Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der für die Anschaffung eines Therapiedreirads aufgewandten Kosten in Höhe von 1.911,68 Euro.

Die 1981 geborene Klägerin leidet an einer spastischen Spinalparalyse mit einer Corpus callosum Hypoplasie und V.a. eine myofibrilläre Myopathie. Diese Erkrankung ist seit dem 17. Lebensjahr bekannt und führt zu einer fortschreitenden Muskelverschmächtigung.

Die Klägerin beantragte am 25.02.2005 bei der Beklagten unter Vorlage eines Kostenvoranschlags (1.911,68 Euro) und eines Attestes des behandelnden Neurologen und Psychiaters E die Übernahme der Kosten für ein Therapiedreirad. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 02.03.2005 ab. Ein Therapiedreirad als Mobilitätshilfe stelle nur für Kinder in einer schulkindlichen Entwicklungsphase ein geeignetes Hilfsmittel dar. Für Jugendliche und Erwachsene sei ein Therapiedreirad nicht von so hohem therapeutischen Effekt wie für Kinder.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie u.a. geltend machte, dass nach der Rechtsprechung des 8. Senates des Bundessozialgerichts für die Versorgung mit einem Therapiedreirad keine Altersbegrenzung vorgesehen sei. Diesen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2005 zurück. Es wurde zusätzlich ausgeführt, dass es sich bei einem Therapiedreirad um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handele, für den die gesetzliche Krankenversicherung nicht aufzukommen habe.

Die Klägerin hat gegen die ablehnenden Bescheide der Beklagten Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Beim Therapiedreirad handele es sich um eine spezielle Konstruktion für Behinderte und damit nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Sie benötige das Rad zur Ermöglichung eines gewissen Bewegungsradius, vergleichbar dem eines Rollstuhls bzw. Elektro-Scooters. Es sei für sie für tägliche Erledigungen wie Einkaufen (200 - 300 m) und Besuche der Krankengymnastik (700 m) notwendig. Durch den täglichen Gebrauch, sofern es die Wetterlage zulasse, trete sehr wohl ein therapeutischer Effekt hinsichtlich der fortschreitenden Muskelverschmächtigung ein. Es gebe keine Rechtsprechung, dass Therapieräder nur kindergeeignete Hilfsmittel seien. Das Therapiedreirad hatte sich die Klägerin gegen Ratenzahlung selbst beschafft und hat insoweit die Rechnung vom 28.02.2005 vorgelegt. Ihr Vater hat vorgetragen, dass ein Mitarbeiter der Beklagten eine individuelle Prüfung und Anhörung durch den Medizinischen Dienst angekündigt habe. Es wäre dann nur noch offen, wie hoch der Zuschuss für das Therapiedreirad ausfallen werde.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2005 zu verurteilen, die für das Therapiedreirad aufgewandten Kosten in Höhe von 1.901,68 Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide aus den dort ausgeführten Gründen für rechtmäßig. Zu Therapie- und Fortbewegungszwecken sei eine ausreichende Versorgung der Klägerin mit einem Aktivrollstuhl, einem Rollator, einem passiven Beintrainer sowie dreimal wöchentlich stattfindender Krankengymnastik erfolgt. Sie wendet ein, dass die Klägerin darüber hinaus den sog. Beschaffungsweg nicht eingehalten habe. Die Klägerin habe sich das Therapierad bereits selbst beschafft, bevor die Beklagte den angefochtenen Bescheid erlassen habe. Von einer vorherigen mündlichen Zusage oder Entscheidung durch ihren Mitarbeiter könne nicht ausgegangen werden.

Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Versorgung mit einem Therapiedreirad bzw. eine entsprechende Kostenerstattung zu, §§ 13 Abs. 3, 27, 33 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V). Denn die Versorgung mit einem Therapierad bei Erwachsenen gehört nicht mehr zum Versorgungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung.

Ein behindertengerechtes Fahrrad als Hilfsmittel ist von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung weder generell ausgeschlossen noch generell erfasst. Ob eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung besteht, ist vielmehr nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 23. Juli 2002, B 3 KR 3/02 R) für jeden Einzelfall nach den gesetzlichen Vorgaben der §§ 33, 34 SGB V zu prüfen. Danach fällt die Ermöglichung des Fahrradfahrens für einen Menschen mit Behinderung, der ein handelsübliches Fahrrad nicht benutzen kann, nicht von vorne herein in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Der gesetzlichen Krankenversicherung obliegt allein die medizinische Rehabilit...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge