Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusatzversorgung im Beitrittsgebiet. tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt. Jahresendprämie
Leitsatz (amtlich)
1. Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers ist der Verdienst iS des § 6 Abs 1 S 1 AAÜG nach den §§ 14ff SGB 4 und den dort in Bezug genommenen bundesdeutsche Normen (insbes des Einkommenssteuerrechts) zu bestimmen, wie sie am 1.8.1991 galten.
2. Jahresendprämien und Bergmannsprämien sind gemäß § 6 Abs 6 AAÜG als glaubhaft gemachter Verdienst zu 5/6 zu berücksichtigen, wenn sich deren Höhe anhand der im SED-Parteibuch eingetragenen Parteibeiträge berechnen lässt und überwiegend wahrscheinlich ist, dass die erhöhten Parteibeiträge tatsächlich auf gezahlten Jahresend- und Bergmannsprämien beruhen. Einer Bezeichnung als Jahresend- bzw Bergmannsprämie im Parteibuch bedarf es dann nicht.
Orientierungssatz
Zur Frage der Vereinbarkeit der einschränkungslosen Anwendung des am 1.8.1991 geltenden bundesdeutschen Verdienstbegriffs auf die zu DDR-Zeiten erzielten Einkünfte im Rahmen des AAÜG mit Art 3 Abs 1 GG.
Tenor
I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 6.12.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.4.2008 verpflichtet, als zusätzlichen Verdienst folgende Beträge zu fünf Sechsteln zu berücksichtigen:
- 1986: |
1.052,00 Mark der DDR |
im März |
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1.166,00 Mark der DDR |
im August |
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- 1987: |
1.040,00 Mark der DDR |
im März |
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1.310,00 Mark der DDR |
im August |
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- 1988: |
1.040,00 Mark der DDR |
im März |
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1.300,00 Mark der DDR |
im August |
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- 1989: |
1.030,00 Mark der DDR |
im März |
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1.600,00 Mark der DDR |
im August |
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- 1990: |
1.341,84 Mark der DDR |
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II. Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten, nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) Jahresendprämien in den Jahren 1986 bis 1989 und Bergmannsprämien in den Jahren 1986 bis 1990 als zusätzlichen Verdienst festzustellen.
Die 1947 geborene Klägerin gehörte vom 1.7.1968 bis 31.5.1969 einem Sonderversorgungssystem nach Anlage 2 zum AAÜG an und erwarb später, am 21.10.1985, die Berechtigung, die Berufsbezeichnung “Ingenieurökonom„ zu führen. Als solcher arbeitete sie sodann bis zum 30.6.1990 beim VEB BKW “Glückauf„ Knappenrode, wo sie bereits zuvor beschäftigt war und dies anschließend auch bei dessen Rechtsnachfolger blieb.
Auf Antrag vom 15.6.2007 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 6.12.2007 die Anwendbarkeit des AAÜG gemäß § 1 AAÜG sowie die Zugehörigkeit der Klägerin zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (AVItech) in der Zeit vom 21.10.1985 bis 30.6.1990 nebst der für diese Zeit vom Rechtsnachfolger des VEB mitgeteilten Arbeitsentgelte und Arbeitsausfalltage fest. Zugleich lehnte die Beklagte die von der Klägerin ebenfalls begehrte Feststellung von Jahresend- und Bergmannsprämien als zusätzliche Arbeitsentgelte ab, weil der Rechtsnachfolger des VEB dazu keine Nachweise mehr habe und nicht ersichtlich sei, dass die im vorgelegten SED-Parteibuch monatlich verzeichneten, jeweils im März und August der Jahre 1986 bis 1989 erhöhten Parteibeiträge auf den Bezug von Jahresend- bzw. Bergmannsprämien zurückzuführen seien.
Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch vom 27.12.2007 legte die Klägerin eine eigene Berechnung über die Höhe der zugeflossenen Jahresend- und Bergmannsprämien anhand und unter Vorlage eines entsprechenden Auszugs aus dem SED-Parteistatut für die Jahre 1986 bis 1989 vor. Zudem brachte sie einen Girokontoauszug bezüglich der Bergmannsprämie für 1990 bei, wonach ihr der VEB “Glückauf„ am 15.6.1990 einen Betrag von 1.341,84 Mark der DDR sowie einen Betrag von 858,50 Mark der DDR überwiesen hat. Außerdem erweiterte die Klägerin im Widerspruchsverfahren ihr Begehren auf die Anerkennung von Prämien für die Auszeichnungen mit der “Medaille für Verdienste in der Kohleindustrie„ vom 2.7.1987, als “Aktivist der sozialistischen Arbeit„ vom 14.10.1988 und als Mitglied eines “Kollektivs der sozialistischen Arbeit„ in den Jahren 1986 bis 1988, wobei die von ihr als Nachweis für diese Auszeichnungen vorgelegten Urkunden keine Geldbeträge nannten.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.4.2008 zurück, weil weiterhin nicht mit dem erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht sei, dass die erhöhten Parteibeiträge in den Monaten März und August der Jahre 1986 bis 1989 auf die behaupteten Jahresend- und Bergmannsprämien zurückzuführen seien. Der Nachweis über die erhaltenen Auszeichnungen und Medaillen belege nicht, ob und wenn ja in welcher Höhe der Klägerin dafür tatsächlich Geldbeträge zugeflossen seien.
Mit ihrer Klage vom 9.5.2008, die in der mündlichen Verhandlung auf die Jahresend- und Bergmannsprämien für die Jahre 1986 bis 1990 beschränkt wurde, führt die Klägerin ihr diesbezügliches Begehren fort und macht geltend, dass sich schon aus der Chronologie der erhöhten Parteibeiträge ergebe, dass es sich nur um J...