Entscheidungsstichwort (Thema)
Drittwiderspruch gegen die Genehmigung einer Zweigpraxis eines HNO-Arztes
Orientierungssatz
1. Vorrangig wäre nach einem Drittwiderspruch mit aufschiebender Wirkung ein Antrag auf Sofortvollzug bei der Behörde zu stellen und erst bei erkennbarer Aussichtslosigkeit wäre der Weg zum Gericht eröffnet. Allerdings wäre diese Aufsplittung des Verfahrens auf einen bei Gericht und einen anderen bei der Behörde zu stellenden Antrag weder eine nennenswerte Entlastung für das Gericht noch ein einfacherer Weg.
2. Ein Dritter ist nicht berechtigt, die Erteilung der Genehmigung für eine Zweigpraxis anzufechten.
3. Die Genehmigung einer Zweigpraxis begründet für den begünstigten Arzt keinen Status, sondern erweitert in tatsächlicher Hinsicht seine Behandlungsmöglichkeiten. Auch ist die dem begünstigten Arzt gewährte Berechtigung, einen zweiten Standort zu unterhalten, nicht nachrangig gegenüber dem Status der an diesem Ort bereits tätigen Ärzte, denn eine Bedarfsprüfung findet insoweit nicht statt.
Tenor
Die sofortige Vollziehung des dem Antragsteller erteilten Bescheides vom 09.01.2009 über die Genehmigung einer Zweigpraxis wird angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin gegeneinander aufgehoben. Dem Beigeladenen werden keine Kosten auferlegt; seine außergerichtlichen Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist als HNO-Arzt in W niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Bescheid vom 09.01.2009 erteilte ihm die Antragsgegnerin die Genehmigung einer Zweigpraxis in 00000 I1, I2straße 000. Zur Begründung gab sie an, sie gehe davon aus, dass die genehmigte Zweigpraxis die Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen verbessere. Diese Feststellung beruhe darauf, dass in der Zweigpraxis Leistungen angeboten würden, die nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße an dem Standort erbracht würden.
Diesem Bescheid widersprach der Beigeladene. Dieser ist ebenfalls HNO-Arzt, zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und in 00000 I1, I2straße 000, niedergelassen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.04.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Beigeladenen als unzulässig, aber auch als unbegründet zurück. Ihm fehle es bereits an einer Anfechtungsbefugnis.
Hiergegen hat der Beigeladene im Hauptsacheverfahren S 2 KA 99/09 fristgemäß Klage erhoben. Diese führt er auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28.10.2009 - B 6 KA 42/08 R - fort, und zwar unter Berücksichtigung seiner Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG und - daraus abgeleitet - unter dem Gesichtspunkt des willkürlichen Eingriffs in seine Berufsausübungsfreiheit durch die Genehmigungsentscheidung der Antragsgegnerin.
Unter dem 09.11.2009 hat der Antragsteller um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ersucht. Er ist der Ansicht, Widerspruch und Klage des Beigeladenen gegen die ihm erteilte Genehmigung entfalteten keine aufschiebende Wirkung, da sie offensichtlich unzulässig seien. Gründe ein Vertragsarzt eine Zweigpraxis innerhalb des gleichen Planungsbereiches, in welchem sich auch seine Hauptpraxis befinde, so stelle die Gründung der Zweigpraxis ein rechtliches und tatsächliches Minus gegenüber der Verlegung der Hauptpraxis an den Ort der Zweigpraxis im Verhältnis zu den dortigen Konkurrenten dar. Mangels drittschützender Wirkung des § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV hätten die Rechtsmittel eines Konkurrenten gegen die Praxissitzverlegung keine aufschiebende Wirkung. Dies müsse für die bloße Errichtung einer Zweigpraxis erst recht gelten. Jeden- falls sei Sofortvollzug des Genehmigungsbescheides anzuordnen. Hieran be- stehe ein erhebliches öffentliches Interesse, da sowohl quantitativ wie qualitativ die Patientenversorgung in I verbessert werde. Durch den Unterhalt der Praxis entstünden ihm zudem ständige Kosten.
Der Antragsteller beantragt,
1. festzustellen, dass der Widerspruch des Beigeladenen vom 24.03.2009 und dessen Klage vom 22.05.2009 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 09.01.2009 und den Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 21.04.2009 keine aufschiebende Wirkung haben,
hilfsweise,
2. die sofortige Vollziehung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 09.01.2009 ihm gegenüber anzuordnen.
Die Antragsgegnerin stellt keinen Antrag.
Sie vermag nicht zu erkennen, dass die Rechtslage für innerhalb des gleichen Planungsbereiches erteilte Zweigpraxen als eindeutig geklärt und Rechtsbehelfe Dritter quasi automatisch als offensichtlich unzulässig betrachtet werden müssten. Dass der Antragsteller selbst Zweifel gehabt hätte, zeige, dass er die für den Zweigpraxisstandort vergebene Nebenbetriebsstättennummer in den Quartalen I/09 bis III/09 nicht verwendet habe. Jedenfalls sei bis zur Klärung der Anfechtungsbefugnis durch Urteil des BSG vom 28.10.2009 von der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und der Klage des Beigeladenen...