes nach den Voraussetzungen des § 48 und nicht nach § 45 SGB 10 (vgl LSG Stuttgart vom 29.11.2007 - L 12 AS 1181/07).
2. Erzielt ein Hilfebedürftiger im Jahr 2005 Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit sind zur Ermittlung seiner Einkünfte ausschließlich die steuerpflichtigen Einnahmen (steuerpflichtiger Gewinn) heranzuziehen. Dass im Steuerjahr 2005 Ansparabschreibungen nach § 7g EStG aufgelöst worden sind, mindert die Einkünfte nicht.
3. Bei der Einhaltung der Jahresfrist des § 48 Abs 4 SGB 10 iVm § 45 Abs 4 S 2 SGB 10 kommt es nicht auf die Vorlage der betriebswirtschaftlichen Auswertungen, sondern auf die Vorlage des Steuerbescheides an.
4. Bei einer nur teilweisen Aufhebung der Bewilligung ist der Erstattungsbetrag iS des § 50 Abs 1 S 1 SGB 10 nicht nach § 40 Abs 2 S 1 SGB 2 begrenzt (§ 40 Abs 2 S 2 SGB 2).
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beklagte hat dem Kläger über das Kostenanerkenntnis hinaus keine weiteren außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
3. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich nur noch gegen die Aufhebung der Bewilligung und Erstattungsforderung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gemäß SGB II für den Leistungszeitraum 1.10.2005 bis 31.12.2005.
Der allein stehende Kläger stellte erstmals am 31.3.2005 einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Der Kläger bewohnte eine 34 m² große Einraumwohnung zu einer Kaltmiete von 184,07 € monatlich. Für die Heizkosten- und Betriebskostenvorauszahlung fielen insgesamt 95,- € an. Die Warmwasserbereitung erfolgte nicht über die zentrale Heizungsanlage. Die Nebenkostenabrechnung für 2003 lag vor. Zu seinem Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit machte der Kläger keine Angaben. Im Zusatzblatt 2 hatte der Kläger an der Stelle “ich erziele Einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit gemäß umseitiger Selbsteinschätzung„ kein Kreuz gemacht, mit grünem Stift war von der Beraterin eingefügt worden “Ich-AG 3.2.03 - 1 Jahr Förderung„.
Mit Bescheid vom 19.4.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 20,06 € für den Monat März 2005 (11,03 € Regelleistung und 9,03 € Kosten der Unterkunft). Für April bis einschl. September 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger insgesamt einen Betrag von 601,89 €, der sich aus der Regelleistung in Höhe von 331,- € und Kosten der Unterkunft in Höhe von 270,89 € KdU zusammensetzte. Bei den Kosten der Unterkunft hatte die Beklagte die volle Grundmiete in Höhe von 184,07 €, 52,25 € kalte Nebenkosten sowie 34,57 € Heizkosten angesetzt. Einkommen des Klägers wurde nicht angerechnet, der Bescheid erging nicht vorläufig.
In seinem Fortzahlungsantrag vom 28.7.2005 gab der Kläger an, dass sich keine Änderungen- auch keine Änderung in den Einkommensverhältnissen ergeben hätten. Mit Bescheid vom 16.8.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger auch ab Oktober 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 601,89 €, dessen Höhe sich wie zuvor zusammensetzte.
Am 29.12.2005 legte der Kläger eine Änderungsmitteilung vor und gab an, er sei vom 9.1.2006 bis 28.2.2006 selbstständig tätig (Abbruch, Entkernung, Maurerarbeiten). Zusammen mit dieser Änderungsmitteilung füllte der Kläger das Zusatzblatt 2.1. (Einkommenserklärung) aus und legte die Anlage GSE zu seiner Einkommensteuererklärung für 2004 vor. Der Kläger gab an, er werde vom 9.1.2006 bis 28.2.2006 voraussichtliche Betriebseinnahmen in Höhe von 750,- € bei Betriebsausgaben in Höhe von 225,- € haben. Die Beiträge der Kfz Haftpflicht betrügen monatlich 43,- €. Hieraus errechnete die Beklagte ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 340,- € und erließ zuletzt am 8.8.2006 einen Änderungsbescheid, der die Bewilligung für den 1.10.2005 bis 31.12.2005 lediglich wiederholte, aber nicht veränderte und für den Zeitraum ab dem 1.1.2006 monatliche Leistungen in Höhe von nur noch 374,20 € gewährte.
Am 9.5.2006 und am 3.8.2006 legte der Kläger betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA) für die Jahre 2005 und für die bereits abgelaufenen Monate des Jahres 2006 vor. Aus diesen ergaben sich für den jetzt noch strittigen Leistungszeitraum 2005 unterschiedliche Zahlen; die am 3.8.2006 vorgelegte BWA vom 17.1.2006 wies zum Beispiel für das Vorjahr (2005) ein positives betriebswirtschaftliches Gesamtergebnis von 14.631,10 € aus. Mit seinem Fortzahlungsantrag vom 4.1.2007 reichte der Kläger eine am 3.1.2007 erstellte betriebswirtschaftliche Auswertung ein, aus der sich für das Jahr 2005 ein vorläufiges betriebswirtschaftliches Ergebnis von 8.581,40 € ergab. Am 16.7.2007 erhielt ...