Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Vergütung. Erstreckungskassen nach ArztWohnortG. Ermittlung getrennter Ausgangsbeträge zur Festlegung der Kopfpauschalen für alte und neue Bundesländer. Kassenärztliche Vereinigung. Sitz in neuen Bundesländern. Höhe der Gesamtvergütung für Versicherte mit Zugehörigkeit zum Rechtskreis "alte Bundesländer". Schiedsamtsentscheidungen. Gültigkeit der Regelungen über Verwaltungsakte im SGB 10
Orientierungssatz
1. Erstreckungskassen nach Art 2 § 1 Abs 2 des Gesetzes zur Einführung des Wohnortprinzips bei Honorarvereinbarungen für Ärzte und Zahnärzte vom 11.12.2001 (juris: ArztWohnortG) müssen für den Rechtskreis /"West/" und den Rechtskreis /"Ost/" zwei getrennte Ausgangsbeträge zur Festlegung der Kopfpauschalen ermitteln.
2. Eine Kassenärztliche Vereinigung, die ihren Sitz in dem in Art 1 Abs 2 des Einigungsvertrages (juris: EinigVtr) genannten Gebiet hat, kann unter Anwendung des ArztWohnortG für die in ihrem Gebiet wohnenden Versicherten die Gesamtvergütung auf der Grundlage der Kopfpauschale /"West/" fordern, wenn diese Versicherten als dem Rechtskreis /"West/" zugehörig, nach dem Meldeverfahren in § 5 der Anlage 14 zum BMV-Ä gemeldet werden.
3. Die Regelungen über Verwaltungsakte, und damit auch § 40 SGB 10, gelten für Schiedsamtsentscheidungen entsprechend.
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Rückzahlung von Gesamtvergütungsanteilen für das 1. Quartal 2002 (I/02) streitig.
Zwischen der Beklagten und dem beigeladenen Landesverband kam für den Zeitraum ab 2002 im Vertragswege kein Gesamtvertrag nach § 83 SGB V zustande. Mittels Schiedsspruch vom 08.04.2003 setzte das Landesschiedsamt die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen für den Zeitraum 01. Januar 2002 bis 31. Dezember 2002 fest. Nach der Präambel des Schiedsspruchs gilt die Vereinbarung gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 SGB V, Anlage 14 § 2 Abs. 1 BMV-Ä mit Wirkung für alle im dortigen Anhang aufgeführten Betriebskrankenkassen. Die Klägerin ist im Anhang zur Anlage 14 BMV-Ä unter der VK-Nummer 40.401 sowie unter der Nummer 99.401 (Rechtskreis Ost) aufgeführt.
Mit Rechnungsbrief für das Quartal I/02 machte die Beklagte die pauschalierte Gesamtvergütung für insgesamt 57.822 Versicherte bei der Klägerin mit der Kassennummer 99.401 und einer Kopfpauschale von 82,35 € geltend. Ebenfalls für das Abrechnungsquartal I/02 machte die Beklagte für insgesamt 1.416 Versicherte gegenüber der Klägerin unter der Kassennummer 40.401 eine pauschalierte Gesamtvergütung auf der Grundlage einer Kopfpauschale von 121,98 € geltend. Die Klägerin hat die Zahlungen jeweils unter Vorbehalt geleistet und die Beklagte durch Schreiben vom 17.10.2003 und 28.11.2003 zur Teilerstattung der für 1.416 Mitglieder gezahlten Gesamtvergütung aufgefordert.
Nachdem die Beklagte nicht leistete, hat die Klägerin am 13.02.2004 Klage auf Rückzahlung von 56.116,08 € erhoben. Sie ist der Meinung, die Beklagte habe zu Unrecht für die 1.416 Mitglieder die Kopfpauschale "West" (von 121,98 €) statt der Kopfpauschale "Ost" von 82,63 € gefordert. Die Differenz (39,63 €) sei für 1.416 Mitglieder zurückzuzahlen. Die Klägerin verweist zur Begründung ihrer Leistungsklage auf Art. 2 § 1 des "Gesetzes zur Einführung des Wohnortprinzips bei Honorarvereinbarungen für Ärzte und Zahnärzte" (WohnortprG) und führt aus, dass danach kassenindividuell ein Ausgangsbetrag für den "Rechtskreis West" und für den "Rechtskreis Ost" sowie nach Art. 2 § 2 WohnortprG ein "Durchschnittsbetrag" für den Rechtskreis Ost zu bilden sei. Der Bundesverband der Betriebskrankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung haben für die Klägerin den Ausgangsbetrag für das Quartal I/02 auf 121,98 € für den "Rechtskreis West" sowie 69,04 € für den "Rechtskreis Ost" festgelegt. Als Durchschnittsbetrag wurde ein Wert von 82,25 € festgesetzt. Die Beklagte habe bei ihrer Abrechnung für Mitglieder der Klägerin, die ihren Wohnsitz im Bezirk der Beklagten haben und allein nach renten- und arbeitslosenversicherungsrechtlichen Grundsätzen dem Rechtskreis "West" zugeordnet werden, die Ausgangsbeträge des Rechtskreises "West" zur Anwendung gebracht und eingefordert. Hierzu sei sie nicht berechtigt. Der Gesamtvertrag sehe die Abrechnung der Kopfpauschalen des Rechtskreises "West" für Mitglieder der Klägerin, die ihren Wohnsitz im Bezirk der Beklagten haben, nicht vor. Insbesondere sehe das WohnortprG die Bestimmung eines Ausgangsbetrages je Bezirk einer KV vor. Die Anwendung von zwei Kopfpauschalen verstoße gegen das WohnortprG. Mit der Einführung des Wohnortsprinzips bei der Honorarvereinbarung sei der Wohnsitz der Mitglieder zum alleinigen Zuordnungskriterium in der gesetzlichen Krankenversicherung erhoben worden. Zwar sehe Art. 2 § 1 Abs. 2 WohnortprG unter anderem für die Klägerin vor, dass die Ausgangsbeträge getrennt zu ermitteln sind. Es fehle al...